Einlagen, Versicherungen und Fonds: Ein detaillierter Blick auf die Einlagensicherung

“In der EU sind 100.000 Euro pro Sparer geschützt. Wenn das nicht reicht, dann haftet der Staat, denn Merkel hat es versprochen.” Diesen Satz hört man in den Medien fast täglich. Was ist die Einlagensicherung und Merkel´s Garantie wirklich wert? Eine Analyse.

Veröffentlicht:
von

Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Einlagensicherung vom Staat

Wenn der Staat in diesem Fall bezahlt, dann tut er dies nur aus moralischen Gründen; nicht aus juristischen. Merkel´s Versprechen wurde niemals in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren als Gesetz niedergeschrieben. Eine Garantiesumme auf alle deutschen Spareinlagen wäre zirka 15 mal höher als ein Bundesjahreshaushalt. Die Merkelgaratie ist nichts weiter als ein gewöhnliches Politikerversprechen. Das Wort “Versprechen” kommt daher, dass man “sich verspricht”. Das Einlagensicherungsgesetz §8 Absatz 1 sagt eindeutig: “Die Mittel für die Entschädigung werden durch Beiträge der Institute erbracht”. Vom Staat ist nicht die Rede.

Aber die 100.000€ sind ja gesetzlich gesichert, oder?

Manchmal lohnt ein Blick in den Gesetzestext. Dort steht in §8 Absatz 10: “Für die Erfüllung der Verpflichtungen haftet die Entschädigungseinrichtung nur mit dem auf Grund der Beitragszahlungen (von den Banken) zur Verfügung stehenden Vermögens”. In §4 wird die Erfüllung auf 100.000€ pro Person gedeckelt. Jeder Anleger bekommt maximal 100.000€; aber nur, wenn das zur Verteilung stehende Geld reicht. Wie lange wird das Geld reichen? Der Bundesverband der Banken sagt dazu: “Die gesetzliche Absicherung ist nicht für den Einsatz von mehreren Pleiten gedacht”. Die Absicherung berücksichtigt nur den Zusammenbruch einer größeren Bank; für mehr reicht es nicht. Im Falle von tatsächlichen Bankruns und Massenpaniken sind die Einlagen also nur bedingt geschützt, oder wie das Bundesministerium für Finanzen auf seiner Homepage schreibt: “In einem gewissem Umfang”.

Der Satz “In der Europäischen Union sind 100.000 Euro pro Sparer geschützt” steht so in keinem Gesetz. Einlagen bei Sparkassen und Volksbanken sind allerdings definitiv sicherer aufgehoben als bei Privatbanken, die oftmals nur die gesetzliche Einlagensicherung bieten. Regionalbanken haben zusätzlich noch Haftungsverbünde und eigene (freiwillige) Sicherungsfonds. Diese kosten natürlich Geld, weshalb diese Banken meist nur mit kleineren Sparzinsen am Markt agieren.

Wie sieht es mit Sparguthaben in Fonds aus?

Fonds benötigen keine Einlagensicherung, denn es handelt sich nicht um Einlagen sondern um Eigentum. Das Inventar der Fonds (Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Immobilien etc…) sind Eigentumswerte. Die Inventarwerte von Fonds tauchen nicht in den Bilanzen der Fondsgesellschaften oder Depotbanken auf. Geht eine Kapitalanlagegesellschaft pleite, dann sind die Fondsvermögen nicht in der Haftung. Der Wert eines Investmentfonds richtet sich nach dem, was drin ist (Inventarwert); über Chancen und Risiken sowie das Management und die verschiedenen Investmentstile lässt sich hierbei natürlich streiten aber ein Emittentenrisiko wie bei Zertifikaten oder im übertragenen Sinne bei Versicherungen hat man hier nicht.

Bei Versicherungen sieht es etwas anders aus

In dieser Sparform lagern oft Gelder, die als Riesterrente, betriebliche Altersvorsorge oder Rürüprente deklariert sind. Guthaben in Renten- und Lebensversicherungen liegt im sogenannten Deckungsstock und muss mit dem Garantiezins verzinst werden. Kommt es aufgrund von Marktverwerfungen zu Abschreibungen, dann muss die Gesellschaft Rückstellungen auflösen um die garantierten Leistungen weiterhin darstellen zu können. Hierzu bilden die Versicherer Risikopuffer von ca. 1% der Garantiesummen. Reicht dies nicht aus, dann haftet die Protektor AG, der sich die meisten Versicherungen freiwillig angeschlossen haben. Die Protektor AG wieß im Geschäftsbericht 2011 ein Sicherungsvolumen von nur 749 Millionen Euro aus. Dies entspricht gerademal nur 1 Promille der gesamten Einlagen (auf Deutschland bezogen). 1 Promille ist auch das, was man womöglich zur Beruhigung benötigt, wenn man als Kunde entsprechende Sparverträge besitzt. Die Protektor AG sichert satzungsmäßig ca. 1% der 1%-Rückstellungen (also max. 1 Promille vom Gesamtvolumen) innerhalb der Gesellschaften ab. Braucht eine Versicherung ihre Rückstellungen komplett auf, dann müssen die anderen Gesellschaften über Beiträge an Protektor den Fehlbetrag (aber nur bis zur 1% Grenze) wieder auffüllen. So kommt man im Sicherungsfall einer Gesellschaft auf ein Haftungsniveau von maximal 1% der gesamten Guthaben; vorrausgesetzt, dass diejenigen Gesellschaften, die die Beiträge bezahlen sollen, nicht ebenfalls pleite sind. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass mehrere Versicherungen gleichzeitig Probleme bekommen, denn alle Versicherungen müssen ihren Deckungsstock nach den gleichen gesetzlichen Vorgaben investieren.

Was passiert mit Versicherungsguthaben im Abwicklungsfall?

In diesem Fall setzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Verpflichtungen aus den Verträgen um bis zu 5% der vertraglich garantierten Leistungen herab. (§ 125 Abs. 5 VAG). Der weitergehende § 89 VAG kommt zum tragen, wenn die Gesellschaft (nicht der Deckungsstock) in eine finanzielle Schieflage gerät. Auch dann können garantierte Leistungen durch die Finanzaufsicht herabgesetzt werden. Versicherungssparer haften also gleich doppelt: Auf Seiten des Deckungsstocks und auf Seiten der Versicherungsgesellschaft.

Da war doch was mit den Realzinsen?

Richtig! Mit Einlagen mit Laufzeiten bis zu einigen Jahren erhalten Sparerinnen und Sparer einen negativen Realzins. Das heißt, der Kaufkraftverlust ist höher als der Nettozinsertrag. Bei kurzen Laufzeiten ist der Effekt sehr gering. Studien haben ergeben, dass die meisten Leute ihr Geld zwar in kurzfristige Anlageformen stecken, es dort aber für lange Zeit liegen lassen, denn “sie wollen immer dran kommen”. Diese kalte Enteignung wirkt wie eine Zwangsabgabe, denn Schuldner (der Staat ist der größte Schuldner), die geringe Zinssätze für ihre Kredite bezahlen müssen (die BRD zahlt Minizinsen!), profitieren davon. Die BRD hat zuzüglich der Geldentwertung einen positiven Kreditzins bzw. einen stark verringerten Zinssatz. Die Sparer hingegen werden enteignet. Selbst wenn der Realzins positiv ist, so ist er wesentlich geringer im Vergleich zu Normalsituationen. 1% oder 2% weniger Zinsertrag kann auf Sicht von 30 oder 40 Jahren (Altersvorsorge) einen Unterschied im fünfstelligen Bereich ausmachen. Zum Glück können die meisten Deutschen nicht Prozent- und Zinseszinsrechnen. Den meisten fehlt das Abstraktionsvermögen für exponentielle Verläufe. Wie sagte es Hassknecht von der HeuteShow neulich? “Die Einlagensicherung ist fürn Arsch, denn ich verliere durch die Inflation”.

Bitte verlässt euch nicht auf Politikerlügen und Versprechen von irgendwelchen heiliggesprochenen Kanzlerinnen. Lest die Gesetzestexte und spielt alle möglichen Szenarien durch. Es gibt aktuell keinen Anlass, sich über klassische deutsche Einlagen Sorgen zu machen. Trotzdem gibt es große Unterschiede zwischen Kontoguthaben, Versicherungsguthaben, Fondsguthaben oder sonstigen bei der Bank verwahrten Depotwerten. Die Thematik ist viel zu komplex um sie mit dem plumpen Satz “die Einlagen sind sicher” vom Tisch zu wischen. Es droht aktuell keine Pleite deutscher Banken und Versicherungsgesellschaften. Wenn dies aber mal der Fall ist, dann stehen alle Paragraphen bereit.

Dieser Beitrag stammt aus dem Archiv und wurde nur leicht verändert bzw. aktualisiert.

Ebenfalls erschienen auf pinksliberal.wordpress.com

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: H.R. Vogt

Um sich gegen die Ungewissheiten, Risiken der Zukunft einigermaßen abzusichern bietet sich Agnostikern nur antifragile Zukunftsplanung an : möglichst weite Streuung des Risikos.

In meinem Aktiendepot halte ich deshalb z.B. Firmenanteile ais aller Welt.
Allerdings ist es nicht möglich, sich an den wirklich interessanten Firmen wie dem chinesischen Staatstrust oder der US- amerikanischen Bechtel Corp zu beteiligen.

Gravatar: Karin Weber

Ich würde mich auf das Wort eines Politikers grundsätzlich nicht verlassen. Vor den Wahlen versprechen sie das Blaue vom Himmel. Sitzen sie auf ihrem wohlversorgten Pöstchen, dann interessiert sie das Gedöns von gestern nicht mehr. Das war immer so, daran wird sich mit den Altlastenparteien auch nichts ändern. Grundsätzlich brauch dieses Land eine vollkommen neue politische Kultur und derzeit sieht der Trend so aus, dass es immer mehr Nichtwähler gibt und bei der Masse der Bürger das Vertrauen in die Parteien gegen Null geht. Darüber können auch nicht die getürkten Umfragen über die Beliebtheit von Merkel & Co hinwegtäuschen.

Aber zurück zum Geld: Ich bin überzeugt davon, dass die Einlagen der Bürger nicht sicher sind. Man kann die nervöse und ausgehungerte Hyänen-Meute, die von dem Pott mit frischem Hackfleisch nur noch durch ein unsichtbare Barriere getrennt sind, regelrecht erahnen. Zudem werden die Bankster weiterzocken, Milliarden in den Sand setzen und der Staat wird wieder Steuergelder zur Verfügung stellen. Das Schäuble da auf diesem Posten sitzt, hat doch seinen Grund.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang