Gender Mainstreaming – Instrument oder Ideologie?

Die Verfechter*) des Gender Mainstreamings ( GM ) sehen im GM ein Instrument zu mehr Gleichberechtigung unter den Geschlechtern.

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Sie werfen den skeptischen Menschen vor, GM für eine Ideologie zu halten und diese als solche zu bekämpfen. In den Dokumenten von Peking wird 1995 tatsächlich noch von Gleichberechtigung gesprochen, wie sie in gleicher Weise auch Art. 3 unseres Grundgesetzes seit dessen Bestehen einfordert.

Das Gender-Kompetenz-Zentrum hat sich von dieser Maxime allerdings verabschiedet: Es fordert ein „auf Gleichstellung ausgerichtetes Denken und Handeln in der täglichen Arbeit einer Organisation“. Zwischen Gleichberechtigung und Gleichstellung gibt es aber einen kardinalen Unterschied: Gleichberechtigung be-achtet Unterschiedlichkeit zwischen den Geschlechtern, aber Gleichstellung miss-achtet Unterschiedlichkeit, ignoriert, leugnet oder verhindert sogar Unterschiede ( s. u. ).

Nur so kann ich mir erklären, dass unter dem 1995 geschaffenen Begriff GM sich heute ein übles Chaos aus teils sogar sich widersprechenden Zielen verbirgt ( Akzeptanz statt Toleranz von LSBTTIQ, Bildungspläne, welche die unterschiedliche Reife der Kinder und das Elternrecht ignorieren, Aktionspläne zur Akzeptanz vielfältiger sexueller  Varianten,  etc. ) Solange die globale Frauenbewegung sich von solchen Un-Geistern nicht offiziell distanziert, solange wird GM für einen großen Teil der Bevölkerung ein Schreckgespenst bleiben.

Am meisten irritiert mich aber, dass GM sein eigenes Gleichberechtigungs- Konzept konterkariert. Allein die Forderung:  „Die Verantwortung für die Erziehung der Kinder teilen sich Frauen und Männer sowie die Gesellschaft als Ganzes“ zwingt alle Eltern in ein Schema, das viele total ablehnen. Z.B. wollen meine Kinder ihre Kinder eben  n i c h t   in eine „gesamtgesellschaftliche“ Krippe oder Ganztags- bzw. Gemeinschaftsschule geben. Meine Schwiegertöchter wollen bei ihren kleinen Kindern selbst präsent sein, sie musikalisch, sprachlich, religiös und künstlerisch bilden, und ihre eigene Berufstätigkeit erst nach den Familienjahren wieder aufnehmen. Mit dem Argument CHANCENGLEICHHEIT werden schon heute bildungsbeflissenen Eltern ihre Kinder entzogen ( Ganztagsunterbringung) und ihres, nach Art. 6 GG zugesprochenen Rechtes auf Erziehung beraubt. Ich will damit sagen: Kompromisslose GM-Forderungen bewirken in diesem Fall nicht Gleichberechtigung, sondern Bevormundung, weil sie erwachsenen Menschen eine nachteilslose, freie Entscheidung verwehren.

Die Vergesellschaftung der Kindererziehung wird als Fortschritt bezeichnet und als Befreiung der Frau gefeiert. Dass aber Kinder um die elterliche Beziehung und Bindung sowie deren Wertevermittlung betrogen werden, passt wiederum nicht zu dem GM-Anspruch, die Rechte der Kinder zu achten. GM schaltet den Einfluss der Eltern auf ihre Kinder  weitgehend aus und damit auch das verbriefte Recht der Kinder auf elterliche Erziehung.

Auch die Forderung, dass sich Frauen und Männer die Haus-, Familien- und Erziehungsarbeit aufteilen sollen, kann  keine Gleichberechtigung schaffen, weil GM selbst gar nicht vorsieht, die missachtete Erziehungsarbeit aufzuwerten. Vielmehr will GM die Familienarbeit lediglich delegieren. Familienarbeit dient GM gerne als höchst willkommener Beweis für immerwährende Versklavung der Frauen. Anstatt aber die Unterbewertung der Erziehungsarbeit zu beseitigen, wird der sträflich unbezahlte Dienst nur auf mehrere Schultern verteilt und bewirkt nun eine Diskriminierung beider Eltern.

Allein an diesem Beispiel zeigt sich, dass die Vorstellungen von GM anstatt Gleichberechtigung  zu bewirken, in Wahrheit auf Gängelung, Entrechtung und Diskriminierung hinauslaufen. Und Gängelung bedeutet für mich Ideologie, weil sie auf Kosten freier Entscheidung die „reine Lehre“ verabsolutiert und damit Gleichberechtigung verhindert.

Wenn sich GM dazu entschlösse,

     

  • Frauen / Müttern die Freiheit der Wahl ihres persönlichen Lebensmodells zu verschaffen,
  • Erziehungs- und Familienarbeit aufzuwerten, gesellschaftlich und ökonomisch
  • Familien ihre verfassungsrechtliche Autonomie zu ermöglichen,
  • auf gängelnden Fundamentalismus zu verzichten,
  • anstatt für Gleichstellung sich für Gleichberechtigung einzusetzen und
  • sich von sexuellen „Befreiungskonzepten“ zu distanzieren,
  •  

dann gäbe es wahrscheinlich in der Bevölkerung keinen Widerstand gegen Gender Mainstreaming. Es würde m. E. sogar vollkommen genügen, wenn sich deutsche Politik endlich an Art. 3 GG ausrichten, und die zu Unrecht missachtete Familienarbeit so honorieren würde, wie dies das Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen einfordert.

*) Ich verzichte bewusst auf die weibliche Form, weil sich selbstverständlich MENSCHEN   ( also Männer und Frauen ) angesprochen fühlen.

Beitrag erschien auch auf: familiengerechtigkeit-rv.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Bärbel Fischer

Wir schreiben das Jahr 2015, lieber Herr Kolberg, und nicht 1960. Und wir leben in Deutschland und nicht in Indien. Hier und heute brauchen wir keine festgezurrten Rollenmuster mehr "aufzubrechen". Im Gegenteil! Heute haben es jene Frauen und Männer sehr schwer, ein Lebensmodell als Familie mit Kindern so zu leben, wie sie es wollen: mit präsenten Eltern, die Kindererziehung nach ihren eigenen Wertvorstellungen gestalten, ihren elterlichen Bildungsauftrag ernst nehmen als Garanten für eine pluralistische Gesellschaft, wie von den Schöpfern des Grundgesetzes vorgesehen. Durch den Entzug ihrer Kinder in Ganztagseinrichtungen( Kita, Schule, Hort ) wird elterlicher Einfluss durch den Staat extrem eingeschränkt.

Sollte sich das Genderblatt eines Tages doch noch wenden hin zur natürlichen Familie, dann ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Also abzuwarten, bis sich der Irrsinn von selbst infrage stellt, heißt m. E. zu resignieren und eine ganze Generation ( die meiner Enkel ) zu opfern. Nein, wir sollten kämpfen und unsere Ansicht lauthals kundtun. Ich habe gelegentlich sogar den Eindruck, als würde man in Stuttgart bereits nervös. Die Wahlprognose für 2016 sieht für die SPD mit heute 18 % ziemlich trübe aus. Klar: Kultus- und Sozialministerium in Stgt. sind in SPD-Hand (Stoch und Altpeter.)

Gravatar: klaro

Dass sich das alleine totläuft, glaube ich nicht. Dafür steckt zu viel Energie der Protagonisten dahinter. Es braucht immer wieder Aufklärung und Auflehnung, sonst gibt es kein allgemeines Aufwachen.

Gravatar: Wolfgang Kolberg

Es ist eine ins Extrem weiterentwickelte einstmals gute Idee, die beweist, dass alle guten Ideen zum Horror werden, wenn man sie ins Extrem treibt. Der einstige emanzpatorische Gedanke war: die früher exztem starren Rollenmuster aufzubrechen, jedem Mann und jeder Frau die Freiheit zu ermöglichen, sich selbst zu definieren. Leider wurde aus der freiwilligen Entfaltung eine neue Orthodoxie, ein Zwang, der jeden bestraft, der seine geschlechtliche Identität nicht im Sinne des Genderismus neutralisiert.

Wenn es nur die "böse Machenschaft" wäre, die manche darin sehen, wäre es nie so erfolgreich. Es gibt augenscheinlich durchaus genug Männer und Frauen, die sich auf den alten Rollenmodellen frei machen möchten, nur so wie Genderismus heute praktiziert wurde, hat es an die Stelle des alten Zwangs leider nur einen neuen Zwang gestellt. Das muss sich einfach von alleine totlaufen; aktiv ist das, fürchte ich, nicht aufzuhalten. Dazu ist der Wahn gerade in Deutschland im Moment zu groß.

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