Klimaschutz ist Ökodiktatur

In der Zeit konstatieren der Soziologe Nico Stehr und der Ökonom Manfred Moldaschl, unter Klimaforschern wachse die „Ungeduld mit der Demokratie“. Schließlich sei die Klimaerwärmung „kaum noch umstritten“ und „dramatischere und länger andauernde Folgen“ als bisher würden angenommen.

Veröffentlicht:
von

Wer diese Sichtweise teilt, für den scheint es in der Tat erstens unverständlich und zweitens unerträglich, wenn die Industrienationen ihre selbstgesteckten Emissionsminderungsziele nicht einhalten. Die daraus von manchen gezogenen Schlußfolgerungen wurden auf Science Skeptical bereits thematisiert. Da gibt es die Idee, einfach Gremien zu schaffen, die weitreichende Entscheidungen jenseits jeder demokratischen Kontrolle treffen können. Da gibt es die Vorstellung, einen Teil der Parlamentssitze nicht mehr durch Wahlen, sondern anhand der als erforderlich angesehenen Gesinnung zu vergeben. Wissenschaftler, die an die kommende Katastrophe glauben, wollen den Handlungsrahmen für die Politik determinieren und natürlich können sie mit der Situation nicht zufrieden sein. Momentan ist Klimaschutz nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Was auch immer man unternommen hat, vom Emissionshandel über die Energiewende bis hin zum Verbot von Glühbirnen, schmerzt zwar das liberale Gewissen einiger durchaus, vermindert aber nicht die Ängste der anderen. Die Emissionen steigen weiter.

Die Beobachtung von Stehr und Moldaschl, die Demokratie würde aus Sicht der Alarmisten zunehmend als verantwortlich für diese Entwicklung angesehen, ist daher korrekt. Ihre These jedoch, zur Lösung des Klimaproblems bedürfe es keiner Abkehr von der Demokratie, ist falsch.

Wer auch immer Klimaschutz als wichtig erachtet, diesen aber mittels der Mechanismen des bestehenden Systems etablieren möchte, unterschätzt die Größenordnung der Aufgabe. Aufgrund seiner einzigartigen chemischen und physikalischen Eigenschaften ist Kohlenstoff nicht nur grundlegend für den Aufbau und den Stoffwechsel aller bekannten Lebensformen, sondern auch Basis für die chemische Produktion und nahezu alle wichtigen Werkstoffe. Und wenn er nicht selbst Bestandteil eines Produktes ist, dann wird er als Reaktionspartner oder zur Erzeugung der erforderlichen Prozeßtemperaturen benötigt, beispielsweise bei der Glasherstellung oder der Ammoniaksynthese. Ohne Schmierstoffe auf Kohlenstoffbasis wäre eine Welt voller Maschinen nicht denkbar und ohne kohlenstoffbasierte Treibstoffe könnte unser Mobilitätssystem nicht funktionieren. Mehr als 90% des weltweiten Güterverkehrs, der letztendlich das Rückgrat für Wertschöpfung und Wohlstand darstellt, laufen über durch Kohlenwasserstoffe angetriebene Schiffe, Lastkraftwagen, Eisenbahnen und Flugzeuge. Aus energetischen Gründen ist die Nutzung von Kohlenstoff in seinen vielfältigen Verbindungen fast immer mit der Produktion von Kohlendioxid verbunden (es ist das “Endprodukt” vieler chemischer Reaktionsketten, da es eine sehr niedrige Standardbildungsenthalpie aufweist). Eine substantielle Emissionsminderung bedeutet daher einen umfassenden Verzicht auf Kohlenstoff.

Und substantiell sollte sie schon sein, legt man die Gedankenwelt der Alarmisten zugrunde. Die Reduktion der globalen Emissionen auf einen Wert, der in den gängigen Simulationsrechnungen zu einem Temperaturanstieg nicht über zwei Grad gegenüber dem „vorindustriellen Niveau“ führt, erzwingt eine nahezu vollständige Dekarbonisierung – und das weltweit.

Geeignete Substitute für Kohlenstoff und seine Verbindungen existieren aber nur in Nischenbereichen. In den meisten Anwendungen kann man Kohlenstoff prinzipiell nicht ersetzen (bspw. Stahl und Kunststoffe); in anderen nur mit erheblichen Einschränkungen bei Nutzen und Verfügbarkeit zu gleichzeitig erheblich höheren Kosten (bspw. Mobilität und Energie). Es geht daher beim Klimaschutz nicht wie oft suggeriert um die Begrenzung eigentlich überflüssigen exzessiven Konsums, es geht ans Eingemachte. Vor allem in den Industrie- und Schwellenländern wären grundlegende Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft, in die Lebensgestaltung und das Lebensumfeld der Menschen vorzunehmen. Diese Eingriffe beträfen die Grundlagen des Wohlstands. Der Verzicht auf Kohlenstoff reduziert nicht nur vorhandene Wertschöpfungsmöglichkeiten, er minimiert auch die Möglichkeiten, neue zu schaffen. Wohlstand aber ist notwendige Voraussetzung für Freiheit, denn was nutzen die schönsten Freiheitsrechte, wenn die Grundlagen wegfallen, sie auch nutzen zu können?

Die Annahme, eine demokratisch organisierte Gesellschaft könnte diesen Weg auf Basis von Mehrheitsentscheidungen freiwillig und selbstbestimmt einschlagen, ist absurd. Denn die Demokratie besticht nicht durch die Verleihung von Macht an besonders gute Regierungen. Wie man ein ganzes Land angesichts vielfältiger und oft widersprüchlicher Partikularinteressen und angesichts der komplexen Wechselwirkungen technologischer, ökonomischer, sozialer und politischer Faktoren gut regiert, ist schlicht niemandem bekannt. Da unterscheiden sich Präsidenten, Kanzler und Premierminister durch nichts von ihren Wählern. Wahrscheinlich haben erfolgreiche Regierungen einfach nur Glück, ganz gleich, wie sie legitimiert wurden.

Ein demokratisch organisiertes Staatswesen ist vielmehr deswegen wünschenswert, weil es gestattet, auf vergleichsweise einfache Weise besonders schlechte Regierungen wieder loszuwerden. Eine wirksamere Begrenzung der Ausübung von Macht kann es nicht geben. Denn wem auch immer in freien, gleichen und geheimen Wahlen die Möglichkeit der Gesetzgebung eingeräumt wurde, der wird danach trachten, sie nicht gleich bei der nächsten Wahl oder noch früher wieder abgeben zu müssen. Nichts in der Politik ergibt Sinn, betrachtet man es nicht unter dem Kriterium des Machterhalts. Machterhalt ist nur möglich, wenn nicht zu viele fehlerhafte Entscheidungen getroffen werden. Da man aber niemals genau absehen kann, welche Maßnahme nun in welchem Zeitraum welche Auswirkungen hat und ob diese auch in der Zukunft noch von einer Bevölkerungsmehrheit gutgeheißen wird, oder nicht, sind demokratisch legitimierte Regierungen dazu gezwungen, nur solche Entscheidungen zu treffen, die sich leicht wieder revidieren lassen. Demokratie besteht daher auch nicht in einer Diktatur der Mehrheit. Demokratie bedeutet, Mehrheitsinteressen wahrzunehmen ohne die Interessen der Minderheit zu verletzen. Denn “Mehrheiten” und “Minderheiten” können schnell wechseln, wenn sich äußere, nicht zu beeinflussende Rahmenbedingungen einer Gesetzgebung ändern. Demokratie erfordert von den Mächtigen, jederzeit die Möglichkeit des eigenen Irrtums in ihr Handeln einfließen zu lassen.

Die Dekarbonisierung, die die Alarmisten als erforderlich ansehen, darf hingegen nicht revidierbar sein. Es darf auch keine größere Minderheit geben, die diesen Pfad nicht einschlägt und durch eine freiheitliche, demokratische Grundordnung dabei geschützt wird. Ein besonders perfides Konzept dazu haben Schellnhuber, Rahmstorf et al. Im WBGU-Bericht zur „Großen Transformation“ auf einigen hundert Seiten sehr anschaulich beschrieben. Sicher, vordergündig enthält das Papier einige Vorschläge zum Ausbau von Mitsprache und Bürgerbeteiligung. Die Abkehr vom Klimaschutz jedoch soll nicht Teil dieser Möglichkeiten sein. Vielmehr verstehen die Autoren den Klimaschutz als eine Zwangsjacke, in die die Demokratie zu kleiden ist.

Wenn man an eine von anthropogenen Emissionen geprägte klimatische Entwicklung glaubt, die mit absoluter Sicherheit in eine Katastrophe führt, wenn man nicht mehr fähig ist, die Möglichkeit des eigenen Irrtums zu erkennen, dann ist der Weg der “Großen Transformation” nicht nur folgerichtig, sondern auch zwingend. Anders kann der Klimakatastrophe nicht entgangen werden.  Ein Staatswesen aber, das keine Abkehr vom Klimaschutz gestattet, weder für Mehrheiten, noch für Minderheiten, ist keine Demokratie mehr, sondern eine Ökodiktatur.

Zuerst erschienen auf science-skeptical.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: dw-seneca

Was ein wirrer Beitrag und dann dieser Satz:
Ein demokratisch organisiertes Staatswesen ist vielmehr deswegen wünschenswert, weil es gestattet, auf vergleichsweise einfache Weise besonders schlechte Regierungen wieder loszuwerden.

In Deutschland wurde und wird gerade bewiesen, daß das entweder nicht geht, oder wir haben keine Demokratie.

Gravatar: Meier

@ bernd Wer ist: „Wir brauchen weder die grünen Lobbyisten noch …“ oder was inspiriert
Sie zu Ihrer hochqualifizierten sachlichen Stellungnahme? Bevor Sie sich weiter äußern empfehle ich Ihnen den Blog Science Skeptical als Informationsquelle und Diskussionsforum, man kann durchaus informierter werden wenn man will.

Gravatar: bernd

dass Klimaschutz überdramatisiert wird, ist klar. Auch das die Grünen mit manch Forderung die Wirtscahft abwürgen, ist klar. Wie aber kann jemand, der einen Doktortitel trägt, schreiben wie ein Bauer, der am Stammtisch sitzt? Es sollte über Entzug des Doktortitels nachgedacht werden. Wir brauchen weder die grünen Lobbyisten noch die Nordkorea-Kernenergie Lobbyisten wie Dr. Heller

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang