Höchststrafe für Bildung zuhause gefordert

Totalitärer Anspruch des Schulstaates auf die Kinder.

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Ein Jahr lang sollen Thomas und Marit Schaum hinter Gitter, weil sie ihre Kinder keiner öffentlichen Schule anvertrauen. Der Versuch des Staates, das Ehepaar aus Nordhessen durch maximale Bestrafung zu zwingen, gegen tiefgehende Überzeugungen zu handeln, trägt totalitäre Züge. Am 16. Oktober 2013 wird der Fall vor dem Landgericht Kassel verhandelt.

Seit bald zwanzig Jahren lehnen die Eltern Schaum den Schulbesuch ihrer Kinder ab. Weder amtliche Aufforderungen, noch Gerichtsverfahren oder Geldstrafen konnten sie dazu bewegen, Bildung und Erziehung ihrer neun Kinder grundsätzlich in Staatshände zu legen. Gleichzeitig trägt ihr Hausunterricht gute Früchte. Daß den Kindern nichts fehlt, ist sogar gerichtsaktenkundig: Keine Gefährdung des Kindeswohls, beleumundet durch das örtliche Jugendamt. Die älteren Kinder produzierten bislang sehr gute Ergebnisse in staatlichen Prüfungen, sind sattelfest und vorbildlich im Berufsleben.

Zuletzt verurteilte das Amtsgericht Fritzlar die Eltern zu 1400 Euro Geldstrafe. Staatsanwalt Joachim Schnitzerling aus Kassel ging in Berufung, die Angeklagten seien „uneinsichtig“, eine hohe Freiheitsstrafe notwendig, um spürbar auf sie „einzuwirken“. Das höchstmögliche Strafmaß fordert der Sachwalter staatlicher Interessen, je sechs Monate Haft ohne Bewährung für den Vater und die Mutter von neun Kindern. Laut Schnitzerling hätten alle bisherigen Strafen „keinen Sinneswandel herbeigeführt.“ Folglich geht es wohl auch nicht darum, begangenes Unrecht zu sühnen. Vielmehr liegt hier eine Gesinnung vor, die es zu verändern gilt. Auch die Verurteilten legten Rechtsmittel ein, eine höhere Instanz muß nun entscheiden.

“Notfalls unter Gewaltandrohung”

Schaums sind überzeugte Christen, ihre biblisch begründeten Maximen leben sie konsequent. Dazu gehört wie selbstverständlich, die eigenen Kinder auch gut zu erziehen. Aber: „Heutige Staatspädagogik verfolgt Ziele, die dem, was wir für gut und richtig halten, völlig entgegenstehen“, erklärt Thomas Schaum. Erziehung und Bildung ihrer Kinder wollen sie daher nicht Personen und Institutionen überlassen, die ihnen zweifelhaft erscheinen. „Uns Eltern mißtraut man“, so Schaum weiter, „unsere Kinder für ihr Leben befähigen zu können. Wir dagegen sollen der staatlichen Schule blind vertrauen – notfalls unter Gewaltandrohung.“

Im Hessischen Schulgesetz heißt es: „Wer einen anderen der Schulpflicht dauernd oder hartnäckig wiederholt entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft“ (§ 182.1). Diese Bestimmung richtet sich in diffuser Weise an jedermann, beileibe nicht nur an Eltern. Sie erinnert an das Verbot der Geldfälschung (“wer Geldscheine fälscht oder in Umlauf bringt …”) und umgibt „Schulpflicht“ mit einem abschreckenden Schutzwall, dessen Innerstes nicht hinterfragt werden darf.

Schlimme Majestätsbeleidigung

Freiheitsstrafen um die sechs Monate sind in der Regel Delikten wie Körperverletzung, Beleidigung und Betrug vorbehalten, also Fällen mit nachweislicher körperlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Schädigung. Doch Familien wie Schaums schaden mit ihrem Hausunterricht niemandem. Höchstens verderben sie einigen staatlichen Pädagogen den Spaß, die sich gerne an deren Kinderlein erfreut hätten. Das ist dem Staat bewußt. Daher bauscht er “Schulpflicht” zu staatstragenden Höhen auf – die sie nach unserer Verfassung aber gar nicht hat!

Wo Staatsanwalt Schnitzerling “Uneinsichtigkeit” pflichtbewußter Eltern durch “Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter” knacken will, läßt der totale Schulstaat die Maske fallen. So wirft man Schaums “dauernde Entziehung anderer von der Schulpflicht”, aber auch “andauernde Schulpflichtverletzung” oder “anhaltende Schulpflichtverweigerung” vor, gar “dauernde hartnäckig wiederholte Schulpflichtentziehung” (!). Lauter Theaterdonner, der das Antasten der “Schulpflicht” als schlimme Majestätsbeleidigung verkauft. Deren Merkmal ist, daß sie gar keiner Schadenswirkung bedarf, das Vergehen scheint selbstredend zu sein (“wer …”).

Fest steht:  Unser sozialpädagogisch inspirierter Fürsorgestaat denkt nicht im Traum daran, den Freibrief “Schulpflicht” aufzugeben, der ihn – scheingesetzlich – über alle Staatskinder verfügen läßt. Eher soll eine Familie, die dem Staat „seine“ Kinder vorenthält, zerstört werden, als daß unser Staat dem Elternrecht Geltung verschafft oder eine weltweit funktionierende Bildungsalternative erträgt.

Beitrag zuerst erschienen auf derblauebrief.net

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Marie

Diese Eltern und Kinder kommen doch ganz offensichtlich ihrer Schulpflicht nach. Nur eben zuhause, und nicht in einer öffentlichen Einrichtung.
Von Verwahrlosung kann nicht die Rede sein. Dem Staat geht es NUR um die gewaltsame Durchsetzung von Fremdbestimmung. Ideologische Gehirnwäsche und Um-Erziehung sollen flächendeckend garantiert sein. Wehe, einer tanzt aus der vorgezeichneten Reihe!

Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Individualität, freie Selbsthilfe und kreative Lösungen sind in diesem Land strikt verboten. Das sehen wir bei allen "Sozial"programmen ("social engineering"), allen voran das Hartz4-Existenzzerstörungsprogramm.
Unabhängigkeit ist mit dem staatlichen Kontrollzwang nicht vereinbar und deshalb bei Strafe und Verfolgung verboten. Das verordnete Programm: Abhängigkeit schaffen und garantieren über Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle - vom Mutterleib bis ins Grab.
Unter diesen unfreien, zwanghaft repressiven Umständen ist es auch kein Wunder, dass psychische Störungen, chronische Depressionen und Selbstmorde seit vielen Jahren so dramatisch zunehmen.

Gravatar: Claudia Lutter

Noch vor zwei Jahren hätte ich persönlich nicht verstanden, warum es Menschen so wichtig ist, Ihre Kinder selbst zu unterrichten und dem "Staats"unterricht fern zu bleiben.

Mittlerweile ändert sich meine Meinung, ich haben noch keine Idee wie eine "gute" Lösung aussehen könnte um ebenfalls Missbrauch zu vermeiden.

Doch momentan kann ich mich mit dem "Bildungsstress" und teilweise auch mit geforderten Lerninhalten nicht mehr identifizieren. Ebenfalls die zunehmende Entmündigung der Eltern. Nicht nur ich spüre einen andauernden Rechtfertigungszwang, (Elterngespräch am Spielplatz, beim Einkaufen über das Schulerleben) so als würde ich mein Kind gar nicht kennen. Und Pädagogen nach kurzen Minuten des Kennenlernens meines Kindes, teilweise meine Wahrnehmung absprechen. Ja, geht es noch????


Eine massive Gewaltdurchsetzung der Schulpflicht (siehe oben) kann ich nicht mehr unterstützen.

Gravatar: Gunda

Wenn Bildung zu Hause Schule machen würde, sähe die übergriffige Staatsmacht ziemlich alt aus. Kein Wunder, dass Politiker und Staatsdiener alles tun, um Freilernereltern das Leben so schwer wie möglich zu machen.

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Resolution 217 A (III) der Generalversammlung vom 10. Dezember 1948
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Artikel 18
Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.
Artikel 26
1. Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.
2. Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.
3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.

Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland
Art 4
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und
weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Art 6
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines
Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder
wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
Art 7
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am
Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der
bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen
der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet
werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen
als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen
den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in
ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer
Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der
Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung
ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht
genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung
ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von
Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder
Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art
in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

Von einer Pflicht, die Kinder auf öffentliche staatliche oder private, staatlich zugelassene Schulen zu schicken, ist in keinem dieser Texte die Rede. In AEM Art. 26 Abs. 1 wird zwar der Grundschulunterricht für obligatorisch erklärt, aber nicht ausgeschlossen, daß er auch durch die Eltern erteilt werden könnte. Abs. 3 betont des Recht der Eltern in der Auswahl der Bildung ihrer Kinder.
GG Art. 6 Abs. 2 betont ebenfalls das Recht und die Pflicht der Eltern zur Erzihung ihrer Kinder. GG Art. 7 Abs. stellt zwar das gesamte Schulwesen unter die Aufsicht des Staates, aber von einer Pflicht, die Kinder auf öffentliche staatliche oder private, staatlich zugelassene Schulen zu schicken, ist nicht die Rede. Es läßt sich daraus nur herleiten, daß der Staat das Recht hat, den Erfolg, den Eltern mit Hausunterricht ihrer Kinder haben, zu prüfen.
AEM Art. 18 und GG Art. 4 werden verletzt, wenn Eltern gezwungen werden, ihre Kinder auf eine Schule zu schicken, in der Inhalte gelehrt weren, die mit der Religion oder Weltanschauung der Eltern nicht verträglich sind.
Die Eltern sollten mit ihrer Sache bis zum Bundesverfassungsgericht und notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen.

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