Link der Woche: NVRH

NVRH ist eine von Alipius Müller erfundene Abkürzung, die man sich hinter die Ohren schreiben sollte.

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Es gibt wohl jedem ein gutes Gefühl, wenn er weiß, dass er auf der richtigen Seite steht. Quasi unangreifbar zu sein, vielleicht – vielleicht auch nicht – zusammen mit einer Mehrheit im eigenen Umfeld, aber immer in dem Bewusstsein: Wenn mir jemand widersprechen sollte, dann bin ich im Recht. Eine bislang besonders einfache Methode, sich ein solches Gefühl zu verschaffen, beschreibt Alipius Müller auf seinem – nebenbei schön neu gestalteten – Blog „totaliter aliter“. Er bezeichnet sie mit der Abkürzung NVRH, was abgekürzt bedeutet: „Nazi-Verdacht-Reinwasch-Hysterie“. Und die geht, ausgehend von ein paar im Beitrag beschriebenen Beispielen, so:

In Deutschland sind wir aus sattsam bekannten Gründen alle größtenteils so programmiert, braun lauerndes Gefahrenpotential nicht nur sofort zu erkennen, sondern uns auch sofort davon zu distanzieren. Und das ist gut so. Es schadet sicherlich nicht, wenn ein ganzes Land ein Frühwarnsystem entwickelt hat, welches gegen Unrechtsdiktaturen hilft.

Ist der Distanzierungs-Druck hoch, so beginnt man irgendwann damit, braune Inhalte auch dort zu orten, wo man sie vorher niemals gefunden hat.

Kommt zu dem hohen Distanzierungs-Druck der ebenfalls hohe Lohn des vor Zeugen vernehmbar reingewaschenen Namens und Gewissens, dann sucht man braune Inhalte nicht nur an den unmöglichsten Orten, sondern dann distanziert man sich von ihnen auch in der Gegenwart von Menschen, die nie und nimmer eine Rechtfertigung erwartet, geschweige denn gefordert hätten.

Die Gefahr, die sich aus der daraus resultierenden allgegenwärtigen Abgrenzung von und Warnung vor „Rechts“ ergibt, liegt auf der Hand: Am Ende nimmt diese Warnung, diese Abgrenzung niemand mehr wirklich ernst. Echter Rechtsextremismus oder solcher, der im Entstehen begriffen ist, wird nicht mehr als solcher erkannt, wenn schon Autobahn „Autobahn“ ist:

Die Nazi-Verdacht-Reinwasch-Hysterie (NVRH) hat mit all ihren Spielarten über Jahrzehnte wunderbar funktioniert, aber sie scheint nun endgültig ihre Wirkung zu verlieren.

Schon im Oktober 2015 (also Monate, bevor an deutschen Grenzen wieder geschossen wurde) fiel einem Volker Beck auf die Einlassung eines Parteikollegen, man werde das mit den Flüchtlingen wohl doch nicht so ohne weiteres schaffen nichts weiter ein als „Wer nur danach ruft, die Zahl zu begrenzen, spielt auf der rechten Klaviatur“.

Ahhhhhhh… Die gute, alte „Rechts!“-Warnung… Na dann ist ja alles okay…

Aber was ist das? Die Menschen vernehmen den Warnruf sehr wohl: „Obacht! Rechts!“ schallt es ihnen entgegen. Doch was tun sie? Sie bleiben kurz stehen, zucken mit den Schultern, entgegnen „Ja? Und?“ und gehen weiter.

Ich habe selbst mehrfach darauf hingewiesen, leider aber immer viel zu viele Worte dazu gebraucht: Es ist nicht so, dass es gar keine Gefahr für die Gesellschaft und unsere Gesellschaftsordnung von „rechts“ gäbe, aber sie wird viel zu oft dort aufgespürt, wo sie gar nicht lauert. Und das Ergebnis:

Wer dann welche Lösungen oder Antworten oder Ausreden parat hat, wenn das „Rechts!“, vor dem in diesen Tagen gewarnt wird, nicht nur konkurrenzlos bleibt, sondern sich letztlich wirklich als wahrlich, gänzlich und häßlich rechts entpuppen sollte, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Vielleicht entlässt Sie dieser Beitrag ein bisschen verunsichert ins Wochenende? Das soll er auch!

Beitrag zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.Roth

Bei Überqueren einer Strasse, muss man vorher auch nach links schauen. Sogar zwei Mal!

Aber das ist besonders den Westdeutschen schwer zu vermitteln, die die schlechte Erfahrung nur von "Rechts" gemacht haben, und jahrzehntelang die Entnazifizierungs-Wäsche, unter reichlicher Mitwirkung neomarxistischer Lehrbeauftragter, über sich ergehen lassen mußten.

Die Ostdeutschen sind, nach dem Erleben von politischen Katastrophen von "rechts" UND "links", doch etwas sensibler dafür, dass man aus beiden Richtungen überfahren werden kann.

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