Hatte Honecker doch Recht?

War Honecker vielleicht doch ein Visionär? Eine am Montag veröffentlichte Studie legt diesen Schluss zumindest nahe.

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Erich Honecker zu zitieren ist sicher nicht ganz unproblematisch, vor allem wenn man bedenkt, dass der Mann in den letzten Tagen der DDR offensichtlich weder der Herr im eigenen Haus, vor allem aber nicht der Herr im eigenen Oberstübchen war. Selten war so viel Realitätsverlust wie in der Führungsriege der untergehenden DDR. Ein Satz ist dabei für die Geschichtsbücher erhalten geblieben, den Erich Honecker getan hat, und über den man zu lachen geneigt ist: “Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf!”

Eigentlich würde man heute sagen, dass die Geschichte über diesen Spruch hinweggegangen ist – den Sozialismus der DDR gibt es nicht mehr, die Sowjetunion ist zusammengebrochen und sich selbst als solche benennde sozialistische oder kommunistische Staaten gibt es heute nur noch in den letzten säkularen Diktaturen dieser Welt wie Nordkorea oder Kuba, mit denen selbst eingefleischte Sozialdemokraten – zumindest öffentlich – nichts zu tun haben wollen. Hat also die Vernunft über den Sozialismus gesiegt?

Eine Studie im Auftrag der Freien Universität Berlin, die derzeit in der Presse die Runde macht, macht da eher skeptisch. Hierin wurde untersucht, inwieweit linksextremistisches und linksradiales Gedankengut noch immer (oder wieder) in Deutschland verbreitet ist; in einer Zeit in der alle wie das Kaninchen auf die Schlange auf eine herbeigeredete und -geschriebene erneute rechte Machtübernahme schielen, ein durchaus ehrenwerter Ansatz. Und die Ergebnisse sind erschreckend:

So sind offenbar 42 % der Deutschen der Meinung, dass der Sozialismus/Kommunismus eine gute Idee sei, die bislang nur schlecht ausgeführt wurde. Ebenfalls 42 % plädieren dafür, dass die soziale Gleichheit der Menschen wichtiger sei als die Freiheit des Einzelnen. Ob die 20 %, die meinen, dass es eine Revolution bräuchte, um die Lebensbedingungen zu verbessern, tatsächlich auch zur Tat schreiten würde, darüber kann man streiten, aber aufsehenerregender sind die 61 %, die tatsächlich der Meinung sind, wir lebten nicht in einer echten Demokratie, weil – und die Begründung ist das Entscheidende – die Wirtschaft und nicht die Wähler das Sagen hätten. Dass in einer solchen Gesellschaft das Verständnis für einen freien Markt am Boden liegt, verwundert dann nicht: 37 % der Deutschen glauben, dass Kapitalismus zwangsläufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen führt.

Die Studien macht auch Aussagen zur Gewaltbereitschaft, vor allem aber nicht nur gegen Sachen, aber deren Inhalte möchte ich hier nicht weiter verfolgen. Letztlich gibt es ähnliche Studien auch zum Rechtsextremismus, denen man regelmäßig methodische Mängel vorwerfen muss, die man sicher auch hier wieder aufdecken kann. Wesentlich erscheint mir aber, dass eine Ideologie, die den Menschen nicht als Individuum ernst nimmt sondern nur als Gemeinschaft, die die Gleichheit statt der Freiheit beschwört, fröhliche Urständ feiert. An der Stelle treffen sich – wenig überraschend – Links- und Rechtsextremismus. Beiden gilt das Individuum nichts, die Gemeinschaft alles. Demokratiekritik kann man üben, mir erscheint die Demokratie auch nicht als Weisheit letzter Schluss, dass aber “die Wirtschaft”, man darf wohl übersetzen mit “der Markt” das Sagen hat, der auch noch die Ursache für kriegerische Auseinandersetzungen darstellt, wendet doch die wahren Sachverhalte auf links: Korporatismus, ein eingehegter Markt und Einschränkungen der Freiheit werden gesamtgesellschaftlich, links wie rechts, nicht als Problem sondern als Lösung gesehen.

Man kann sich fragen, wie es nach zwei sozialistischen, einer nationalen und einer internationalen, Diktaturen auf deutschem Boden, zu solchen Einstellungen kommen kann? Wieso meinen immer noch so viele, der Freiheit der Menschen, in die sie mit Gottes Würde entlassen sind, auch der eigenen Freiheit misstrauen zu müssen, um die Lösung der Probleme in die Gemeinschaft, letztlich auf den Staat zu delegieren, das vor dem Hintergrund, dass weniger als 50 % das Gewaltmonopol des Staates akzeptieren? Als freiheitlich denkender Mensch kann man der Kritik an diesem Gewaltmonopol durchaus etwas abgewinnen, nicht aber den Hintergründen, in denen sich der Wunsch nach einem Gemeinwesen mit weniger Freiheit des Einzelnen manifestiert.

Die sachliche Untauglichkeit des Sozialismus liegt nach diversen “Experimenten” mit Millionen Toten offen zutage. Auch die ethische Fehlerhaftigkeit hat sich gezeigt, nicht nur in den Toten sondern auch in den anderen totalitären Ausprägungen, die die “Diktatur des Proletariats” mit sich bringt. Aus christlicher Sicht ist ein sozialistischer Materialismus, der den Menschen auf seine Gesellschaftsfunktionen beschränkt, ohnehin abzulehnen. Und trotzdem muss man konstatieren, dass der Sozialismus offenbar doch nicht so einfach aufzuhalten ist – womöglich hatte Honecker auf eine bislang nicht erahnte Weise doch Recht?

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Reiner Schöne

Ja der Sozialismus, ist doch schön wenn man alles gesagt bekommt, keiner muss denken, man muss nur tun was andere wollen und schon gehts. Sozialismus, Kommunismus eine Erfindung von wenigen Bürgerlichen, da waren keine Arbeiter dabei, die die es eigendlich betreffen sollte, nein Bürgerliche. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die soziale Marktwirtschaft die einzig gute Gesellschaftsordung. Sozialismus wird wieder unausweichlich, zur Diktatur. Denn was will man mit den Andersdenkenden tun? Und die wird es geben, ohne Zweifel. Also was macht man mit denen? Abschlachten, einsperren, in Arbeitslagern "überzeugen".

Gravatar: Danton

Das Individuum war gesellschaftlich betrachtet noch nie frei - oder kann mir irgendjemand eine solche Gesellschaft in der Vergangenheit oder Zukunft nennen?
Das fängt mit Steuern an und hört mit der Schulpflicht auf - oder was auch immer man benennen will.
Die freiesten Menschen im Kapitalismus sind die "Reichen", da Geld annähernd gleichbedeutend mit Macht ist. Die Macht Privatlehrer zu engagieren, die Macht Steuern zu sparen, Lobbyismus zu betreiben etc.!
Wer aber die Erkenntnis, dass die Mächtigen (= im Kapitalismus die Reichen) unsere Geschicke maßgeblich und zu eigenen Zwecken bestimmen, leugnet, der muss schon grenzenlos blind oder ideologisch verbohrt sein.
Ich denke, man muss kein Sozialist sein, um diesen Umstand zu kritisieren.
Das Gerede von Freiheit klingt natürlich unglaublich gut und die Unterwerfung unter die Gesellschaft ist natürlich teuflisch - aber das ist reine Utopie, die den Mächtigen nach dem Mund redet. Frei nach Volker Pispers: "... jeder kann frei sein, aber nicht alle.."
Viel Spass beim Strampeln im Hamsterrad auf dem Weg nach "oben"....

Gravatar: kassandro

Der Sozialismus ist die schlimmste Geisel - für dieses Statement wurde mir schon oft mit Gewalt gedroht - aber man wird ihm nie endgültig besiegen. Es werden immer Völker leiden müssen , um mit ihrem Schicksal die übrige Menscheheit vor dieser Verbrecherideologie zu warnen.
Wenn der Sozialismus mal wieder ein Land erfolgreich ruiniert hat, dann distanzieren sich unsere Salonsozis plötzlich davon, auch wenn sie vorher dem ganzen noch heftig zujubelt hatten. Der wahre, der demokratische Sozialismus , der sei das beste, was der Menscheit widerfahren könnte.

Gravatar: M. T.

Marx nannte das wohl die Dialektik von Basis und Überbau: Die ökonomische Struktur der Gesellschaft (Kapitalismus) bildet die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt. (Judikative, Exekutive, Legislative, und natürlich die Medien).
Kurz: Economy rules politics.
Es fällt mir sehr schwer zu glauben, dass die Medien nicht Sympathien für Umstürze in Nah- und Fernost (als geostrategische Grundlage) und schließlich für eine Intervention in Russland gewinnen wollen. Und das 60 Jahre nach den Kriegsverbrechen der Wehrmacht im Russandfeldzug ... eine Schande.

Gravatar: Klartexter

Am Beispiel des Masernausbruchs in Berlin und der Impfmuffel im Allgemeinen zeigt sich, wie gefährlich die Freiheit des Individuums für die Gesellschaft ist. Es fehlen in dieser aufgeweichten und von importierten und als Bereicherung geduldeten Normlosigkeit grundsätzlich straffe Regeln und Sanktionen, sonst geht die Gesellschaft zu Grunde. Demokratie, was ist das für eine Demokratie in der BRD. Keine richtige. Früher waren die adligen Feudalherren von Gott gegeben, in der DDR waren es die Kandidaten der Nationalen Front, also eine breite gesellschaftliche Masse. Und in der BRD-Demokratie kann man die auf Parteitagen der Parteien vorher ausgekungelten und den Parteiführung genehmen Kandidaten, also der Politikadel wählen, welche zwar auf dem Papier nur ihrem Gewissen verpflichtet sind, aber auf ihre Wähler und deren mehrheitlichen Willen, nicht hören. Muss man da noch zu Wahlen gehen und wen und welche Partei? Ja, und mit den Kriegen, dass stimmt ja auch, wie alles was Karl Marx und die Geschichte bewiesen hat. Eine Revolution wird nicht kommen, jedenfalls nicht wieder eine friedliche und unblutige, dafür mit großer Wahrscheinlichkeit ein Bürgerkrieg oder Religionskrieg in Deutschland und ganz Europa. Die Anzeichen sind deutlich zu erkennen.

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