Kreative Parteienfinanzierung

Die Stellung der Politischen Parteien in Deutschland
wird durch Artikel 21 des Grundgesetzes definiert.
Danach wirken die Parteien bei der politischen Willens-
bildung des Volkes mit. Ihre Gruendung ist frei.

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Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsaetzen
entsprechen. Ueber die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel muessen sie oeffentlich Rechenschaft ablegen. Ebenso über ihr Vermoegen. Die Hoehe der staatlichen Zahlungen an die Parteien richtet sich nach deren Zweitstimmenanteilen bei der Bundestagswahl, bzw. den Landtagswahlen. Fuer die ersten vier Millionen
Stimmen kassieren die Parteien je 85 Cent. Fuer alle
weiteren Stimmen betraegt die Zuwendung 70 Cent.
Im Durchschnitt finanzieren sich die Parteien in
Deutschland zu etwa 15 Prozent[1] durch Parteispenden.
Natuerliche ebenso wie juristische Personen duerfen in
unbegrenzter Hoehe spenden. Die Parteien erhalten zudem fuer ihre Spendeneinnahmen noch einen staatlichen Zuschuss.
Der bringt fuer jeden Euro, den die Parteien durch Spenden oder auch durch die Beitraege ihrer Mitglieder selbst kassieren, zusaetzlich 38 Cent in die Parteikasse.
Die Parteien muessen sich weiterhin laut Grundgesetz
mindestens zur Haelfte selbst finanzieren.
Die staatlichen Zu-Zahlungen an die Parteien duerfen
also die Spendeneinnahmen und die Mitgliedsbeitraege
nicht ueberschreiten. [1] wikipedia

Die etablierten Parteien haben sich in diesem Finanz-
rahmen inzwischen bestens eingerichtet. Die SPD nimmt
ueber ihre Medienholding DDVG (Deutschen Druck- und
Verlags-Gesellschaft); nicht nur Millionensummen ein.
Gleichzeitig kann sie - ganz nebenbei - durch ihre SPD-
Medien sogar noch die politische Willensbildung
beeinflussen. Viele Leser wissen naemlich gar nicht,
dass „ihre“ Zeitung ein SPD-Blatt ist.

Ob den Muettern und Vaetern des Grundgesetzes allerdings eine derartige Mitwirkung einer Partei an der
Willensbildung des Volkes vorschwebte, ist durchaus
fraglich. Der SPD-Anteil an einer DDVG-Zeitung sollte
zumindest auf der Titelseite offen angezeigt werden.
Dann koennte sich das lesende Volk sehr viel leichter
seinen eigenen politischen Willen bilden.

Die CDU hat derart sprudelnde Geldquellen wie die DDVG
nicht vorzuweisen. Dafuer kassiert sie in aller Regel
zusammen mit der CSU deutlich mehr an Spenden als die SPD. Und das sowohl von juristischen wie auch von natuerlichen Personen. Manchmal sogar von Toten. Denn Geld benoetigen politische Parteien praktisch immer. Drum sind die Kassenzu oft leer. Um sie wieder zu fuellen, kommen daher sowohl Partei-Genossen als auch Partei-Freunde bisweilen auf dietollsten Ideen.

Der juengst bekannt gewordene Coup der CDU, Ihre
Spitzenleute in den Laendern nach dem Motto
„Rent a Ministerpraesident“ zu vermieten, kam nicht
gut an. Da geht man in Niedersachsen intelligenter vor.
Vom Harz bis an das Meer kassiert man still und leise.
Seit die neue First Lady, Bettina Wulff, in der
Staatskanzlei regiert, ist das Spendenwesen bei der CDU
neu organisiert. Sie ist seit Juni 2009 Pressereferentin
der Rossmann GmbH. Ganz offiziell.

In der Maerz-Ausgabe der CDU-Postille fuer Niedersachsen fuellt die Drogerie-Kette zwei komplette Reklameseiten. Das Motto von Firmenchef Dirk Rossmann lautet: „Unsere Besten“. Sein CDU-Sponsoring laesst sich Unternehmer Rossmann etwas kosten. Das ist seine Privat-Sache. Es ist sein Geld. Damit ist es OK.
Auch die Doppelseite von Vattenfall - Motto: „Strom fuer
saubere Luft“ - ist nicht zu beanstanden.

Unter einem ganz anderen Motto wirbt die Salzgitter AG.
Ebenfalls mit zwei Reklameseiten. Das Atomium in Brüssel glaenzt dort mit einem filigranen Anbau.
Der Slogan signalisiert technische Kompetenz:
„Was auch immer sie vorhaben“.

Politisch ist das Vorhaben indes durchaus problematisch.
Im Gegensatz zu Rossmann und Vattenfall haelt das Land Niedersachsen aktuell naemlich 26,48 Prozent der Aktien der Salzgitter AG. Niedersachsen hat damit eine Sperrminoritaet an dem Dax-Unternehmen. Gerhard Schroeder kaufte die Salzgitter AG am 9. Januar 1998 vom Chef der West LB, Friedel Neuber.

Das Landesunternehmen finanziert mithin das Parteiblatt
der Regierungspartei CDU. Im Aufsichtsrat sitzt aktuell
Dr. Lothar Hageboelling, Chef der Staatskanzlei in
Hannover.
Hat Herr Hageboelling da ein wenig nachgeholfen?
Waren Manager und Aufsichtsraete zu servil?

„Was auch immer Sie vorhaben“ - das Motto der Salzgitter AGerscheint jedenfalls in ganz neuem Licht.
Und die Parteienfinanzierung zwischen Harz und Meer wird
immer kreativer.

Peine, den 10. Maerz 2010
gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

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