Der Bundestag und seine Allparteien-Regierung, die in Bezug auf die Europa-Politik seit langem besteht, können aufatmen. Karlsruhe hat gesprochen und es ist wieder einmal „gut gegangen“. Das Bundesverfassungsgericht hat die Klage gegen die deutsche Beteiligung am Euro-Rettungsschirm zurückgewiesen und damit die Voraussetzung für dessen Ausbau zum erweiterten Rettungsschirm geschaffen. Über ihn befindet der Bundestag Ende September. Für Deutschland steigen damit seine finanziellen Verpflichtungen zur Euro-Rettung auf 211 Milliarden Euro.
Mit seinem Urteil folgt das Bundesverfassungsgericht der von ihm bereits in früheren politisch brisanten Verfahren befolgten Praxis, des „Ja, aber“. In der Hauptsache billigt es die Entscheidung der Bundesregierung. In seiner Urteilsbegründungen aber berücksichtigt es dagegen Einwände des Klägers und begrenzt den Handlungsspielraum der Regierung bei der Umsetzung seines Urteils in konkrete Politik. So war dies schon 1973. Damals wies das Verfassungsgericht die Klage Bayerns gegen den Grundlagenvertrag mit der DDR zurück, verpflichtete aber zugleich die Regierung, nichts zu tun, was die Wiedervereinigung erschweren könnte; etwa die Preisgabe der gemeinsamen deutschen Staatsangehörigkeit.
Ähnlich verhielt sich das Bundesverfassungsgericht auch in seinen Urteilen zum europäischen Einigungsprozeß. Das gilt für die Klage gegen die Verträge von Maastricht und Lissabon. Beide Verträge sind von denen, die sie schlossen, längst gebrochen. Alles, was jetzt geschieht, verstößt gegen ihre „No bail out“ Klausel. Aber das interessiert nicht, auch nicht das Bundesverfassungsgericht.
In seinem nun gefällten Urteil sind die Auflagen, die das Gericht der Bundesregierung vorgibt, erstaunlich zurückhaltend, ja letztlich unverbindlich. Weder die astronomische Höhe der finanziellen Lasten, die dem Bundestag praktisch die Möglichkeit nehmen, sein Recht auf die Gestaltung des Haushalts wahrzunehmen, noch der Bruch der Verträge von Maastricht und Lissabon als Grundlage der Rettungsschirm-Politik haben Karlsruhe interessiert. Es beschränkte sich auf die Frage, ob durch die Rettungsschirme das Demokratie-Prinzip „evident verletzt“ werde; im Klartext, ob dem Bundestag durch die Übertragung seiner Befugnisse auf supranationale Institutionen die Möglichkeit genommen werde, den deutschen Haushalt zu gestalten. Das hat das Gericht erstaunlicher Weise verneint.
Die Frage wird sich aber neu stellen, wenn es schon im nächsten Jahr um die nächste Stufe des Rettungsschirms, den „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) geht. Er sieht die Übertragung des Rechts, die Höhe des deutschen Beitrags festzulegen auf die ESM-Behörde ebenso vor, wie die Entscheidung darüber, wie das Geld aus Deutschland verwendet wird. Sollte das Verfassungsgericht dann abermals zustimmen, wäre es um die repräsentative Demokratie in Deutschland geschehen.
Karlsruhe und die Zukunft unserer Demokratie
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Kommentare zum Artikel
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Das Märchen "Des Kaisers neue Kleider" wiederholt sich immer und immer wieder.
Denn auch wir haben keine Demokratie.
Die Gewaltenteilung greift nicht mehr. Sie steht nur noch auf dem Papier. In Wirklichkeit arbeiten Regierung, Gesetzgebung und Rechtsprechung Hand in Hand. Die Machtbegrenzung ist aufgehoben. Schlimm!
Ich habe ein Steuerprogramm auf meinem PC und habe meine Steuererklärung per Elster abgeschickt. Im Protokoll verwunderte mich die IP und ich schlüsselte die mit www.utrace.de auf. Meine Elster-Steuererklärung ging an eine IP in Sizilien. Das muss mir mal jemand erklären. Bitte achtet mal selber darauf, wohin ihr etwas sendet.
Kurzum: Ich bin mir sicher, dass wir Steuern bald direkt von Brüssel abgezogen bekommen. Wir werden uns unter der Gewalt der Machthaber in einem VielVölkerMischMaschStaat auflösen, der wie Ex-Jugoslawien und die UdSSR mit einem Plauz wieder auseinander fliegen wird. Schuld daran sind diese Politiker die heute von "Krieg oder Frieden" in der elendigen Euro-Frage tröten.
"Die Frage wird sich aber neu stellen, wenn es schon im nächsten Jahr um die nächste Stufe des Rettungsschirms, den „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) geht. Er sieht die Übertragung des Rechts, die Höhe des deutschen Beitrags festzulegen auf die ESM-Behörde ebenso vor, wie die Entscheidung darüber, wie das Geld aus Deutschland verwendet wird. Sollte das Verfassungsgericht dann abermals zustimmen, wäre es um die repräsentative Demokratie in Deutschland geschehen."
Das scheint mir die schlimme aber ungeschminkte Wahrheit...