Karlsruhe gibt Europa eine neue Richtung

Das Urteil des Verfassungsgerichts hat das Licht des Grundgesetzes wieder zum Strahlen gebracht. Was den Parteien, der Regierung und dem Parlament in Jahrzehnten nicht gelungen ist, das schaffte das oberste  Gericht mit seinem Lissabon-Urteil:

Veröffentlicht:
von

Die Grenzen der europäischen Integration klar zu definieren und die Bedeutung der Souveränität der Mitgliedstaaten festzuschreiben.

Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts heißt es: "Die Europäische Union erreicht auch bei Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon noch keine Ausgestaltung, die staatsanalog ist und deshalb dem Legitimationsniveau einer staatlich verfassten Demokratie entsprechen müsste. Sie ist kein Bundesstaat, sondern bleibt ein Verbund souveräner Staaten unter Geltung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung."

Und weiter:

„Die Bundesrepublik Deutschland bleibt bei Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ein souveräner Staat. Insbesondere bleibt die deutsche Staatsgewalt in ihrer Substanz geschützt."

Der Lissabon-Vertrag verstoße insoweit gegen das Grundgesetz, als dass „Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages und des Bundesrates nicht in dem von Verfassungs wegen erforderlichen Umfang ausgestaltet worden sind.“

Der weiteren Abtretung von Kompetenzen an Brüssel zieht Karlsruhe enge Grenzen. Die Botschaft aus dieser Entscheidung ist klar: Deutschland bleibt souverän und die Verfassungsordnung und damit die bürgerlichen Freiheiten sind nicht verhandeltbar, weder in Brüssel noch sonst wo.

Noch bis vor kurzem wurde jeder, der von der offiziellen Linie abwich und den Weg in den europäischen Bundesstaat kritisierte, als politisch ahnnungslos ausgegrenzt. Obwohl die Bürger spürten, dass die Regierung und die Abgeordneten  demokratische Grundrechte über Bord warfen.

Jetzt hat Karlsruhe bestätigt: Die große Mehrheit der Bürger und eine kleine Zahl von Politikern, die Brüssel Grenzen setzen wollten und die Souveränität der Verfassung nicht vergessen hatten, sind im Recht und die große Mehrheit der Volksvertreter, der Regierung und der Parteien haben mit ihrer bedingungslosen Zustimmung zum Lissabon-Vertrag die Verfassung ignoriert.

Der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler gehörte zu den Wenigen im bürgerlichen Lager, die den Mut hatten, dieser offiziellen Linie zu widersprechen. Er stieß auf die Ablehnung seiner Partei, als er den Gang nach Karlsruhe antrat.  Mit ihrer Verfassungsklage haben sich Gauweiler und seine Mitstreiter um dieses Land, um die Freiheit der Bürger und unsere rechtsstaatliche und demokratische Ordnung verdient gemacht.

Bedauerlich für die demokratische Kultur ist, dass die SED-Nachfolgepartei - mit Sicherheit aus anderen Gründen als der Treue zur Verfassung - näher an den demokratischen Grundwerten war, als die traditionellen Parteien.

Die Bevölkerung steht mit ihrer Haltung der Verfassung näher als die politische Klasse. Peter Gauweiler und seine Mitstreiter haben mit ihrer Klage die Verfassung gerettet, die der politischen Klasse bei der Zustimmung zum Lissabon-Vertrag offensichtlich egal war. Das hat viel Vertrauen verspielt.

Den Bürgern in Deutschland kann man nach 60 Jahren Demokratie mehr Treue zur Verfassung und den demokratischen Grundwerten zu trauen als einem Großteil der politischen Klasse und den Parteien.

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Keine Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang