Mehr Freiheit statt Papiergeld

„Das Ende des Papiergeldzeitalters“ ist für jeden Verteidiger der Freiheit und Fan Roland Baaders eine Pflichtinvestition.

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Wollte man der Zitaten- und Aphorismensammlung „Das Ende des Papiergeldzeitalters“ einen Vorwurf machen, dann höchstens den Titel des Buches. Denn der mag den einen oder anderen Leser abschrecken, der sich nicht durch ein wirtschaftswissenschaftliches Werk arbeiten möchte, Sorge hat, den „österreichischen“ Geldtheorien nicht folgen zu können – schon gar nicht in der Form der auf das Wesentliche zusammendampfenden Zitate. All diejenigen kann ich aber beruhigen: Das von Rahim Taghizadegan im Schweizer Verlag Johannes Müller herausgegebene Buch entspricht viel mehr dem Anspruch des Untertitels, ein „Brevier der Freiheit“ zu sein, einer Freiheit wie Roland Baader sie Zeit seines Schaffens vertreten hat.

Leider habe ich Roland Baader, der im Januar 2012 nach langer Krankheit verstarb, nie persönlich kennengelernt. So bin ich erst durch die im libertären Magazin „eigentümlich frei“ veröffentlichten diversen Nachrufe auf ihn aufmerksam geworden und war in der Folge über sein Werk „Die belogene Generation“ – gerichtet eigentlich an Leser, die mindestens zwanzig Jahre jünger sind als ich – mit einem Freiheitsbegriff konfrontiert, der meine Sicht auf die Welt deutlich verändert hat. Diese Nachrufe beschreiben ihn nicht nur als freiheitsliebend sondern auch als gläubigen Christenmenschen, auch wenn er an den Kirchen in Deutschland wenig Erfreuliches gefunden hat. Sympathisch muss er gewesen sein, aber auch teilweise resigniert angesichts der Tatsache, dass nicht nur in Deutschland der Mehrzahl der Menschen das Gefühl für Freiheit vollends abhanden gekommen zu sein scheint.

Aus seinen umfangreichen Werken hat Rahim Taghizadegan, selbst wie Baader Privatgelehrter alter Schule, eine Sammlung von Kernsätzen vorgelegt, die einen Streifzug durch all die Themen liefern, die mit der Freiheit zu tun haben, oder – mehr noch – in denen Freiheit bedroht oder fast unwiederbringlich niedergeschlagen wurde. Nach einer kurzen Einführung in Leben und Werk Baaders startet das Buch denn auch mit einem bekannten Abschnitt, überschrieben mit „Mein Traum“,nachzulesen auch bei der eigentümlich frei, in dem Baader deutlich macht, was ihn umtreibt: Es ist fast ein kleines Manifest, dass er mit den Worten beschließt:

Was ich brauche, das sind: Freunde, Familie und rechtschaffene Christenmenschen, in guten und in schlechten Zeiten; und ich bin Freund, Familienglied und Christ, auch dann, wenn es anderen schlecht geht; aber dazu brauche ich keine Funktionäre und Schmarotzer, keine bezahlten Schergen und staatsversorgte Wohltäter. Dazu brauch ich nur die mir Nahestehenden und den Herrgott. Hier stehe ich. Gott helfe mir! Ich kann nicht anders!

Das ist exakt das, was jeden freiheitsliebenden Menschen einen Schlag in die Magengegend verpasst, wenn er sieht, in welchen Lebensbereichen, auch in solchen Themen die ihn vermeintlich nur indirekt betreffen, eben keine Freiheit mehr herrscht. Besonders wesentlich wird diese Einschätzung vor allem vor dem Hintergrund des Niedergangs des Sozialismus Ende der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, mit dem man diese große freiheitsraubende Ideologie bereits am Ende gesehen hat. Aber nichts da: Die sozialistischen Gesellschaftsingenieure sind heute stärker denn je, haben andere Instrumentarien gefunden, die Freiheit auf eine Art einzuschränken, dass viele sogar bereit sind, für diese „Errungenschaft“ zu danken. Darum müsste man den Büchern Baaders – aus meiner Sicht besonders denen, die sich um gesellschaftliche Freiheit drehen – eine blaue und eine rote „Pille“ beilegen, wie sie Morpheus in „Die Matrix“ dem Hacker Neo anbietet: „Nimm die blaue Pille — die Geschichte endet, du wachst in deinem Bett auf und glaubst was du auch immer glauben willst. Nimm die rote Pille — du bleibst hier im Wunderland und ich werde dir zeigen wie tief das Kaninchenloch reicht.“ Wer Baaders Bücher liest, hat sich für die rote Pille entschieden und sieht fortan – jedenfalls besser als vorher – die Matrix der Kontrolle und Unfreiheit, die ihn umgibt: Mehr oder weniger technikfrei, aber mit Unterstützung von Politik, Medien, Interessengruppen und – leider auch – Teilen der Kirchen.

Zitate aus diesem Brevier auszuwählen fällt schwer: Es stehen schlicht keine unwichtigen Sätze in diesem Buch, die man guten Gewissens auslassen könnte. Trotzdem wird jeder Leser seine Schwerpunkte finden, auch anhand der von Taghizadegan vorgenommenen inhaltlichen Gliederung (die bisweilen zu Wiederholungen führt, was der Klarheit durchaus dient, ab und zu aber irritieren mag). Von unterschiedlichen Formen der gesellschaftlichen Staatsgläubigkeit über die nicht anders als sozialistisch zu benennende Geldpolitik, über staatliche Einmischungen in Bildungs- und Gesundheitspolitik bis hin zu den Politikern selbst reichen die Beschreibungen Baaders zu den „Feinden der Freiheit“. Dem setzt er fünf Aspekte einer freien Ordnung entgegen, von denen besonders die letzte in einem katholischen Blog Aufmerksamkeit erregen muss: Freiheit, Recht & Gerechtigkeit, Wettbewerb & Freihandel, Geld & Gold und – last but not least – Religion.

Dieser letzte Abschnitt beginnt mit einem fulminanten Plädoyer für die durch den Glauben an Gott geforderte Freiheit eines jeden Menschen – und die Gefährdung dieser Freiheit durch die Ablösung Gottes durch den Staat oder ein anderes Kollektiv. Darum hier in voller Länger das Zitat aus dem Jahr 1988:

Mit der Verneinung der Herrschaft Gottes hat man vermeintlich jeglichen Herrschaftsanspruch abgeschüttelt. Folglich versteht das sich „selbstbestimmende“ Individuum seine von ihm eingerichtete Staatsform als permanenten Prozess der Abschaffung von Herrschaft. Es berührt uns nur scheinbar seltsam und widersprüchlich, dass das Zeitalter der totalen „Emanzipation“ zusammenfällt mit der Ägide der Verherrlichung des Kollektivs, denn der Mensch, der seine subjektive Individualität in Wahrheit nur in der Beziehung zu Gott gewinnen und erfahren kann, muss – einmal von Gott getrennt – zur Überzeugung gelangen, dass er kein subjektiv maßgebliches Wesen mehr ist, sondern seine Bedeutung nur noch als Bestandteil des Kollektivs erfahren kann. Also verherrlicht er dieses Kollektiv und „befreit“ sich gleichzeitig als Ersatzhandlung von untergeordneten Schein-Herrschaftsstrukturen der ihm verbliebenen Restbindungen „Ehe“, „Familie“, „Schule“, „Nation“, die in Wirklichkeit nur Ordnungs- und Orientierungsstrukturen (und keine Herrschaftsstrukturen) sind.

Dieser Überzeugung ist Baader treu geblieben, wie aus einem – ebenfalls etwas längeren, aber lesenswerten – Zitat aus dem Vorwort zu Robert Grözingers „Jesus, der Kapitalist“ von 2012 hervorgeht. Darin geht es nicht nur generell um das „Kollektiv“ sondern die thematischen und persönlichen Gottessubstitute, die den Menschen erneut unterwerfen und ihn seiner Freiheit berauben (die ihm von Gott geschenkt ist):

Solange man glaubte, nur Gott könne irgendwann eine neue Erde und einen neuen Menschen erschaffen, hielt sich der Wahn in Grenzen. Als man aber begann, zu glauben, der Mensch könne kraft seiner Vernunft dieses Werk selber oder sogar noch besser (und früher) vollbringen, wurde der Wahn grenzenlos. Man betete jetzt die selbsternannten Götter der Vernunft an: Robespierre, Lenin, Stalin, Hitler, Mao, Ho-Chi-Minh, Pol Pot, Kim-Il-Sung, Che Guevara und Konsorten. Und auf ihr Geheiß oder in ihrem Namen rottete man jeden aus, der dem neuen Diesseitsparadies der Vernunft-Religion aufgrund seines veralteten „Menschseins“ entgegenstand. Dieser Wahn ist keineswegs zu Ende. In jüngerer Zeit ist er (noch) in weniger martialischen Gewändern unterwegs, aber der Gesinnungsabsolutismus wächst in den politisch korrekten Strömungen wie dem „Europäischen Werte“-Dogmatismus, dem Öko-Fundamentalismus, dem Multikulturalismus, der Gleichstellungsmanie, der Klima-Hysterie und dem Gender-Mainstreaming-Delirium (um nur einige zu nennen). In ihrer Gesamtheit deuten die Erscheinungen darauf hin, dass die Menschheit auch jetzt wieder den Weg in den Totalitarismus – zurück ins irdische und vermeintliche Paradies antreten will.

Ist „Das Ende des Papiergeld-Zeitalters“ also im Kern ein pessimistisches Buch? Viel Anlass zu Optimismus ist in der Tat für die Sache der Freiheit nicht angebracht. Und doch scheint durch die Zeilen immer wieder die Hoffnung auf, dass die Kritiken und Appelle nicht in den Wind geschrieben sind. Wenn man so will ist es das Vermächtnis Roland Baaders an jeden Freiheitsliebenden, diese Überzeugungen fortzusetzen, für sie zu kämpfen und nicht aufzugeben.

Von allzu viel Hoffnung zeugt es nicht, aber so bleibt am Ende auch eine wesentliche Überzeugung, die auch der teilen kann, der optimistisch in die Zukunft der Freiheitlichkeit schaut:

Hat jemand, der unablässig für die Freiheit eintritt, überhaupt noch eine Erfolgsaussicht? Eigentlich nur eine: die Selbstachtung nicht zu verlieren.

Ohne mich an diesem Vermächtnis vergreifen zu wollen, möchte ich den letzten Satz trotzdem leicht korrigieren: Hat also jemand, der unablässig für die Freiheit eintritt, überhaupt noch eine Erfolgsaussicht? Mindestens eine: die Selbstachtung nicht zu verlieren.

Roland Baaders (Hrsg.: Rahim Taghizadegan) „Das Ende des Papiergeld-Zeitalters: Ein Brevier der Freiheit“ ist im März im Verlag Johannes Müller erschienen und auch als eBook erhältlich:

Beitrag zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Diederich Heßling

"Zitate aus diesem Brevier auszuwählen fällt schwer"

Das wichtigste ist dies:

Die Zeit, die uns für einschneidende Änderungen des Geldsystems bleibt, ist nicht
mehr kurz, sondern sie ist abgelaufen. Es ist zu spät. (Roland Baader 2010)

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