Die Milliardäre kommen

Im demokratischen EU-Europa folgen alle Wahlergebnisse dem gleichen, ganz normalen Schema: Die Bäume der Regierenden wachsen nicht in den Himmel. Und das ist gut so.

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In der Slowakei und in Frankreich wird die Linke gedemütigt. In bayrischen Rathäusern bläst der CSU der Wind nach ihren großen Erfolgen ins Gesicht. Und in der Türkei kann Premier Erdogan massiv punkten. Welche Gemeinsamkeiten haben diese auf den ersten Blick ganz unterschiedlich scheinenden Wahlergebnisse?

Die erste Erkenntnis zeigt eine ganz starke Trennlinie. Die Wahlen in sämtlichen EU-Ländern waren zweifellos demokratisch. In der Türkei waren sie das ebenso eindeutig nicht. Denn nur politisch Ahnungslose meinen, dass man an den Vorgängen in Wahllokalen den Demokratiegehalt einer Wahl abmessen könnte.

Das schon vor der Wahl erfolgte Verbot von Twitter und Youtube zeigt ebenso wie Verhaftungen und willkürliche Strafversetzungen von Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, die Regierungskorruption auf der Spur waren, und der Druck auf regierungskritische Medien, dass die Türkei einen undemokratischen, einen sunnitischen Weg geht. Das Land ist – wie etwa auch unter Atatürk – auf einen starken Führer hin orientiert. Mit Rechtsstaat und Demokratie haben die Türken heute offensichtlich weniger im Sinn als noch vor der Jahrtausendwende.

Diese Erdogan-Türkei ist nicht unsere Welt. Das kann sie nicht sein, selbst wenn sie wirtschaftlich erfolgreich wäre.

Zweifellos hat das Land eine starke, tolle, eindrucksvolle, europäische Elite. In einer solchen ist es auch ganz normal, dass es sowohl sozialdemokratische wie auch liberale wie auch national wie auch laizistisch denkende Menschen gibt. Diese demokratische Vielfalt hat freilich einen Nachteil: Die europäisch gesinnten Menschen sind sich oft nur in der Verneinung zum Machthaber einig.

Aber Faktum ist: Sowohl der regierende Machthaber Erdogan in seinem religiösen Nationalismus wie auch die Mehrheit der nach Österreich gekommenen Türken gehören nicht zu dieser europäischen Vielfalt, sondern zur Dritten Welt, zu einem noch immer mittelalterlich denkenden Islam. Das sollte man endlich zur Kenntnis nehmen – selbst wenn Herr Erdogan nicht so intensiv an eine Invasion in Syrien denken würde, wie er das offenbar tut.

Im demokratischen EU-Europa folgen alle Wahlergebnisse hingegen dem gleichen, ganz normalen Schema: Die Bäume der Regierenden wachsen nicht in den Himmel. Und das ist gut so. So ist es beispielsweise durchaus verständlich, dass bayrische Stadtbewohner nicht auch noch im Rathaus der gleichen Partei vertrauen wollen, die sowohl im Land wie in Berlin regiert.

Dieses Ergebnis aus einigen bayrischen Großstädten kann aber sicher nicht als Absage an Angela Merkel gewertet werden. Liegen doch CDU/CSU bei Umfragen noch deutlicher voran als bei der letzten Bundestagswahl.

In Frankreich, dem zweiten Land, wo am Sonntag gewählt worden ist, ist das Wahlergebnis viel klarer. Und es entspricht auch ganz den dortigen Umfragen: Frankreichs Sozialisten sind extrem unpopulär geworden. In Frankreich tobt ein heftiger Gegenwind für den unentschlossenen und schwachen Präsidenten Francois Hollande. Davon konnten die Gaullisten massiv profitieren. Und ebenso – in den wenigen Gemeinden, wo sie angetreten sind, – die Le-Pen-Anhänger.

Die Linke ist ratlos. Jetzt wächst der Druck der Basis, erst recht wieder zu den sozialistischen Ideen einer verstärkten Schuldenmacherei zurückzukehren, von denen Hollande bisher ohnedies nur verbal Abstand genommen hat. Genau diese Ideen haben aber das Land in die schwere gegenwärtige Krise gestürzt. Daher können linke Ideen auch Frankreich mit Sicherheit nicht aus seiner Krise befreien.

Personelle Änderungen, die nun zweifellos bevorstehen, ändern absolut nichts am Grunddilemma der Linken: Einzig Rezepte einer kräftigen liberalen Wirtschaftsreform würden das Land sanieren. Sie wirken aber nur langfristig, und würden kurzfristig mit Sicherheit den Zorn der Wähler noch viel mehr vergrößern. Ohne den Widerstand von Demonstranten zu ertragen, kann Frankreich nicht saniert werden.

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