Eine deutsche Erfindung:

Das Grün-Fernsehen mit Flat-Weltbild

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„Es geht darum, ob das „Zeug“ weiter verkauft werden darf. „Das Zeug“? Was so betitelt wird, ist doch schon in die „Igittigitt“ - Kategorie eingestuft. Das kann ja nichts Gutes sein. Und wer „Zeug“ weiter auf dem Markt lässt, muss ja wohl unverantwortlich handeln. Das Motiv für diese Schurkerei wird auch gleich geliefert: „Es geht um ein saugutes Geschäft.“ Mit solchen Zuordnungen stimmte Eva Maria Lemke in heute+ einen Beitrag über Glyphosat ein. Die junge Frau tritt in der poppig aufgemachten Sendung auf, die „eigentlich“ zur Kategorie „Nachrichten“ gehört und Eva Maria Lemke hat „eigentlich“ die Funktion einer Nachrichtenmoderatorin. Aber davon ist sie oft unendlich weit weg - sie geriert sich als Quotenfängerin für junge Zuschauer und da kommt es auf sauberes journalistisches Handwerk offenbar nicht an. Oder wie sonst kann es zu so einer Meinungsmoderation kommen?

Strammstehen für eine nationale rein biologische Nahrungsmittelproduktion

Die Meinungsschlacht um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist wieder voll entbrannt. Die EU-Kommission muss darüber entscheiden, ob das Mittel in Europa weiter genutzt werden darf, oder ob es als gesundheitsgefährdend eingestuft werden soll. Aber nur wer ziemlich naiv den Wellen der öffentlichen Erregung folgt, angeführt von den Grünen und ihren moralisch überhöhten Kampftruppen von Greenpeace bis zum BUND, glaubt noch daran, dass es hier um ein weltweit eingesetztes Unkrautmittel geht. In Wirklichkeit wird wieder einmal eine Schlacht geschlagen, die den Grünen ermöglicht, ihre Vorstellungen von dem Verhaltungskodex für die Menschheit im allgemeinen und für eine nationale rein biologische Nahrungsmittelproduktion im speziellen durchzusetzen.

Zurück zur heute+ Sendung. Nach der Einstimmung in der Anfangsmoderation übergibt Eva Maria Lemke an die Spezialistin für Glyphosat. Elisabeth Schmidt heißt die junge Dame und sie macht ihre Sache als Grünen-Lobbyistin gut. Sie hat unzweifelhaft schauspielerische Fähigkeiten, verzerrt Ihr Gesicht, wenn sie von diesem Gift redet, dass man die Metastasen der Krebsgeschwüre schon zu spüren glaubt. Die Verbotslobby hat mit Elisabeth Schmidt als Botschafterin für die Rettung der Welt einen guten Griff gemacht.

Jedenfalls ist es ihr gelungen, überzeugender zu wirken als die Weltgesundheitsbehörde WHO und das Bundesamt für Risikobewertung, die nach ihren Untersuchungen zu dem Schluss kamen, dass Glyphosat nicht als wahrscheinlich krebserregend eingestuft werden kann. Deren Studien sind natürlich von den Lobbyisten des Glyphosat-Herstellers „Monsanto“ bestellt, suggeriert Frau Schmidt. Mehrfach tauchte das Firmensymbol dieses amerikanischen Konzerns auf, der- und das ist doch der Gipfel der Verwerflichkeit - vor allem für sein genmanipuliertes Saatgut berüchtigt ist. Elisabeth Schmidt lies es offen, ob ihre Präsentation mehr gegen Glyphosat oder Monsanto gerichtet ist, oder ob da nicht gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden können.

Die Reizwörter kommen so sicher wie das Amen in der Kirche

Da eine Unterabteilung der WHO erst noch vor ein paar Wochen gemeldet hatte, dass Glyphosat wahrscheinlich krebserregend sei, und die WHO als die glaubwürdige Institution überhaupt gepriesen wurde, war es nun wichtig, dieselbe WHO als unglaubwürdig und unfähig umzutexten.

„Haben wir uns wieder einlullen lassen,“ beginnt Elisabeth ihren Vortrag. Und verkündet mit ausdrucksvollem Gesicht: „Es geht um ein Milliardengeschäft. Wir haben uns von Monsanto abhängig gemacht. Monsanto macht mit Glyphosat einen Umsatz von 4,8 Mrd. Dollar“. Mit Gift auch noch Geld verdienen, hört man daraus. Der Gipfel der Verwerflichkeit. Aber dann klärt sie auf: „Es geht um unsere Gesundheit.“

Schaurige Bilder werden gezeigt. Glyphosat tötet alles, außer den Nutzpflanzen und wir steuern auf eine Glyphosat-Monokultur zu. Um das Elend zu unterstreichen wird dabei auch ein Bild gezeigt, dass ein erbärmliches Feld mit den Köpfen hängender Sonnenblumen zeigt. Sehr eindrucksvoll. Da ist ihr halt ein kleiner Fehler unterlaufen. Sonnenblumenfelder werden mit Glyphosat besprüht, damit das Unkraut vernichtet wird und die schöne Symbolpflanze der Grünen umso größere Fruchtblüten hervorbringt. Aber Hauptsache der Eindruck der Vergiftung stimmt.

Wir erfahren, dass das Unkrautvernichtungsmittel seit über 40 Jahren benutzt wird. Aber leider verschweigt der Beitrag, dass bisher nicht ein Fall bekannt ist, wo eine Krebserkrankung mit Glyphosat in Verbindung gebracht wurde. Es gibt nämlich keine Langzeitstudien und keine Kurzzeiterkenntnisse. Deshalb sagt selbst Elisabeth Schmidt: „Es gibt keine verlässlichen Daten“ und zieht die Schlussfolgerung: „Deshalb Finger weg von Glyphosat.“

Perfekte Lobbyarbeit, hervorragend vorgetragen

Ganz mulmig wurde dem Zuschauer sicher, als die Vortragende aufzählte, wo überall Glyphosat gefunden wurde: Im Urin, in der Muttermilch, im Bier, im Brot und auch im Wein.  Und bei soviel verseuchten Körperflüssigkeiten und lebenswichtigen Produkten kann Elisabeth Schmidt sicher sein, dass sie gehört wird, wenn sie schlüssig formuliert. Das Glyphosat-Verbot wäre zwar eine Katastrophe für die Industrie, aber es ist eine Katastrophe für die Umwelt und hier steht „Europas politische Glaubwürdigkeit“ auf dem Spiel.

Harter Tobak, perfekte Lobbyarbeit, hervorragend vorgetragen. Aber dann eine Überraschung: kurz vor Ende der Sendung wird eingeblendet: Elisabeth Schmidt, ZDF-Reporterin. Eine Lobbyistin darf einen solchen einseitigen Vortrag halten, wenn klar ist, wer da spricht. Dieses recherchenfreie Machwerk aber als journalistische Arbeit vorzuführen ist übel. Aber wenn es um die „Grüne Weltrettung“ durch Klimaschutz und grüne Panikmache geht, ist das ZDF schon lange bereit Propaganda statt journalistischer Beiträge zu senden. (So werden jedes Mal, wenn es um CO2-Austoss Wasserdampfwolken gezeigt.)

Vielleicht sollte das Thema lieber in einer der vielen Satiresendungen behandelt werden. Bei der Verteufelung von Glyphosat haben sich die Verbotsanhänger erheiternde Geschichten einfallen lassen. So hat die Grünen-Fraktion im Bundestag aus ihrem Bekanntenkreis 16 stillende Mütter aufgetrieben und deren Muttermilch auf Glyphosat untersuchen lassen. Tatsächlich haben sich Spuren gefunden.  Die würden ja sogar oberhalb der Grenzwerte für Trinkwasser überschreiten, war die alarmistische Erkenntnis. In einer Debatte über das Glyphosat-Verbot im hessischen Landtag rechnete der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders vor:

Der Horror zwischen Bier und Muttermilch

Um den Grenzwert für das deutsche Trinkwasser zu erreichen, müsste ein 4kg schwerer Säugling jeden Tag 2.778 Liter Muttermilch saugen. Wenn die Grenzwerte der WHO angewendet werden, müsste der Säugling sogar 9.260 Liter Muttermilch trinken. Soviel Milch zu produzieren schafft ja kaum eine Hochleistungskuh. Trotzdem wird das Grüne Muttermilchprojekt immer noch als ernsthafte Studie vorgetragen.

Sehr empfindlich sind die Deutschen auch, wenn es um ihr Bier geht, wenn in diesem Volksgebräu mehr als Wasser, Hopfen und Gerste zu finden ist. Deshalb fehlt nie der Hinweis: Auch im Bier ist Glyphosat. Aber daran zu erkranken oder gar zu sterben, ist unmöglich, denn der Grenzwert wird überschritten, wenn man rund 1000 Liter am Tag trinkt. Der Tod dürfte aus anderen Gründen dann vorher eintreten. Studien über Tod im Bier durch Glyphosat-Krebs kann somit auch nicht untersucht werden. Wer den Test probiert wird vor dem Versuchsende schon dahin gerafft.

Die Debatte im hessischen Landtag war insofern aufschlussreich, weil sie zeigte, wie die Grünen in Zusammenarbeit mit ihren NGOs es schaffen die Debatte zu beherrschen.  Als die Umweltministerin Priska Hinz mit fundamentalem Eifer in Hessen die Anwendung von Glyphosat im öffentlichen Raum untersagte, das sind Parkanlagen, Spielplätze, Friedhöfe etc. wetteiferten nicht nur die Oppositionellen von SPD und Linken darum, wer das Verbot zuerst gefordert habe und dass die Grünen nicht konsequent genug handeln würden, sondern auch die CDU klatsche kräftig Beifall, wenn der grüne Koalitionspartner seine Umbaupläne für Deutschland vorstellte.

Während die Grünen genau wissen, was sie wollen, schwankt die CDU zwischen ihrer grünen Vortänzerin Angela Merkel und der Anpassung an ihre jeweiligen Koalitionspartner. Nur die FDP in Hessen machte auf die ideologischen Verrenkungen aufmerksam, die mit dem Glyphosat-Verbot verbunden sind. Bleibt jetzt abzuwarten, wie sich die FDP in Rheinland-Pfalz verhält, wo Wirtschaftsminister Volker Wissing für die traditionelle Landwirtschaft zuständig ist, die sich eindeutig für das effiziente Unkrautvernichtungsmittel ausspricht, Umweltministerin Ulrike Höfken, die auch für die Ernährung und die Bio-Landwirtschaft verantwortlich ist, aber klar für das Verbot.

Sigmar Gabriel ist die Stadt-Schickeria näher als die Bauern

Wirtschaftsminister  Sigmar Gabriel war erst gegen ein Verbot, jetzt ist er für ein Verbot durch die EU-Kommission. Er hat der Schickeria SPD in den Städten nachgegeben, die in ihren Biotopen rund um die Universitäten und gehobenen Staatsangestellten mit den Grünen verwandt sind und nimmt dafür in Kauf, dass ohne Glyphosat die Lebensmittelpreise um etwa vier Prozent steigen. Dann wundert er sich wieder, dass seiner Partei die „kleinen“ Leute weglaufen.

Es gibt keine halbwegs ernstzunehmende Studie, die Glyphosat als krebserregend bezeichnet. Die Witznummer der 16 stillenden Mütter aus dem Umfeld der Grünen Abgeordneten ( Bärbel Höhn: man habe „mal die eigenen Adressbücher durchforstet und nach Schwangeren gesucht“) überhaupt zu erwähnen, ist schon eine Zumutung. Aber es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Hersteller von Glyphosat, dem US-Konzern Monsanto, und dessen weltweiten Erfolg  bei der Erforschung und dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Es ist Monsanto gelungen, Pflanzen zu entwickeln, die Glyphosat resistent sind, also sich prächtig entwickeln. Dies führt dazu, dass in allen Erdteilen außer Europa die Gentechnik auf dem Vormarsch ist. Wie sehr, zeigt das Angebot des deutschen Chemieriesen Bayer, Monsanto für 53 Milliarden Euro zu kaufen.

Doch zurück zu der Lobbysendung im ZDF für das Verbot des Unkrautvernichtungsmittels. Wer dieses Machwerk gesehen hat, wird bei jeder Umfrage für ein Verbot stimmen. Dann ist für die Parteien der Beweis geliefert, dass sie sich besser auf die Seite der biologischen Weltretter schlagen. Die Politik entfernt sich dadurch immer weiter von der Realität.

Es gibt Interessen millionenschwerer Wirtschaftsunternehmen - aber auf beiden Seiten

Die Gutmenschen-Grünen und der von ihnen gestützten NGO´s aber können sich auf hohe Zustimmungsraten berufen und verdecken so, dass sie längst selbst zu millionenschweren Wirtschaftsunternehmen herangewachsen sind, während sie gleichzeitig schon im Sonnenbrand ihres eigenen eingebildeten Heiligenscheines erblinden.

Es geht nicht um Glyphosat, es geht um die Auswirkungen der „beinahe religiösen Überhöhung der Grünen und einiger NGO´s, die sich als Gralshüter eines überparteilichen Wohls“ aufspielen, wie dies der mehrfach ausgezeichnete Kommunikationsexperte Hasso Mansfeld beschrieben hat. Und es geht darum, wie solche Propagandasendungen wie in heute+ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von den eigenen Redaktionen nicht mehr als Journalismus getarnt, gesendet werden können.  

PS:

Vor etwa vier Wochen las ich im Londoner „Telegraph“ eine Meldung, die mich im ersten Moment ziemlich aufregte. Die Einstellungskriterien der BBC sollen reformiert werden, stand da. Eine Untersuchung habe festgestellt, dass fast alle Mitarbeiter der BBC aus gutbürgerlichen bis gehobenen Kreisen der britischen Gesellschaft kommen und sich dies im Programm wiederspiegelt. In Zukunft soll eine Quote bei Einstellungen eingeführt werden, damit auch Menschen aus den unteren Gesellschafts- und Einkommensschichten berücksichtigt werden müssen. Noch eine Quote, dachte ich.

Nach der heute+ Werbesendung habe ich über die Moderatoren und Reporter bei ZDF und ARD nachgedacht. Viele Namen der jungen Präsentatoren kenne ich, weil ich noch mit ihren Vätern zusammengearbeitet habe. Und viele Meinungsmacher und Moderatoren zeigen, dass sie einen ähnlichen Hintergrund haben, wie das Personal bei der BBC. Das ist auch das Milieu der saturierten Bildungsbürgerschicht, die den angesagten Bioreservaten deutscher Städte sehr nahe stehen. Vielleicht sollten wir doch noch über eine Quote wie in England nachdenken. 

Beitrag zuerst erschienen auf achgut.com

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: R. Avis

@ Der Untertan: grün ist die Farbe des Propheten, Sie Blitzmerker! Alles was zum Selberdenken zu doof ist und von dem leben will, was andere aufgebaut haben, schwenkt die grüne Flagge!

Gravatar: Diederich Heßling

Früher galt das Sprichwort: "Grün ist die Hoffnung!"

Heute hat sich das ins Gegenteil verkehrt:

Grün ist das Schimpfwort unseres Jahrhunderts !!!

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