„L’état cest moi“ oder „Die Demokratie sind wir“

In der Schule wurde uns der Satz Ludwig XIV: „Der Staat bin ich“ als der Gipfel politischer Arroganz beigebracht. Was am Feudalabsolutismus so verabscheuenswert war, sollte sich nicht wiederholen.

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In einer Demokratie sollte es bei den Volksvertretern nicht zu solch einer Arroganz kommen, denn sie dienen dem Souverän, dem Volk. Sie sind den checks and balances unterworfen, die ihre Macht kontrollieren und begrenzen. Trifft das bei uns noch zu? Seit der Verfassungsschutz den Tatbestand der „Delegitimierung des Staates“, zu DDR-Zeiten hieß es „staatsfeindliche Hetze“, als beobachtungswürdig eingestuft hat, kommen immer mehr Zweifel auf, ob wir noch in einer klassischen Demokratie oder schon in einer Autokratie leben.

Wenn man die Regierung nicht mehr kritisieren, ihre Fehlentscheidungen nicht mehr benennen darf, wenn man angeprangert oder gar kriminalisiert wird, wenn man es dennoch tut, ist die Demokratie nur noch ein hohler Begriff, eine Camouflage für die herrschenden Verhältnisse.

Wer das für übertrieben oder sogar unzutreffend hält, sollte sich die Äußerungen zweier Politikerinnen ansehen und überprüfen.

Innenministerin Faeser hat einen ganz speziellen Demokratiebergriff entwickelt, der Demokratie mit Politikern und ihren Entscheidungen gleichsetzt. Sie sagte dem Handelsblatt:

„Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt haben und dabei oftmals Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs waren, die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen.“

Also, diejenigen, die in der Corona-Pandemie die erratischen Maßnahmen der Regierung kritisierten, die, wie sich nach zwei Jahren herausgestellt hat, nie auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden, hätten damit „ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt“, obwohl sie das Gegenteil getan, nämlich demokratische Transparenz und eine offene Diskussion, wie in funktionierenden Demokratien üblich, gefordert haben.

Auch in der sich rapide entfaltenden Energiekrise ist mit Protesten zu rechnen, mindestens derer, die ihre Energierechnungen kaum noch bezahlen können, deren Wohnungen kalt bleiben und denen der Strom abgestellt wird. Die werden schon mal von der Ministerin vorsorglich diskreditiert.

Populisten und Extremisten, so Faeser, nutzten jede Krise für Angst und Spaltung, aber auch für Hass und Bedrohungen. „Sie wollen Krisen noch verschärfen, um daraus Profit zu schlagen“.

Damit sind alle in die extremistische Ecke gestellt, die es wagen, Fragen nach der Ursache der Energiekrise zu stellen. Die ist keine Naturkatastrophe oder ein Machwerk von Putin, sondern sie ist hausgemacht. Deutschlands einseitige Festlegung auf wetterabhängige Energien gekoppelt an den doppelten Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohle („Weil wir es können“, Olaf Scholz) hat uns existentiell abhängig gemacht von Gaskraftwerken, die Strom erzeugen müssen, um die Netzschwankungen, die von den „Erneuerbaren“ verursacht werden, auszugleichen. Die Macher der „Energiewende“ sind die Verursacher der Energiekrise, denn sie haben uns abhängig vom russischen Gas gemacht und Putin in die Lage versetzt, uns jetzt erpressen zu können. Wer vor dieser Entwicklung gewarnt hat, war ein Verschwörungstheoretiker.

Nun fallen die Folgen politischer Hybris mit voller Wucht auf die ganze Gesellschaft zurück und unserer Innenministerin fällt nichts Besseres ein, als Drohungen. Die Sicherheitsbehörden hätten die extremistischen Szenen aber sehr genau im Blick. „Wir sind vorbereitet, auch auf mögliche neue Protestgeschehen“.

Um die Ablenkung perfekt zu machen, werden Regierungskritiker zu Verächtern der Demokratie gestempelt. Nach Faeser ist also die Regierung die Demokratie, alle Kritiker Demokratieverächter.

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sekundiert: „Es steht zu befürchten, dass Rechtspopulisten auch diese gesellschaftliche Krise für die eigene Agitation ausnutzen“. Vor diesem Hintergrund werde es in den nächsten Wochen und Monaten sehr auf Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt ankommen. Ach ja, erst wird die Gesellschaft von der Politik gespalten, dann wird an den Zusammenhalt und die Solidarität appelliert? Solidarität mit wem? Mit den Fehlentscheidungen der Politiker, die nicht Schaden von ihren Wählern abwenden, sondern ihre Ideologie retten wollen? Die Verachtung, die unsere politische Kaste ihren Wählern entgegenbringt, wurde kürzlich auf der ausgedehnten Luxushochzeit von Wirtschaftsminister Lindner unübersehbar. Erst die Bevölkerung zum Verzicht aufrufen und dann demonstrieren, dass man gar nicht daran denkt, selbst auf etwas zu verzichten.

Die zweite Politikerin, die man sich näher anschauen sollte, wenn man sich fragt, in welchen Verhältnissen wir heute leben, ist Familienministerin Paul der frischen Regierung Wüst in NRW.

Wenn man den Plänen dieser Regierung, von einer ehemals bürgerlichen Partei geführt, folgt, wird aus Deutschland ein Denunziantenland.

Als die Stasiakten 1992 geöffnet wurden, war die Welt entsetzt, über das Denunziantentum in der DDR. Voreilig wurde den Insassen (Joachim Gauck) des SED-Staates bescheinigt, besonders anfällig für Spitzeleien gewesen zu sein. Dabei mussten die Stasioffiziere ihre Informanten mühsam rekrutieren, sich heimlich mit ihnen treffen, sie bei Laune halten, entlohnen und immer neu motivieren. Die Stimmung in der DDR war klar gegen Denunzianten, die für die größten Schufte im Land gehalten wurden.

Die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley warnte schon nach der ersten Einsicht in ihre Stasiakten, dass die Methoden der Stasi genauestens untersucht und übernommen werden würden: „Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen…Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi“.

Nun sind wir so weit, vorerst nur in NRW, aber andere Bundesländer, muss man fürchten, werden folgen. Die Regierung Wüst (CDU) richtet ein „bundesweit einzigartige[s] System von Meldestellen“ ein, um „auch die Diskriminierungsvorfälle (zu) registrieren, die unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegen und deswegen nicht in den polizeilichen Statistiken erfasst werden“, verkündete die grüne Landesfamilienministerin Paul. Das ist ein offener Aufruf zur Denunziation. Der Denunziant ist nicht mehr ein verachteter Schuft, sondern wird von der Regierung offen umworben. Damit das Denunzieren ganz bequem geht, werden Stellen eingerichtet, die nicht, wie die konspirativen Wohnungen der Stasi geheim, sondern ganz offen sind. Hier kann jeder jeden denunzieren und das unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Wie werden solche „Meldungen“ bewertet, was hat das für die Angeschwärzten für Konsequenzen? Die Meldestellen-Idee könnte aus der Zeit der Hexenjagd stammen, nur dass die Angezeigten nicht mehr um ihr Leben fürchten müssen, sondern nur noch um ihren guten Ruf.

Es gibt eine Meldung, die gelangt an die Öffentlichkeit, in die Medien, die Meldung wird aus den Medien auf Wikipedia übertragen und schon ist das Kainsmal oder Hexenstigma fertig. Jeder, der so etwas schon einmal erlebt hat, weiß, wie beinahe unmöglich es ist, ein Wikipedia-Diktum wieder loszuwerden. Denn Wikipedia wird von einer Art Gesinnungswächter beherrscht, die sich Jos Fritz oder Donald nennen und die alles löschen, was ihrer Ansicht widerspricht.

Das sind die verfeinerten Methoden, vor denen Bärbel Bohley gewarnt hat. Haben wir noch Meinungsfreiheit? Oh ja, jeder kann seine Meinung frei und öffentlich äußern. Er wird nur, wenn er ein Jota vom vorgegebenen Meinungskorridor abweicht, der inzwischen einem Nadelöhr ähnelt, mit den Konsequenzen leben müssen: Löschungen auf YouTube, Facebook, Twitter, Kontokündigungen, Unterlassungserklärungen und Schlimmeres.

Ob wir noch in einer Demokratie leben, muss sich jeder selbst beantworten. Eine Kirchgemeinde in Berlin hat sich über dem Eingang bekannt: „Wachet und betet“ Für die Freiheit in der Türkei. Und darunter: „22 ist nicht 89.Wir leben in keiner Diktatur“. Wer das glaubt, wird selig?

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Jabber

Auch, wenn's schwierig ist. man muss auch mit den Linken sprechen!

Wenn viele Rechte, nicht einmal mit anderen Rechten und Konservativen sprechen, oder diesen zuhören wollen, diese einfach in den entsprechenden Blöcken abservieren oder zensieren und nur ihre eigene Meinung gelten lassen, dann wird das sehr schwierig. Nur von rechts alleine aber, kann man das Verbrecherkartell nicht stoppen, und schon gar nicht ausschalten.

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „In einer Demokratie sollte es bei den Volksvertretern nicht zu solch einer Arroganz kommen, denn sie dienen dem Souverän, dem Volk. Sie sind den checks and balances unterworfen, die ihre Macht kontrollieren und begrenzen. Trifft das bei uns noch zu?“ ...

Ja mei: Die Antwort ist wohl denkbar einfach:
https://immerkorrektimmerdaneben.com/merkel-der-staat-bin-ich/

Wen wundert´s da noch, dass es ausgerechnet dieses rote Ole ist, mit dem sie als Nachfoger „alternativlos“ ruhig schlafen kann???

Gravatar: Hajo

Der Staat bin ich! Dieser Satz wurde zunächst mit der französischen Revolution 1789 gerade gerückt und immer wieder ist es bestimmten Typen danach gelungen in ähnlicher Manier den Massen ihren eigenen Stempel aufzudrücken und das wechselte oft genug, wobei die Sozialisten sich besonders hervorgetan haben, wenn es um ihre "grandiosen" Ideale ging und ersatzweise das fortsetzten, was sie mit 1789 als beendet erklärt haben.

Nach dem 2. Weltkrieg hat sich die von den USA propagierte demokratische Gesellschaft im Westen durchgesetzt, wo durch Bürgerentscheid die Politik beauftragt wurde, alle Staatsangelegenheiten im Sinne der Bürger zu regeln, was ja auch eine gewisse Zeit funktionierte, bis auch hier wieder der alte Trott einsetzte und manche glaubten, sich darüber hinwegsetzen zu können, indem sie eine neue Herrenklasse bildeten, die im Prinzip bis heute anhält und somit demokratische Entscheidungen zur Makulatur wurden, weil sie permanent untergraben werden und zwar im stillen Hintergrund und nicht mehr offensichtlich, wie das eben früher so war.

Heute haben sie deshalb ganz andere Probleme dieserhalb, daß sie ihre finsteren und abweichenden Gedanken ständig verheimlichen müssen und dazu wird die Lügenpropaganda eingesetzt, die den Leuten klarmachen muß, wie edel sie handeln und treusorgend ihre Hilfe anbieten, die nur ihnen selbst hilft, nicht aber dem Land, was dadurch völlig untergraben wird und alte Zustände wieder eingetreten sind, die wir abgeschafft haben und niemals mehr wollten.

Nun bekommen sie es langsam mit der Angst zu tun, weil sie feststellen, daß viele nicht mehr auf ihre Propaganda hereinfallen und merken, wie sie verschauckelt werden und das bedeuted für sie alle höchste Alarmstufe und man sollte nicht dabei vergessen, daß die gewählten Politiker schon lange nicht mehr Diener des Volkes sind, sondern Diener der neuen Herrenrasse, die mit ihrem Mamon glauben, die Welt kaufen zu können, was ein Irrtum ist, denn die Staatsgewalt geht nach heutigem Verständnis vom Volke und seinen eingesetzen Vertretern aus und nicht von einer kleinen Clique, die sich wie Sonnenkönige fühlen, es aber nicht sind und sie werden noch zu spüren bekommen, wer das sagen hat, auch das ist nur eine Frage der Zeit, bis das Faß explodiert.

Der ewige Kampf zwischen den Kräften wird sicherlich bleiben und die Frage ist nur, will man das Risiko eingehen, am Ende alles zu verlieren, denn sie werden heute im Gegensatz zu früher von vielen weit mehr und intensiver beobachtet und das ist schädlich für ihr Geschäft und könnte sie am Ende auf ein gewisses Maß zurück stutzen, auch ihre politischen Satrapen, die sich dem Bürger gegenüber aufspielen, als wären sie was besonderes und sich dann beklagen, wenn sie keine Akzeptanz mehr finden, was die logische Folge ihres falschen Handelns ist.

Geliebt und geachtet wird jener, der geradlinig und verantwortungsvoll durchs Leben geht und das ist eine Gradwanderung und alles was daneben liegt, geht auf Dauer nicht gut, auch das werden sie noch zu spüren bekommen, denn im Prinzip sind sie wie ein Schaufenster mit Einblick in ihr Innerstes und das kann Emotionen wecken, so oder so, das bleibt dann jedem selbst überlassen.

Gravatar: L'État, c'est mon chien!

Die Franzosen wehren sich wenigstens hin und wieder einmal ein bisschen ...

https://www.youtube.com/watch?v=C1EcbhVaZm8

https://www.youtube.com/watch?v=RX5CwGZ6xj4&t=678s

https://www.youtube.com/watch?v=S4wYd45WvjU ,

... was Monsieur le Président und seinem Köter aber auch buchstäblich schei██egal ist ...

https://www.youtube.com/watch?v=cgDkmeyiWfo .


Zu so einer Situation kommt es bei den Deutschen nicht, weil die auf dem langen Dienstweg immer erst einmal eine Genehmigung für das Betreten des Rasens einholen, bevor sie demonstrieren, die sie sowieso nicht bekommen.

Gravatar: karlheinz gampe

Kriminelle, korrupte Politiker glauben heute wieder absolutistisch der Staat zu sein und nicht die Diener des Staates und des Volkes!

Gravatar: harald44

Immer mehr vermisse ich eigenes kritisches Hinterfragen der sogenannten "westlichen Demokratien", und das macht mich stutzig, weil ich es beunruhigend finde.
Ständig wird über die Medien zielbewußt der Eindruck vermittelt, daß alles, was diese "westlichen Demokratien" täten, stets von Grund auf gut sei, eben weil sie die westlichen Demokratien seien.
Und das kann nicht sein, denn keine Staatsform ist jemals ideal, und alle Staatsformen müssen sich auch hinterfragen dürfen, denn wie sollten sie sich denn sonst weiterentwickeln?
In der Geschichte der Menschheit gilt seit Tausenden von Jahren dieser Satz, und er ist unabhängig von der jeweiligen Staatsform:
"WIe gut ein Staat ist, erkennt man daran, ob seine Bürger bereit sind ihr Leben für den Erhalt desselben einzusetzen und ggflls. zu opfern."

Aber wer von den Lesern hier würde denn sein Leben für den Erhalt dieser BRD einsetzen?

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