Eine ernst gemeinte Frage an die Pazifisten

Gewalt ist keine Lösung - so lautet das unverrückbare Credo vieler Menschen in Deutschland, die fernab von Folter und Terror lebend darüber philosophieren, warum jeder Militäreinsatz kompromisslos abzulehnen ist. Dann werden wir also mal konkret.

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Bedingt durch aktuelle Ereignisse habe ich mich an dieser Stelle in den vergangenen Wochen viel mit kriegerischen Konflikten beschäftigt. Ungewöhnlich viele Leser haben dazu geschrieben, mir widersprochen oder zugestimmt - oftmals mit starken Argumenten. Sehr beeindruckt haben mich dabei diejenigen, die für bedingungslose Friedfertigkeit plädieren. Wer würde nicht gern in einer friedvollen Welt leben? Aber, das muss ich hinzufügen: Sie haben mich nicht überzeugt.

Machen wir also heute die Probe aufs Exempel. Im Irak wütet seit Wochen eine islamistische Terrorgruppe namens Isis, deren Kämpfer Al Qaida wie eine Amateurveranstaltung aussehen lassen. Tausende Dschihadisten haben inzwischen große Teile des Irak und Syriens unter Kontrolle. Sie rücken auf Bagdad vor, sie rücken gegen die Kurden vor. Vor allem aber: Sie töten rücksichtslos jeden, der sich ihnen entgegenstellt. Sie töten vornehmlich Christen, was in Deutschland erstaunlich wenige Menschen in Politik und Medien zu interessieren scheint. Sie behandeln Frauen wie Tiere und veranstalten Massenbeschneidungen. Und sie dokumentieren ihren Terror auf Bildern und Filmen fürs Internet. Schreckliche Videos sind da zu sehen mit Leichenbergen, Frauen und Kindern von Kugeln durchsiebt, riesige Blutlachen drumherum. Und ich übertreibe nicht, ich habe es mit eigenen Augen gesehen.

Das sind keine Leute, die über irgendetwas mit irgendwem verhandeln wollen. Isis hat keine Diplomaten und Forderungen. Sie wollen herrschen und töten. Nun kann man sagen: Hätten sich die Vereinigten Staaten im Nahen Osten nicht eingemischt, wäre das alles nicht passiert. Lasse ich mal so stehen, auch wenn ich es nicht so sehe und die Folterkammern und Giftgaseinsätze Saddam Husseins nicht für eine erstrebenswerte Alternative halte.

Aber meine ganz konkrete und ernst gemeinte Frage an die Pazifisten: Wie stoppt man das Morden der Isis ohne Einsatz massiver militärischer Gewalt? Oder was ist die Alternative? Wegschauen? Überlassen wir die nach UN-Angaben derzeit 200 000 Menschen, die auf der Flucht sind, ihrem Schicksal?

Beitrag erschien zuerst auf: rp-online.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Coyote38

Nein, keine "Elfenbeinturm-Keule". Das ist nicht notwendig.

Sie haben gerade selbst geschildert, wie Sie das Problem betrachten: Meine 2-jährige Nichte macht das ähnlich ... sie zieht sich die Bettdecke über den Kopf und glaubt, dass sie nicht gesehen wird, weil sie selbst ja auch nichts sieht.

Und wenn GAR NICHTS hilft, dann haben im Zweifelsfall sowieso die USA Schuld an der Misere.
Es ist immer gut, so etwas als "Eingangsvoraussetzung festzuschreiben" ... das erspart Diskussionen und eigenes Nachdenken ...

Gravatar: Andreas Schneider

Die Aufregung über Nebensächlichkeiten ist eines der heute alltäglich gewordenen Hemmnisse für jede offene Diskussion. Aber wem es Freude bereitet, darauf herum zu reiten...

Nur Ihren letzten Satz können Sie sich schenken. Herr Kelle richtet seine Frage an die Pazifisten.

Bin ich etwa schon Pazifist, nur wenn ich einen sinnbefreiten Waffeneinsatz ablehne?

Gravatar: FDominicus

Ich finde Ihren Vorschlag von allen am Besten. Zu den Kriegssachen kann ich nur sagen: Jeder hat das Recht sich zu verteidigen. Das uns erzählt wird unsere Soldaten verteidigten uns in Afghanistan oder sonstwo 3000 und mehr km von hier entfernt ist eine ganz miese Lüge.

Genau wie der angebliche Kampf gegen den Terror. Der hat solche Gruppen ja erst groß gemacht. Nicht jeder steht eben darauf sich beliebig von wem auch immer ermorden zu lassen.

Gravatar: Christian

Kurz und bündig: man könnte ja auch die Geldgeber bombadieren, dann wäre das Problem schnellstens erledigt. Kein Geld, keine Waffen, keine Munition.

Gravatar: Tom

Sie schreiben (ganz im Einklang mit heutzutage gewohnt korrekten Einsichten): "eine vergleichbare Phase religiös motivierter Gewalt hat auch das Christentum erlebt" - das ist natürlich kompltter Unsinn. Hier die "Hexenverbrennungen des Mittelalters" zu bemühen, das zeigt nur, dass Sie wirklich keine Ahnung vom Mittelalter haben.
Und der 30jährige Krieg war eben vor allem anderen der Kampf um die politische Vorherrschaft in Europa! Hier mag die Parallele schon eher passen: ISIS steht mit Sicherheit auch für bestimmte machtpolitische Ziele. Aber WER dahintersteckt und WER diese Schlächter ausgebildet, trainiert und -last not least- finanziert hat und das bis jetzt tut - darüber erfahren wir kaum etwas in unseren beflissenen Medien. DIese Terroristen stehen jedenfalls nicht für "den" Islam!
Und vor der entscheidenden Frage von Herrn Kelle haben Sie sich natürlich gedrückt: "Wie stoppt man das Morden der Isis ohne Einsatz massiver militärischer Gewalt?"

Gravatar: Main

Das Töten wird nicht verindert werden! Wenn Sie mitmachen wollen kann ich Sie daran nicht hindern, aber beenden werden Sie es aus mehreren Gründen, die sie sich auch selbst denken könnten damit nicht!
Darum ein Nichteingreifen und die eigenen Grenzen wahren! KEIN KRIEG MIT EUROPA! DAS muss verhindert werden!
Hinzu kommt noch, dass wir bei ISIS nicht einfach gegen Fundamentalisten kämpfen würden, sondern gegen die Schachfigur Washingtons im nahen und mittleren Osten...ich hoffe, dass ich Ihnen nichts neues erzähle! Wenn ja, bitte informieren Sie sich bei Gelegenheit, wo diese Gruppierung ISIS ursprünglich her kommt - ist gar nicht schwer!
Und was hülfe es, gegen eine Figur, anstatt den Spieler zu kämpfen??? Bitte sagen SIE mir das!

Und bitte, bitte kommen Sie mir nicht mit der Elfenbeinkeule - das enlarvt Sie nur als uninformiert!

Gravatar: Coyote38

Da liefern Sie aber AUCH nur eine "sehr schöne philosophische Betrachtung aus dem Elfenbeinturm".

Die eigentliche Frage des Autors:
"Aber meine ganz konkrete und ernst gemeinte Frage an die Pazifisten: Wie stoppt man das Morden der Isis ohne Einsatz massiver militärischer Gewalt? Oder was ist die Alternative? Wegschauen? Überlassen wir die nach UN-Angaben derzeit 200 000 Menschen, die auf der Flucht sind, ihrem Schicksal?"
beantworten Sie NICHT !!!

Mir ist klar, dass man sich moralisch sehr überlegen vorkommt - und auch, dass es sich mit einem ("Lichtjahre entfernt" von praktischer politischer Verantwortung natürlich) moralischen "Gefälle" in der Argumentation sehr bequem argumentieren lässt - aber wie sieht denn nun IHR konkreter Lösungsvorschlag für die Situation im Norden des Irak aus? JETZT, in DIESER Minute? WIE verhindern SIE, dass fundamentalistische Islamisten hundertttausende unschuldige Menschen töten?

Ich warte auf Ihre Antwort. "Hätte", "müsste", "könnte" und "sollte" ist übrigens KEINE Antwort.

Gravatar: MicroHirn

Die Frage ist doch wie weit diese blutigen Ereignisse noch von uns entfernt sind.
Wie werden sich die Argumente dann verschieben?

Gravatar: Main

Frieden ensteht nur durch Frieden - und zwar NUR durch Frieden!
Ich stelle mich neben "Andreas Schneider" und "Ballermann6" und sage, wir können nur etwas in der Welt erreichen, wenn wir aufhören Öl in alle Kriegs-Feuer zu gießen (Schmach auf den Ex-Pazifisten Gysi, der ebenfalls immer für der Frieden und die Diplomatie stand (hat er ein Angebot bekommen, das er nicht ablehnen konnte?))!
1. Unsere Waffenexporte müssen sofort aufhören!
2. Unsere Armee (am besten ein eropäisches Bündnis) darf NUR zur Verteidigung der Grenzen eingesetzt werden.
3. Die europäischen Staaten müssen sofort aufhören aussereuropäische Länder auszubeuten.
4. (ab hier fangen konsequenter Weise unsere innereuropäischen Probleme an)

Gravatar: Markus

Herr Schneider,

tip top, Ihr Kommentar (ehrlich gemeint, ganz ohne Ironie!). Wir hier in Mitteleuropa können uns nicht um alles und jeden kümmern, was uns per Massenmedien herangetragen wird. Dazu ist unser Handlungshorizont doch zu sehr begrenzt.

Gravatar: Ballermann 6

Nur gut, Herr Kelle, dass Sie über <a href="http://home.arcor.de/menschundrecht/CIA.pdf" rel="nofollow">Frauen und Kinder</a> geschrieben haben. Fast unverzeihlich allerdings, dass Sie nicht auch über <a href="http://www.freiewelt.net/mediengeschwafel-unschuldige-frauen-nicht-totzukriegen-10039015/" rel="nofollow">unschuldige Frauen und Kinder</a> geschrieben haben.

Und schön, dass wir uns einig darüber sind, dass <a href="http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=111753&amp;page=36&amp;p=14746701&amp;viewfull=1#post14746701" rel="nofollow">Waffen eben einfach nur in den Händen der Richtigen sein müssen.</a>

Gravatar: Andreas Schneider

Wie bereits an anderer Stelle vermerkt: ja, das Treiben der ISIS ist widerwärtig. Religiöser Fanatismus auf die Spitze getrieben.

Nur, mit Verlaub: eine vergleichbare Phase religiös motivierter Gewalt hat auch das Christentum erlebt. Dies allerdings zu einer Zeit, als es noch keine global operierenden Massenmedien gab, als die Menschen überall auf der Welt genug mit sich selbst zu tun hatten. Ist etwa während des 30jährigen Krieges oder bei den Hexenverbrennungen des Mittelalters in Afghanistan, dem Zweistromland, Palästina usw. der Ruf laut geworden, dem Irrsinn in Europa durch militärische Interventionen oder "humanitäre Maßnahmen" entgegen zu wirken?

Nein, (nicht nur) in unserem Kulturkreis hat man sich solange gegenseitig abgeschlachtet, bis sich aus eigenem Antrieb und über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg ein übergreifender Konsens heraus gearbeitet hat, der all dem ein Ende machte (und am Rande, da ich den 30jährigen Krieg erwähnte: ob der auch 30 Jahre lang gewährt hätte, wären die Schweden daheim geblieben?).

Es ist aus unserem Blickwinkel über alle Maßen unbefriedigend, was sich im Irak, in Syrien usw. abspielt. Aber wir wollen nicht vergessen, dass es, solange - ebenfalls aus unserem Blickwinkel - missliebige Despoten herrschten, dies zumindest im Irak noch nicht gab. Erst eine Intervention von Außen hat den Weg zu dem jetzigen Gemetzel geebnet.

Und so abstoßend dies ist, so hilflos wir dem gegenüber stehen: wir werden die dem zugrunde liegenden Probleme nicht lösen können. Dies ist einzig uns allein Sache der Menschen vor Ort. So wie es vor Jahrhunderten auch einzig und allein Sache unserer Vorfahren war, ihre Konflikte beizulegen.

Dass sich der Islam als der modernen Welt nicht angepasste Ideologie mit einem Entwicklungsrückstand von gut 5 Jahrhunderten präsentiert, können noch so viele westliche Armeen nicht wegbomben. Allenfalls würde dies vor Ort als neuer Krieg der Religionen aufgefasst.

Und reicht es nicht schon, dass die heimischen Konflikte mittlerweile als Konsequenz einer restlos verfehlten "Willkommenskultur" auf unseren Straßen ausgetragen werden?

Gravatar: Michaela

Gar nicht und das wissen auch die Pazifisten. Ich habe vor einigen Tagen einen Kommentar einer Grünen gelesen, die hat folgendes geschrieben: "Die arabische Welt befindet sich gerade in einem Transformationsprozess.. " (Anm. vom Leben zum Tod in vielen Fällen) und dann kamen noch weitere lustige Worthülsen aus 23 Semestern Sozialpädagogik. In Summe aber nichts verwertbares und kein Rat zur Tat. So gehen unsere alternativen Eliten mit diesem Problem um. Man redet sich die Welt schön und geht dann wieder gepflegt zum Rotwein über.

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