Eine neuer Katechismus für Litauen

So etwas gab es in Litauen wohl noch nie: Drei recht unterschiedliche evangelische Kirchen legten ein gemeinsames theologisches Lehrdokument vor: die litauische Ausgabe des „New City Catechismus“ (NCC). Im Geist echter Demut und Freundschaft ist ein Zeichen der Hoffnung entstanden.

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So etwas gab es in Litauen wohl noch nie: Drei recht unterschiedliche evangelische Kirchen legten ein gemeinsames theologisches Lehrdokument vor.

Natürlich gab und gibt es Kooperationen zwischen den Kirchen. Hier ist die hiesige Bibelgesellschaft zu nennen, in der Katholiken, Orthodoxe und Evangelische zusammenarbeiten. Im christlichen Radio „XFM“ engagieren sich Christen aus ganz verschiedenen Kirchen. Und es gab kürzere gemeinsame Erklärungen wie zum Jahr der Familie 2014. Weitere Beispiele ließen sich nennen. Aber eine Übereinkunft in zahlreichen Punkten der christlichen Lehre?

Ende Mai ist die litauische Ausgabe des „New City Catechismus“ (NCC) gedruckt worden (hier mehr zum NCC und der litauischen Übersetzung, dem „Naujasis miesto katekizmas“, s. auch Seite 1 des letzten Rundbriefes „Labas“; hier der englische Frage- und Antwortteil als pdf). Ein historisches Ereignis, denn erstmals bekennen sich verschiedene Kirchen Litauens zu solch einer ausführlichen Glaubensgrundlage. Unserer reformierten Kirche fiel dieser Schritt natürlich nicht so schwer, da der NCC vor allem den Inhalt der historischen reformierten Katechismen verarbeit bzw. deren Inhalte neuformuliert. Die charismatische „Wort-des-Glaubens“-Kirche (Tikėjimo žodis) hat dagegen einen langen Weg hinter sich. Vor zwanzig Jahren war man noch Teil der „Glaubensbewegung“ (daher auch der Name), als deren  Vater Kenneth Hagin gilt. Die Kirche war in jeder Hinsicht radikal und zeigte so manche sektiererische Tendenzen. Inzwischen hat man das Elitebewusstsein abgelegt, kooperiert mit anderen Kirchen und nähert sich theologisch den Reformierten an. Noch in diesem Jahr wird die Kirche sogar die litauische Ausgabe des Westminster-Bekenntnisses aus dem Jahr 1647 herausgeben, das wichtigste Lehrdokument der Presbyterianer. Was für ein Wandel!

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Die „City Church“ (Miesto bažnyčia) aus Klaipėda ist eine der wenigen Kirchen, die in den letzten fünfzehn Jahren deutlich gewachsen sind. Unweit des Ölhafens im Norden des Stadt wurde ein recht großes Gemeindezentrum erworben. Die Kirche orientiert sich in mancher Hinsicht an Bill Hybels Willow Creek Community Church. So ist es auch kein Zufall, dass Pastor und Leiter Saulius Karosas in Litauen den Willow Leadership Summit initiierte und seit einigen Jahren gemeinsam mit der LCC International University, ebenfalls in Klaipėda, organisiert (nun jeden Herbst in drei Städten des Landes). Die Kirche hat recht große Ausstrahlungskraft auf andere Gemeinden.

Die beiden jungen Kirchen haben aber erkannt, dass ihnen ein tragfähiges Glaubensfundament fehlt. Da kam der NCC, zusammengestellt von der amerikanischen „Gospel Coaliton“ und Tim Kellers „Redeemer Presbyterian Church“ in New York, gerade recht. Selbstkritisch schreibt Gabrielius Lukošius, Leitender Pastor „Wort-des-Glaubens“-Kirche, in seinem Vorwort zum litauischen NCC, dass früher das Wort Katechismus für sie nach religiöser Stragnation klang; ihnen habe geistliche Reife gefehlt, und sie mussten erst das reiche Erbe der Vergangenheit entdecken. Und die Reformierten Litauens haben gelernt, dass auch der geliebte Heidelberger Katechismus nicht unbedingt das letzte Wort sein muss. Wegen seiner Kürze (52 Fragen und Antworten) und seiner Einfachheit eignet sich der NCC vor allem auch besser zur Evangelisation. Die schöne gedruckte Ausgabe kann man mutig an jedermann weitergeben.

Am 11. Juni trafen sich die Verwantwortlichen der Kirchen zu TV-Aufnahmen im Gemeindezentrum der Vilniuser „Wort-des-Glaubens“-Gemeinde. Es wurde nicht nur frisch gedruckte NCC vorgestellt; allgemein ging es um die Katechismen der Evangelischen und ihre Bedeutung für die Gemeinden heute. Die Sendung wird auf btz.lt im Internet zu sehen sein, wahrscheinlich auch auf LRT2, dem Kulturkanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, ausgestrahlt werden (in der Sendereihe „Kelias“ der Evangelischen).

Die litauische Ausgabe des NCC ist ein echtes Zeichen der Hoffnung: Im Geist echter Demut und Freundschaft können Kirchen, die ganz unterschiedlich geprägt wurden und manches anders sehen, gemeinsam etwas auf die Beine stellen, dass wirklich Substanz hat – damit die eigenen Mitglieder und Menschen außerhalb der Kirchen das Evangelium besser verstehen.

Hier die Innenseiten des Naujasis miesto katekizmas:

KATEKIZMAS_VIDUS

(Bild o., v.l.n.r.: Tomas Šernas, Generalsuperintendent der reformierten Kirche; Holger; G. Lukošius; S. Karosas; Valdas Bačkulis, Verlagsleiter der „Wort-des-Glaubens“-Kirche und Moderator der Sendung)

Zuerst erschienen auf lahayne.lt

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Rießler

Ob es wirklich ein Zeichen von Demut ist, wenn Kirchenfunktionäre eine neue Mitgliederordung aushandeln und die Mitglieder dies einfach so schlucken müssen? Ich gehe mal davon aus, dass es den meisten Mitgliedern egal ist, was gerade geglaubt wird, Hauptsache die Gemeinschaft bleibt intakt und wächst.

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