Kein Tiger mehr im Tank

Wenn dieser Tage der neue E10 an die Tankstellen befohlen wird, ist die Umweltpolitik um ein weiteres trauriges Kapitel reicher.

Veröffentlicht:
von

Seit Beginn dieses Monats ist der neue Biosprit E10 bei den Tankstellen im Angebot, ein Ergebnis der europäischen Biospritquotierung. Und wie üblich für Marktangebote, deren Ursache nicht die Nachfrage der Verbraucher, sondern die Regulierung des Staates ist, gilt hier der alte Spruch: Außer Spesen nichts gewesen.

Zunächst einmal bedeutet die geringere Energiedichte des Bioethanols, dass Autofahrer mit einem Mehrverbrauch von rund 3% gegenüber der bisherigen Situation, in der bereits 5% des Kraftstoffs aus Ethanol bestehen, zu rechnen haben. Für jeden Kraftfahrer steigen damit die Tankkosten, wenn er sich von dieser versteckten Kostenerhöhung nicht vom Fahren abhalten lässt. Für manche Autofahrer mit Fahrzeugen, deren Motoren sich nicht für den Betrieb mit dem neuen Kraftstoff eignen, bedeutet die Einführung von E10, dass sie bei dem nunmehr teureren alten E5 Kraftstoff verbleiben und Wertverluste beim Wiederverkauf ihrer Fahrzeuge hinnehmen müssen. Da Besitzer ungeeigneter Fahrzeuge so schnell nicht auf angepasste Neuwagen umsteigen können, dürfte es für die Tankstellenbetreiber bis auf weiteres möglich sein, die zusätzliche Zahlungsbereitschaft dieses Kundensegments in Form höherer Preise abschöpfen zu können. Höhere Logistikkosten, mit den die Tankstellenbetreiber den Preisanstieg begründen, mögen als Ursache hinzukommen. Doch die Entwertung der Altfahrzeuge hat auch eine volkswirtschaftliche Dimension, denn schließlich werden Fahrzeuge mit einem an sich unveränderten Gebrauchswert allein durch die Umstellung des Kraftstoffs entwertet. Für die Volkswirtschaft bedeutet dies eine nicht zu vernachlässigende Ressourcenverschwendung, auch wenn damit für die Fahrzeughersteller ein Nachfragezuwachs verbunden ist. Parallelen zur Wirkung der Abwrackprämie drängen sich auf. Auch hier wanderten wertvolle Autos in die Schrottpresse, nur weil der Neukauf durch den Staat subventioniert wurde. Zum Glück bedeutet die Kraftstoffumstellung diesmal nicht zwangsläufig ein Ende der Fahrzeuge in der Schrottpresse, da  ein Weiterverkauf in Länder ohne Biospritquoten nicht ausgeschlossen ist.

Von der Einführung des E10 hatte sich die Politik eine Reduzierung der Kohlendioxid-Emission und eine Verminderung der Abhängigkeit von Rohölimporten versprochen. Beide Hoffnungen sind jedoch mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Zum einen beläuft sich der tatsächliche Energiegewinn bei der Biospritherstellung nur auf rund ein Viertel des Energiegehalts eines Liter Bioethanols, weil Herstellung und Transport sehr energieaufwendig sind. Daher bestehen ernsthafte Zweifel, ob die erhoffte Reduktion der Treibhausgasemissionen überhaupt realisierbar ist. Sicher ist, dass die Emissionsminderungen teuer erkauft werden. Die Global Subsidy Initiative berechnet, dass sich die Kohlendioxidvermeidungskosten für Bioethanol aus Zuckerrüben auf 186 bis 259 Euro pro Tonne Kohlendioxid belaufen und für Bioethanol aus Weizen sogar 669 bis 1422 Euro pro Tonne Kohlendioxid zu berappen sind.  Der Vergleich mit dem Preis für eine Tonne Kohlendioxid an der EEX in Höhe von gut 14 Euro, der die  marginalen Vermeidungskosten in der Energiewirtschaft markiert, zeigt in welchem Ausmaß hier mit volkswirtschaftlichen Ressourcen im Namen des Klimaschutzes Schindluder getrieben wird. Ein Verzicht auf den Einsatz von Bioethanol in Kraftstoffen würde je nach verwendetem Rohstoff die Mittel für die Vermeidung einer 13 bis 100-fachen  Menge an Kohlendioxid freimachen.

Überschätzt werden auch die Vorteile einer Verminderung der Abhängigkeit von Rohölimporten, denn mit der Beimischung von Bioethanol aus Zuckerrohr oder Weizen ist eine verstärkte Abhängigkeit vom schwankenden Weltmarktangebot von landwirtschaftlichen Produkten verbunden. Waren es bislang Naturkatastrophen, Krisen, Nachfrageveränderungen oder das Kartell der Erdöllieferanten, die für schwankende Spritpreise sorgten, halten nunmehr die heimischen Witterungsbedingungen und der Weltmarkt für Landwirtschaftsprodukte die Preise in Bewegung. Abhängigkeiten dieser Art sind keinesfalls weniger problematisch als das Hängen am Tropf der Rohölmärkte, zumal die Vielzahl der Öllieferanten auf dem Weltmarkt gegen eine vergleichsweise kleine Anzahl von Anbietern des Bioethanols in wenigen konzentrierten Anbauregionen ausgetauscht wird. Mit geringeren Preisschwankungen ist daher in Zukunft nicht zu rechnen, zumal es zu einer immer stärkeren Verzahnung der Energie- mit den Nahrungsmittelmärkten kommt.

Zusammenfassend lässt sich einschätzen, dass mit der obligatorischen Einführung von E10 weder für den Verbraucher und das Klima noch für die europäische Wirtschaft insgesamt ein Vorteil verbunden ist. Ein weiteres Beispiel für eine ökologische Symbolpolitik, mit man zwar Wähler beeindruckt und Lobbyisten ruhig stellt, aber ansonsten allen einen Bärendienst erweist.

Dieser Beitrag erschien auch bei "Denken für die Freiheit", dem Weblog der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Abgesehen davon, daß die Einführung des Biosprits E10 bei weitem nicht die propagierte Reduzierung des CO2-Ausstoßes bringt, auch die Begründung der angestrebten CO2-Reduzierung mit dem Schutz des Klimas ist eine Lüge. Das CO2 ist zwar ein sogenanntes Treibhausgas mit einer positiven, erwärmenden Wirkung auf das Weltklima, aber diese Wirkung ist fast vollkommen gesättigt, d.h. eine Zunahme des CO2-Gehalts der Atmosphäre kann das Klima nicht mehr fühl- oder meßbar ändern. Außerdem halte ich das Verwandeln von Nahrungsmitteln in Sprit für Autos oder in sonstige Energieträger für ein Verbrechen, solange auf der Welt noch Hunderte Millionen Menschen Hunger leiden oder gar verhungern.

Gravatar: Freidenker

Da fällt mir ein kürzlich gelesenes Zitat ein, ich weiß allerdings nicht mehr wo und von wem (sorry): Welche Leuchtmittel haben Sozialisten vor der Einführung der Öllampe benutzt?

Glühbirnen!

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang