Gruslig: Wenn Unternehmer die Freiheit bekämpfen

Freier Markt und freie Gesellschaft, das war für mich als Libertäre immer untrennbar miteinander verbunden. Wenn auch nicht komplett zügellos, damit hat die Minarchistin in mir ein ernsthaftes Problem, aber grundsätzlich sollten sich die besten Ideen, Produkte usw. im fairen Wettbewerb behaupten und durchsetzten. So hat die Natur es eingerichtet. Sollte man meinen.

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Das erste Mal ernsthaft ins Grübeln gebracht hat mich China. Kommunistischer Kapitalismus? Großes Auto und kleine Meinung, kann das funktionieren? Offensichtlich kann es. Ich hatte das zunächst als skurriles Experiment "weit weg" abgehakt, als das sanfte Ausschleichen einer gescheiterten Ideologie. Blöd nur, dass sie nebst ihrer Machthaber immer noch da ist. Nur jetzt in reich.

Gut, sollen die halt machen, nicht mein Problem. Eigentlich. Wie leichtfertig sich allerdings westliche Unternehmen wie Facebook oder Google den Vorgaben repressiver Regime beugen und ihnen sogar zuarbeiten, solange sie "mitspielen" dürfen, hat mich schon vor einiger Zeit überrascht. Das mag naiv gewesen sein, Geld stinkt eben nicht, aber da hätte mehr als nur ein Alarmlicht angehen sollen.

Das ungute Gefühl, dass solche Firmen sich vielleicht nicht nur notgedrungen unterwerfen, sondern sogar ganz gerne, schien mir ziemlich abwegig. Es ging ja nur ums Geschäft, richtig? Und da zählt vor allem, möglichst viel Schotter einzusammeln, möglichst viele Kunden zu erreichen. Zumindest wäre das nachvollziehbar. Dachte ich mir so.

Was aber, wenn Unternehmen plötzlich ohne Not anfangen, Politik zu machen? Wenn sie gleichsam beginnen, das chinesische Experiment in umgekehrter Reihenfolge zu starten: Den Umbau einer demokratischen Marktwirtschaft in eine kapitalistisch-kommunistische Diktatur? Ziemlich absurde Idee, oder, wer würde denn sowas machen?

Nun, Google beispielsweise. Und Facebook. Und Apple jetzt auch: "In einer Reaktion auf das Attentat in Charlottesville am vergangenen Wochenende hat Apple den Support von Apple Pay für Webseiten gesperrt, die rassistisches Merchandising verkaufen." [1] Was immer das auch bedeuten mag. Wir wissen ja alle, dass "rassistisch" heutzutage so ziemlich alles sein kann. Das entscheidet in dem Fall dann einfach Apple.

Bezeichnenderweise läuft der Artikel, aus dem das Zitat stammt, unter der Überschrift "Kein Geld für Nazis" und spätestens an dieser Stelle werden deutsche Leser hellhörig. Nicht zu Unrecht übrigens: "Apple kündigte an, insgesamt zwei Millionen US-Dollar an Bürgerrechtsgruppen in den USA spenden zu wollen, die sich für die Bekämpfung von weißem Rassismus einsetzen."

Ja, richtig gelesen. Nicht jeglichen  Rassismus (was ich unterstützen würde), nur "weißen". Und das geht auch gar nicht anders, denn unter den Empfängern des Geldsegens finden sich so illustre Akteure wie das "Southern Poverty Law Center" (SPLC) und die "Anti-Defamation League" (ADL). [2] Mit "schwarzem" Rassismus haben die Null Probleme, ganz im Gegenteil.

Das ist ungefähr so, als würde man eine Großspende an die Kahane-Stiftung machen in der Erwartung, dass dabei am Ende mehr Meinungsfreiheit  herauskommt. Das ergibt nicht mal Sinn. Wobei es damit allerdings wieder perfekt zu den aktuellen Apple-Produ... Egal. Der springende Punkt ist: Private Firmen entscheiden willkürlich über die wirtschaftliche Existenz ihrer Kunden.

YouTube, Google, Apple, Facebook, PayPal, Amazon, Twitter... Wer braucht das alles? Darüber kann man streiten. Es sind aber diese wenigen großen Firmen, von deren Wohlwollen sich die moderne Gesellschaft extrem abhängig gemacht hat. Sie sind sozusagen die Hüter unseres technologischen Nervensystems. Und da sie immer stärker in alle Lebensbereiche eindringen, stellt sich unweigerlich die Frage:

Wohin führt das eigentlich? Was, wenn eines Tages jemand auf die Idee kommt "Kein Strom für Nazis!" Und dann dreht der smarte Stromzähler einfach mal den Saft ab. Oder wie wäre es mit "Kein Wasser für Nazis!" Wer das ist, entscheiden natürlich die Stadtwerke. Klingt unrealistisch, gar verrückt? Hätte ich 2016 auch noch gedacht...

Im Grunde sind wir jetzt in der grotesken Situation, dass "der Staat" regulierend eingreifen müsste. Entweder, indem er die Vertragsfreiheit einschränkt (Unternehmen müssen Dienstleistungen erbringen), oder indem er die offensichtlichen Monopole zerschlägt. Letzteres war übrigens ein beliebtes Mittel der Wahl in der Blütezeit des Turbokapitalismus, bevor jetzt jemand entsetzt "Kommunismus!" schreit.

Nur der Staat wird einen Teufel tun. Und der Markt regelt im Moment gar nichts. Zwar etablieren sich derzeit viele kleine Alternativen, was im Bereich Software und Dienste auch vergleichsweise einfach machbar ist; aber wenn die wenigen Marktführer der Hardware, Infrastruktur und Betriebssysteme sich quer stellen, Intel, Samsung, Apple, Microsoft, Google, Amazon, etc. dann gute Nacht.

Und ich habe nicht mal eine Lösung dafür parat. Ihr vielleicht?

[1] www.netzwelt.de/news/161958-kein-geld-nazis-apple-pay-rassistische-seiten-gesperrt.html

[2] www.usatoday.com/story/tech/talkingtech/2017/08/16/apple-donate-2-million-anti-hate-groups-tim-cook-tells-staff/575222001/

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

Wir haben weltweit schon längst Oligopole. In der Produktion wie im Finanz-Sektro. Freier Markt, ha, ha, ha!

Gravatar: Benjamin Morgentau

Was will man mehr wenn sich so viele mit diesen typisch neoliberalen Freiheiten die kläglichen Reste von Intelligenz zumauern lassen. Staats- und Gemeinschaftsverachtung mit inzwischen soziopathischen Ausmassen und einer Masslosigkeit einiger um dem Shareholdervalue und den Finanzmärkten gerecht werden zu können. Man schaue auf auf der Webseite von Alphabet, der Eigentümerin von Google nach und findet einen Link, den für Investoren. So kam es das man mit pervertierten völlig irrationalen Freiheitsvorstellungen des einzelnen Investors Kapital global befreite und alles andere davon abhängig machte. Somit gilt heute nun mal 1$= 1Stimme anstatt 1 Kopf = 1 Stimme. Die unvorstellbare Macht einiger weniger in US Kontrolle befindlichen sozialen Netzwerken führt auf geradem Weg in eine Distopie... Prost

Gravatar: Anne R.

@famd

Eine weitere Perversion ist die von der FDP im Wahlprogramm geforderte Leihmutterschaft, was nichts anderes ist als Ausbeutung der weiblichen Fruchtbarkeit:
"Allen Menschen muß unabhängig vom Familienstand der Zugang zu reproduktionsmedizinischen Angeboten gegeben werden."
Eine moderne Form der Prostitution.
Daß es hier nicht um Kinder, sondern um geschäftliche Interessen geht, dürfte klar sein, auch wenn es noch mit "nichtkommerziell und unter bestimmten Auflagen" ummäntelt wird.
https://www.civilpetition.de/nachricht/fdp-fordert-legale-leihmutterschaft-fuer-deutschland-der-dammbruch-ist-vollzogen-101/

Gravatar: Master of Puppets

Dies ist ein Punkt. Ein weiterer ist die Zerschlagung der alternativen Medien, mit Hilfe von Google, Facebook und Co.

Die Zerschlagung der alternativen Medien hat begonnen!

http://www.journalistenwatch.com/2017/08/22/die-zerschlagung-der-alternativen-medien-hat-begonnen/

Deutschland steht auf der "Zerschlagungsliste" auf Rang 2, hinter den USA.

Dazu kommen so subtile Aktionen wie die von EDEKA:

Edeka-Aktion gegen Rassismus: Filiale verbannte alle ausländischen Produkte

http://www.epochtimes.de/politik/deutschland/edeka-aktion-gegen-rassismus-filiale-verbannte-alle-auslaendischen-produkte-a2196293.html?meistgelesen=1

Ferner erfolgt die Flutung mit "Ungebildeten" aus dem arabischen und afrikanischem Raum

Mehr Flüchtlinge als bisher angegeben haben keinen Schulabschluß

https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2017/fast-zwei-drittel-der-fluechtlinge-haben-keinen-schulabschluss/

So schafft man sich neue, willige Mehrheitsverhältnisse über die Zeit und seit September 2015 leben wir quasi im Zeitraffermodus.

usw. usf.

Die Dekonstruierung der "weißen" Gesellschaften ist in vollem Gange.

Gravatar: famd

Freier Markt?
Freier Wettbewerb?
Nein - gibt es nicht wirklich!
Kartellbildung, Oligarchien und Konglomerate in der Wirtschaft zu Lasten des Verbrauchers bestimmen diese EU-Politik, in Tateinheit mit der betrügerischen raubenden Finanzpolitik gegen Lohnabhängige und Sozialschwache.
Es ist so, die Reichen werden reicher...und das mit größter Frechheit.
Pharmaunternehmen, Gesundheitsversorgung, Pflege...
Diese Bereiche sind derzeit die größten Indikatoren für Perversionen am Markt.
Dazu Umwelt- und Nahrungsgüterwirtschaft, Bereiche, die uns das Leben vergiften und uns abkassieren und belügen.
Ändern kann man es durch eine saubere strikte Politik, die die Verantwortung für die Gesellschaft im Blick hat.
Kommunismus oder ihre kopierten verklärte Lehren haben noch nie Wohlstand oder Verantwortung gebracht.
Nur Vetternwirtschaft, Unterdrückung der Persönlichkeit, Radikalismus.

Gravatar: Molot

Doch, der Markt wird das regeln, keine Angst.
"Es ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen" J.W. v.Goethe

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