Fronleichnam: Weniger ist manchmal mehr

Es geht nicht darum, die Bedeutung von Fronleichnam zu relativieren – aber doch wieder auf Normalmaß zu bringen.

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Fronleichnam, eigentlich das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“, ist sicher eines der bekannteren katholischen Feste. Und mit den Prozessionen, bei denen das Allerheiligste durch die Gemeinde getragen wird und dem eucharistischen Segen, sicher auch eines der katholischsten. So katholisch, dass – wie mir von meinen Eltern berichtet wird – in früheren Zeiten protestantische Bauern gerne zur Prozession die Felder gedüngt haben. Dabei gehört die Prozession eigentlich gar nicht zur eigentlichen Liturgie der Kirche sondern zu den sogenannten „frommen Übungen“ (Pia exercita), die von den Bischöfen geregelt werden (Quelle: kathpedia): „Inhaltlich ist Fronleichnam ein österliches Fest, das an den Gründonnerstag anknüpft. Die irdische Menschwerdung des Sohnes Gottes findet in der eucharistischen Gegenwart (zugleich mit den anderen Sakramenten) ihre Fortsetzung. Als Gabe der Liebe bietet Jesus seine eucharistische Gegenwart jedem an, der Hunger nach Gott hat.“

Im Wesentlichen geht es also um die Anbetung der Eucharistie, des Herrn im gewandelten Brot, und nicht um eine nach außen gerichtete Demonstration des Glaubens. Zu einem solchen Zeichen ist das Fronleichnamsfest in der Zwischenzeit allerdings geworden: Aus dem „Hunger des Volkes“, den unverhüllten Leib Christi zu sehen, hat sich eine Tradition entwickelt, die heute eher Zeugnischarakter hat, als eine Frömmigkeitsübung zu sein. Da wundert es auch nicht, dass in manchen Gegenden und in manchen katholischen Kreisen durchaus Druck aufgebaut wird, an einer Prozession teilzunehmen: Wer das nicht tut, so die Botschaft, der sei kein guter Katholik, wolle wohl kein Zeugnis geben. Die Idee der Verehrung geht dabei eher verloren, und – was Schlimmer ist – es wird zu einem Fest „gegen“ etwas: Gegen die Weltlichkeit, gegen den Atheismus der Welt, mancherorts sogar gegen den Protestantismus oder gegen Islamisierung.

Da werde ich das Gefühl nicht los: So kann das nicht gemeint sein! Natürlich: Wer an der Fronleichnamsprozession nicht teilnimmt, weil er fürchtet, von den Nachbarn dabei gesehen zu werden, der sollte doch mal seine Prioritäten prüfen. Und wer gegen anschwellende Säkularisierung oder die Islamisierung des Westens zu kämpfen meint, aber die christlichen Wurzeln lieber nicht bezeugen mag, der wird auch nicht mit meiner Zustimmung rechnen dürfen. Aber es mag auch andere Gründe außer Fußprobleme geben, an der Prozession nicht teilzunehmen. So haben wir als Familie mit kleinen Kindern heute einen Teil der Messe geschwänzt und auch nur an der „halben“ Prozession teilgenommen (immerhin inklusive Eucharistischem Segen). Ich bin dann immer erstaunt, dass ich so viele Familien mit kleinen Kindern im Alter unserer Kinder sehe, die offenbar die ganze Messe mitgefeiert haben und die Prozession bis zum Schluss begleiten. Wenig erstaunt bin ich dann aber umgekehrt, wenn diese Kinder eher schlecht gelaunt und „verdreht“ daher kommen – mit entsprechender Wirkung auf die Eltern. Es mag ja Kinder geben, die ein besonderes Gespür für die Realpräsenz Christi in der Eucharistie haben … aber seien wir ehrlich: die sind wohl eher in der Minderheit.

Unsere Kinder haben sich jedenfalls auf die Prozession gefreut – Jesus durch die Straßen unserer Stadt begleiten? Da sind sie dabei! Zu feiern, dass Jesus sich im Brot ganz klein macht um immer bei uns sein zu können? Ja, auch das kann man Kindern im Alter von 5 Jahren erklären. Ihnen nahebringen, dass Jesus heute unsere Hilfe haben möchte, sie nicht braucht, aber sich freut, wenn wir für ihn da sind, ihn begleiten, seiner Sache helfen – das geht auch bei kleinen Kindern, die von Transsubstantiation keine Vorstellung haben. Aber sie zweieinhalb Stunden durch die Sonne marschieren zu lassen – sage mir keiner, dass das der Glaubenstiefe der Kleinen gut täte. Und schon gar nicht, wenn man ihnen zu erklären versucht, damit ein Zeichen zu setzen gegen den Glaubensschwund in der Gesellschaft.

Ich will damit nicht denjenigen vor den Kopf stoßen, die den Marsch dieser Prozessionen durchaus auch als Opfer betrachten, dass sie für den Herrn und für den Glauben in der Welt bringen. Und womöglich ist das Glaubenszeichen von vielen Hundert Menschen, die singend und betend hinter der Monstranz in einer Prozession laufen, auch für diejenigen beeindruckend, die dem Glauben fernstehen und deren Interesse geweckt werden könnte. Aber ich bin andererseits ganz sicher: Wer als „Ungläubiger“ in versteinerte Gesichter der Teilnehmer einer Fronleichnamsprozession schaut, die eher zum Ausdruck bringen, dass sie nicht dazu gehören als sie einzuladen teilzunehmen; wem vermittelt wird, dass sich da eine religiöse Elite auf den Weg begeben hat, mit einem solchen Marsch zu „bekehren“; wer keine Freude am Herrn sondern Frust und Verzweiflung über den Zustand der Welt gespiegelt bekommt, der wird sich eher abwenden, als sich vom Herrn im Brot beeindrucken zu lassen.

Lassen wir also – das ist mein Appell – nicht zu, dass Fronleichnam zu einer Gegenbewegung gegen irgendetwas – sei es die Säkularisierung der Gesellschaft oder den Einfluss anderer Religionen – verkommt. Fronleichnam ist ein österliches Fest, ein Fest der Freude, dass der Herr immer bei uns ist, vor allem in Gestalt von Brot und Wein in der Eucharistie. Wir können ihn immer besuchen, regelmäßig empfangen und bei vielen Gelegenheiten anbeten. Das wäre ein starkes Glaubensleben – dass es auch ein starkes Glaubenszeugnis abgibt, ist dann ein angenehmer und evangelisierender Nebeneffekt. Bei so einem Fest sind wir – und die Kinder gleich mit – im nächsten Jahr wieder mit Freude dabei!

Beitrag zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Joachim Datko

Vorab: Den angeblich wundertätigen Wanderprediger hat es nicht gegeben, die mystischen Geschichten um ihn sind nicht authentisch.

Zitat: "Zu feiern, dass Jesus sich im Brot ganz klein macht um immer bei uns sein zu können? Ja, auch das kann man Kindern im Alter von 5 Jahren erklären."

Das ist unsinnig. Kindern kann man viel Unsinn erzählen, sie sind in der Regel nicht kritisch genug, um den Unsinn zu erkennen.

Ich bin gerne bereit, eine Lanze gegen die Religionen zu brechen.

Joachim Datko - Physiker, Philosoph

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