Die Tücken einer EU-Bankenunion

Es mehren sich die Stimmen, die eine europäische „Bankenunion“ fordern. Die Länder, die vergleichsweise gut gewirtschaftet haben, sollen für die Banken der Länder aufkommen, die schlecht gewirtschaftet haben.

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Die Anreizwirkungen eines solchen Arrangements sind fatal. Der Hilfsbereitschaft müssen deshalb enge Grenzen gesetzt sein. Deutschland kann und darf sich nicht für alle maroden Banken Europas oder des Eurogebiets verbürgen. Es ist sinnvoll, die Hilfe auf diejenigen Länder zu beschränken, die sich nicht mehr selbst helfen können, weil sie zahlungsunfähig sind. Ein Staat ist zahlungsunfähig, wenn er seinen Schuldendienst nicht mehr leisten kann. Er ist nicht schon deshalb zahlungsunfähig, weil er am Kapitalmarkt erhebliche Risikoprämien zahlen muss.

 

Griechenland ist bankrott. Es hat die Hälfte seiner Schulden gestrichen. Es erhält von der EFSF einen Kredit, um seine Banken zu rekapitalisieren, die als Folge der Staatsschuldenkrise vor dem Konkurs stehen.

Spanien, Irland und Zypern sind nicht bankrott. Zwar müssen sie am Markt deutlich höhere Zinsen als die Bundesrepublik zahlen. Auf Dauer können sie das vielleicht nicht durchhalten. Aber das ist auch gar nicht nötig. Die hohen Risikoprämien sind ja gerade das Mittel, um diese Regierungen zu einer durchgreifenden Sanierung zu bewegen. Danach gehen die Risikoprämien wieder zurück.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Bailout-Fonds immer stärker in Anspruch genommen werden. Erstens werden die Kredite den Regierungen der Krisenländer regelrecht aufgedrängt. Eine hohe Auslastung soll die Notwendigkeit der Fonds beweisen und den Forderungen nach weiteren Aufstockungen Nachdruck verleihen. Zweitens könnten die Politiker dieser Länder es ihren Bürgern nicht erklären, wenn sie weiter am Markt hohe Zinsen zahlen würden, obwohl es doch bei der EFSF billige Kredite gibt. Drittens können sie auf diese Weise das Ausland zum Sündenbock für die nun zu ergreifenden unpopulären Maßnahmen machen. Dass ihnen dies gelungen ist, zeigen die Meinungsumfragen in Griechenland.

Um die Finanzmärkte zu beruhigen und zu stabilisieren, ist es völlig ausreichend, wenn die EU oder die Euro-Staaten ihre Bankenhilfe auf die insolventen Mitgliedstaaten beschränken. Die zahlungsfähigen Mitgliedstaaten können ihre Banken selbst stützen.

Folgt aus der gemeinschaftlichen Hilfe für die Banken insolventer Mitgliedstaaten – wie zum Beispiel Griechenland –, dass nun auch die Bankenaufsicht – noch stärker – auf europäischer Ebene zentralisiert werden muss? Die Probleme der griechischen Banken beruhen nicht auf einem Versagen der griechischen Bankenaufsicht, sondern auf der hemmungslosen Verschuldungspolitik des griechischen Staates. Die Banken sind auch nicht für die Überschuldung des griechischen Staates verantwortlich, denn sie brauchten während der Finanzmarktkrise nicht von ihm gestützt zu werden.

Zur spanischen Bankenkrise ist es gekommen, weil die lokalen Immobilienpreise abgestürzt sind – ein Fall für die lokale Bankenaufsicht, nicht für die 27 Ratsmitglieder der Europäischen Bankenaufsicht in London. Die irischen Banken wurden Opfer der internationalen Finanzmarktkrise, die von der Wall Street ausging. Aber keine Bankenaufsichtsbehörde und keine internationale Organisation hat diese Krise vorhergesehen. Der Internationale Währungsfonds zum Beispiel schrieb noch im April 2008, dass den USA „eine milde Rezession“ bevorstehe. Weder der EU-Binnenmarkt-Kommissar noch andere Mitglieder der Europäischen Kommission oder anderer EU-Institutionen haben vor der herannahenden Krise gewarnt. Die Krise war das Ergebnis einer Finanzmarktinnovation – der Verbriefung und Tranchierung von Hypothekenforderungen –, die sich als Fehlschlag erwies. Sie beruhte im Kern auf einem Irrtum, nicht falschen Anreizen. Wo mangelnde Voraussicht das Problem ist, sind Wettbewerb und Diversifikation gefragt. Auch die Regulierung der Banken erfordert eine Vielfalt der Experimente, aus denen man lernen kann – nicht die Vereinheitlichung, das Großexperiment.

In der Europäischen Union kommt hinzu, dass sowohl der Ministerrat als auch der Rat der Europäischen Bankenaufsicht mit qualifizierter Mehrheit entscheiden. Das führt dazu, dass die Mehrheit der hochregulierten Staaten der Minderheit ihr hohes Regulierungsniveau aufzwingt, um ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die über fünfzig Arbeitsmarktregulierungen, die die Europäische Union seit dem Vertrag von Maastricht eingeführt hat, folgten weitgehend diesem Muster. In der Politischen Ökonomie wird es als „die Strategie, die Kosten der Konkurrenten in die Höhe zu treiben“ bezeichnet. Ganz gleich, ob es um den Arbeitsmarkt oder die Banken geht, eine optimale Regulierung kann auf diese Weise nicht zustande kommen. Die einstimmigen Empfehlungen des Basler Ausschusses leiden nicht an diesem Konstruktionsfehler.

Aus der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise werden die falschen Lehren gezogen.

Beitrag erschien zuerst auf wirtschaftlichefreiheit.de

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