Grexit jetzt!

Es ist seit Langem absehbar: Griechenland gehört nicht zur Eurozone. Über kurz oder lang wird der »Grexit« unvermeidlich sein.

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  1. Von Ökonomen, die etwas von Währungsunionen verstehen und politik-unabhängig analysieren, ist es längst prognostiziert worden: Griechenland gehört nicht in die Euro-Zone, schon von Anfang an nicht, und deshalb wird der Grexit über kurz oder lang kommen. Er stärkt dann Griechenland und die Euro-Zone, weil das Land von der erdrückenden Last eines überhöhten Euro-Wechselkurses, einer damit einhergehenden zu scharfen Austeritätspolitik und die Euro-Zone von einer endlosen Umverteilungspolitik zulasten der europäischen Steuerzahler befreit würde. Von Politikern, die nichts von Währungsunionen verstehen und die Ökonomen engstirnige europa-empathielose  Materialisten schelten und deshalb pathetisch immer wieder das „Große Ganze“ für ein solidarisches Europa beschwören, gilt der Grexit als verheerendes Scheitern einer visionären politischen Integrationsidee, das es um jeden Preis zu verhindern gelte.
  2. Aber nun steht der Grexit  vor der Tür, auch wenn die Politik dies verschleiern und nicht so nennen will: Griechenland ist – seit Jahren schon – pleite, die installierten Rettungsmechanismen werden überdehnt, die Politik hat ihr Rettungs-Aktionsfeld an die EZB abgegeben, die ihre Geldpolitik illegalerweise mit aktiver Finanzpolitik vermischt. Aber auch hier sind die Grenzen der Liquiditätsschöpfung  erreicht. Mit ihrer nunmehrigen ELA-Begrenzung spielt die EZB den Ball zurück zur Politik. Und die Politik, nachdem die Griechen die Verhandlungen abgebrochen und ihr Referendum angekündigt haben, buhlt weiter und erneut um die Gunst der griechischen Schuldner, den Grexit doch bitte nicht zu vollziehen, damit „Europa nicht scheitert“. Die Tür für weitere Verhandlungen stünde immer noch offen, immer wieder neu zum letzten, zum allerletzten Mal. Hier dominiert das angeblich europa-empathische Gutmenschen-Rettungsverhalten den hilfreichen Mut zur klaren Analytik eines neuen Durchatmens: Die Euro-Zone muss sich von Griechenland befreien, Griechenland muss sich von der Euro-Zone befreien. Das muss nicht von ewiger Dauer sein, denn gelingt Griechenland, auch mit externer EU-Hilfe, der nachhaltige Neustart, kann es – auch ohne Statistikfälschungen – erneut Mitglied der Euro-Zone werden.
  3. Was auch immer in den nächsten Tagen und Wochen an vermeintlich Grexit abwehrenden Aktivitäten noch politikinszeniert wird, sie sind nicht zukunftsfähig. Sie verlängern vielmehr den unsäglich ressourcenverschwendenden Irrtumspfad eines falschen Währungsarrangements für Griechenland, sie kaufen nicht, sondern sie verschwenden Zeit für einen Neustart des Landes außerhalb der Euro-Zone zur fundamentalen Restrukturierung in Richtung neuen Wachstums und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit.
  4. Es führt kein Weg vorbei: Der geordnete Grexit sollte schnell organisiert werden. Ohne einen erneuten Schuldenschnitt wird es leider nicht gehen. Wenn man will, kann man ihn als den hohen Preis für die Praxis zunehmender Rechtsbrüche durch die Europa-Politiker ansehen, die man im weiten Sinne als für den europäischen Steuerzahler kostspielige  Insolvenzverschleppung in Sachen Griechenland bezeichnen muss. Diese Praxis muss schnell beendet werden, um den Preis nicht noch immer weiter zu erhöhen. Eine neue Währung für Griechenland („Neue Drachme“), die als gesetzliches Zahlungsmittel abgewertet wird und dadurch dem Land eine neue internationale Wettbewerbsfähigkeit verschafft, macht den Euro zunächst zur Parallelwährung. Die Politik ist aufgerufen, sich mit den ökonomischen Mechanismen von Parallelwährungssystemen vertraut zu machen, um nicht – von ökonomischer Sachkenntnis wenig belastet – dieses Währungsarrangement von vornherein ablehnend zu kommentieren. Kapitalverkehrskontrollen müssen für eine Übergangszeit sein.
  5. Es ist nicht nur Griechenland, das die Euro-Zone destabilisiert. Es sind vielmehr grundsätzliche fundamentale Fehlentwicklungen in der EU, die zur Erklärung der zunehmenden Instabilität der Euro-Zone für die Zukunft bedeutsam sind und die man insgesamt als die „Erosion der EU als Rechtsgemeinschaft“ bezeichnen kann. Die Funktionsfähigkeit einer Währungsunion zwischen EU-Staaten, die einen Staaten(ver)bund und explizit keinen Bundesstaat abbilden, kann nur erhalten werden, wenn die Mitglieder Rechtstreue in Bezug auf die vereinbarten Regeln bewahren. Der Euro ist kein Selbstzweck und taugt nicht zur Staatsräson, für die man fundamentale Rechtsbrüche begehen darf (z.B. die Außerkraftsetzung der „No-bail-out-Vorschrift). Wenn es in der EU kein fundamentales regelorientiertes Zurück zur Rechtstreue gibt, wird Griechenland nicht der letzte Exit-Kandidat der Euro-Zone bleiben.

Beitrag erschien auch auf: wirtschaftlichefreiheit.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Freigeist

In der Prese habe ich gelesen und damit ist Vieles nun klar: Die USA fordern Griechenland und seine europäischen Gläubiger auf, einen Kompromiss im Schuldenstreit zu suchen, um den Verbleib des Landes in der Eurozone zu ermöglichen. Es liege auch im Interesse der USA, dass die Griechenlandkrise beigelegt werde, erklärt das Weiße Haus.

Gravatar: Coyote38

"Wenn man will, kann man [den erneuten Schuldenschnitt] als den hohen Preis für die Praxis zunehmender Rechtsbrüche durch die Europa-Politiker ansehen, die man im weiten Sinne als für den europäischen Steuerzahler kostspielige Insolvenzverschleppung in Sachen Griechenland bezeichnen muss."

AUTSCH !!! Das hat "Berlin und Brüssel" jetzt aber SEHR weh getan. :)
Ansonsten so, wie ich Sie seit 25 Jahren kenne, Herr Professor: Auf den Punkt.

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