Kritiker der Europolitik am Ende: Was nun?

 

Aller Protest, jeder Versuch eines Aufstandes war umsonst: Der ESM ist auf dem Weg, die EZB kauft fleißig Anleihen, der Zug in Richtung Bankenunion längst unterwegs. Den Euro-Rebellen bleiben nun zwei Möglichkeiten.

 

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Die Gegner der Eurorettungspolitik müssen heute ernüchtert erkennen: Sie haben eine Schlacht nach der anderen verloren. Jetzt rächt sich, dass die kritischen Ökonomen, die unverdrossenen Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht, die zunehmend empörten Redakteure in den Wirtschaftsredaktionen, die Anführer der Protestaktionen im Internet und auf den Marktplätzen und die Abweichler im Bundestag die Rettungsorgien für den Euro zwar kritisierten, die meisten von ihnen aber am Einheitseuro in unverbrüchlicher Treue festhielten.

 

 

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts ist jedes weitere juristische Vorgehen gegen den ESM sinnlos. Sollen sich die Kläger jetzt an den lieben Gott wenden?

 

 

Nach der Übernahme der Kontrolle der EZB durch die Vertreter der südlichen Nehmerländer ist jede weitere Opposition eines einsamen Bundesbankpräsidenten eine Geste hoffnungsloser Hilflosigkeit. Soll Weidmann jetzt auch noch zurücktreten?

Auch der Zug in Richtung Bankenunion ist unter Mitnahme der Einlagen deutscher Sparer längst abgefahren. Da nützt auch der spektakuläre offene Protestbrief des Präsidenten des Sparkassenverbandes an Kanzlerin Merkel nichts. Sie würde eher die deutschen Sparer als den Euro im Stich lassen.

 

 

Weitere Aktionen gegen ESM, Aufkäufe der EZB und Bankenunion werden zunehmend zur Donquichotterie. Diejenigen, denen die unausweichliche Inflation und der zunehmende Zentralismus in der Eurozone ein Gräuel sind, müssen deshalb jetzt drei Schlussfolgerungen ziehen:

Erstens, der Euro wird tatsächlich gerettet, koste es uns was es wolle. Auch Griechenland bleibt in der Eurozone.

 

 

Zweitens, zur Rettung des Euro ist eine Sozialisierung der Schulden unerlässlich. Die ist unwiderruflich auf den Weg gebracht.

Daraus folgt, drittens, man kann nicht mehr gleichzeitig gegen die Sozialisierung der Schulden und für den Einheitseuro sein. Wer jetzt immer noch „gegen die Transferunion“ und „für den Einheitseuro“ argumentiert, blickt nicht mehr durch oder ist scheinheilig.

Entweder, die bisherigen Kritiker der Europolitik hissen die weiße Flagge oder sie versammeln sich und peilen den einzig noch verbliebenen Ausweg an: den Austritt Deutschlands aus der Eurozone, alleine oder mit Gleichgesinnten wie Finnland, Holland und Österreich.

 

 

Dieser Ausweg wird teuer und ist politisch schwierig. Vor einem Jahr wäre er billiger und leichter gewesen. In einem weiteren Jahr würde er noch teurer und noch schwieriger. Die theoretischen und praktischen Grundlagen für den (Arbeitstitel) „Nord-Euro“ haben Wissenschaftler in verschiedenen Ländern längst erarbeitet. Jetzt müssen diejenigen, die die Rettungspolitik bisher kritisierten, aber am Einheitseuro festhalten wollten, Farbe bekennen.

Der tschechische Präsident Vaclav Klaus sagte mir vor kurzem: „Wenn es möglich war, aus siebzehn Währungen eine zu machen, dann sollte es auch möglich sein, aus einer Währung zwei zu machen.“

Zuerst erschienen im Handelsblatt

 

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