Die Kultur des Todes in unseren Hinterzimmern

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Gilbert K. Chesterton. Eugenik und andere Übel. Suhrkamp: Berlin, 2014.

Warum auch aus dem warmen Bett steigen?

Was geht mich die Welt an, solange ich im warmen Bett liegen kann? Solange ich morgens mit dem Handy die Klimaanlage eine Viertelstunde vor Besteigen des Wagens anschalte? Solange ich gepressten Fruchtsaft zum Frühstück trinke? Solange ich meine neue Wohnungseinrichtung ordern und den Urlaub in Florida über Weihnachten nehmen kann? Ungemütlich wird es dann, wenn ich morgens mit den öffentlichen Verkehrsmitteln im Bus stecken bleibe und die Luft dick wird (auch im übertragenen Sinn); wenn die Partnerin mit mir unzufrieden ist; wenn das Konto Mitte Monat geleert ist. Dies ist, etwas karikiert, die Situation von uns Westeuropäern Anfang des 21. Jahrhunderts. Klar, wenn in unserer Stadt ein Amoklauf geschieht (wie in München), wenn ein Anschlag verübt wird (wie in Nizza), wenn unser Haus abgerissen wird (wie in meiner Heimatstadt Zürich, wo manch vergleichsweise günstiger Wohnraum Neubauten weichen muss), dann steht das Unglück plötzlich vor die Haustüre. Sogar dann, wenn im fernen Amerika ein Weiberheld und Donnermann das Präsidentenamt ergreift, ja dann geht man verbal auf die Barrikaden. Doch es gibt etwas, das uns weit mehr schrecken sollte. Etwas, was wir heute schulterzuckend schlucken.

Die Kultur des Todes in unseren Hinterzimmern

Es geht um die Kultur des Todes, um die Worte des letzten Papstes zu gebrauchen. Gilbert K. Chesterton, britischer Literat mit scharfem Mundwerk und noch schärferer Feder, schrieb vor ziemlich genau 100 Jahren (1913) das Buch Eugenik und andere Übel. Da dieses Wort heute nicht mehr im Wortschatz des Durchschnittsbürgers auftaucht, sei es kurz erklärt. Es geht darum, die Weitervererbung von Genen zu steuern. Das heisst, Menschen mit ungünstigen Eigenschaften, sollten „aus dem Verkehr gezogen“ werden. Es ging also darum „Kranke“ von den Gesunden zu trennen und „unschädlich“ zu machen. Wir mögen den Kopf schütteln über solch mechanistisches Denken. Doch wenn wir uns daran erinnern, dass die Rassenideologen des 20. Jahrhunderts nur wenige Jahrzehnte nach der Niederschrift Chestertons diesen Gedanken im Kollektiv verwirklichten und eine der grössten Schlächtereien der Menschheit hervorbrachten, müsste uns dies stutzig machen. Auch hier könnten wir einwenden, dass dies doch schon Jahrzehnte zurückliege. Doch die Kultur des Todes meldet sich in unseren Hinterzimmern zurück: Mit der vorgeburtlichen Selektion und der Abtreibung von Kindern mit genetisch „ungünstigen“ Dispositionen sowie der zunehmenden Offenheit gegenüber dem freiwilligen Ausstieg aus dem Leben. Aber eben, solange wir unseren Fruchtsaft haben… Chesterton rüttelt auf, wenn er mit den Worten beginnt:

Aufschreien, bevor man geschlagen wird

„Aufzuschreien, bevor man geschlagen wird, ist die vernünftigste Sache der Welt. Es hilft nichts, aufzuschreien, nachdem man geschlagen wurde; besonders, wenn es ein tödlicher Schlag ist.“ Dass die Tatsache der Massentötung beschönigend „Eugenik“ genannt wurde, sei auf lauter Bequemlichkeit zurückzuführen. "Dass man sie vernichten sollte“ (man beachte das Wortspiel), „will ich auf den folgenden Seiten beweisen.“ Dabei unterscheidet Chesterton zwischen der dahinter liegenden Moral und der gesellschaftlichen Umsetzung mittels Gesetzgebung und Planung. Das Thema ist keine Verhandlungssache: „Die Eugenik an sich ist, ob sie in keinem oder grossem Massstab, demnächst oder später, aus wohlmeinenden Motiven oder aus böswilligen, an tausend Menschen oder an dreien erprobt wird, die Eugenik an sich ist etwas, über das sich ebensowenig verhandeln lässt wie über einen Giftanschlag.“

Der Einbruch beginnt im Denken

Der Einbruch beginnt im Denken. Wir müssten zu spüren lernen, „dass die Heirat mit einem Kranken eine Art Kindesmisshandlung ist.“ Übersetzt ins 21. Jahrhundert: Wir müssen lernen, den Willen und die Freiheit einer Mutter zu respektieren. Es sei schliesslich ihr Bauch und ihr Leben. Wir müssen auch lernen, den Plan eines Sterbewilligen zu akzeptieren. Es sei sein Leben und sein Sterben. Sei er mit sich in Übereinstimmung, müssten wir ihn von dieser Welt gehen lassen. Folgerichtig müsste man, so Chesterton, doch auch „Männern Denkmäler errichten, die ihre Geliebten wegen eines körperlichen Makels verlassen; … wenn die Geliebte vom Fahrrad fällt, nobel auf die Heirat mit ihr verzichten“.

Faule Einwände

Zuerst sind einige Einwände näher zu betrachten. Die Gruppierungen, die Chesterton beschreibt, lassen sich noch heute finden. Die Euphemiker beschönigen Dinge, indem sie sich von langen Sätzen einlullen lassen. Die Spitzfindigen sagen über die Eugenik: „Immerhin, wenn es uns gelingt zu verhindern, dass ein Schuljunge eine geisteskranke alte Negerin mit Buckel heiratet, sind wir echte Eugeniker.“ (Dies müsste heute umgeschrieben werden: „Wenn es uns gelingt, dass eine begabte junge Secondo einen übergewichtigen reichen weissen Rentner mit Buckel heiratet…“). Die gedankenlosen Idealisten versichern bei jeder Reform, dass alles problemlos laufen würde. Die abstrakten Tugendethiker bemühen sich das Gegenteil zu behaupten: „Weit entfernt davon, Versklavung zu bezwecken, streben die Eugeniker nach wahrer Freiheit…“ Die labilen Übereifrigen sprechen von einem „aufrichtigen Versuch“, ein grosses Übel anzugehen.

Tür und Tor dem Missbrauch geöffnet

Ein ganz wichtiges Argument entfaltet Chesterton schon zu Beginn: Der Willkür und dem Missbrauch wird durch die Veränderung von Gesetzen Tür und Tor geöffnet. „Es geht bei dieser Verordnung ganz einfach und unverstellt darum, Menschen wie Geisteskranke einzusperren, die kein Arzt für geisteskrank zu erklären bereit wäre.  Es genügt, wenn ein Arzt bereit ist, sie für schwachsinnig zu erklären.“ „Jeder düster dreinblickende Vagabund, jeder wortkarge Arbeiter, jeder verschrobene Provinzler lässt sich damit mühelos in Einrichtungen einweisen, die für gemeingefährliche Irre errichtet wurden.“ „Es ist die Idee, dass irgend jemand oder irgend etwas Menschen genau so von einem höheren Standpunkt aus beurteilen kann und soll, wie dies Menschen gegenüber Geisteskranken tun.“ Der Arzt springt in diese Lücke. Doch halt! „Wir räumen ihm nicht das Recht ein, uns den Tod zu verschreiben, weil uns das von allen menschlichen Übeln heilte.“ Die Eugeniker könnten jedoch nicht sagen, „wer hier wen beaufsichtigen soll“. Sie vermögen nicht zu sagen, „wer oder was ihnen die Autorität verleiht, diese Dinge zu tun.“ Es geht also um die Frage der Autorität. Aus christlicher Weltsicht ist die Antwort klar: Jede Autorität ist von Gott verliehen, muss sich also seinen Gesetzen unterordnen. Es ist nach Chesterton „so klar wie Klossbrühe, dass man keinem Wissenschaftler erlauben darf, an der allgemein bekannten Definition des Wahnsinns herumzudoktern.“ Eigentlich läuft es sonst darauf hinaus, dass man jeden, der gesund ist, „so behandelt, als ob er krank wäre“.

Die Anarchie von oben

Diese Willkür wird durch die staatliche Sanktionierung zur Doktrin eines angeblich „neutralen“ Staates. Keine staatliche Verordnung ist jedoch frei von einer dahinter liegenden Weltsicht. Im Gegenteil: Sie wird zum aktiven Transporteur. Chesterton bezeichnete die Bemühungen zur staatlichen Eugenik-Gesetzgebungen als „Anarchie von oben“. Denn: „Eine Regierung kann ebenso gut in Anarchie verfallen wie ein Volk.“ Und: „Es ist keine Anarchie, wenn die Leute anfangen, aufrührerische, ausschweifende, experimentelle oder riskante Dinge zu tun. Es ist Anarchie, wenn sie mit diesen Dingen nicht mehr aufhören können.“ „Die moderne Welt ist nicht deshalb verrückt, weil sie das Abnormale zulässt, sondern weil sie die Normalität nicht wiederherstellt.“ Das wirkt sich konkret auf die Straftatbestände aus, die in der Definition immer unbestimmter werden. Armut, so exemplarisch von Chesterton vorgeführt, wird zur Kindsmisshandlung. Und wer nimmt in der Realität die Definition vor? „Es sind Staatsbeamte – Vertreter der herrschenden Klasse -, die Nachlässigkeit nicht von Misshandlung unterscheiden können.“ Weil darum die Anzahl der Einzusperrenden anstieg, mussten die Mauern der Irrenhäuser erweitert werden. Das Element der „Inhaftierung auf unbestimmte Zeit, das uns neuerdings als hochgradig wissenschaftlich und human gepriesen wird“, sei von „Wilden, Grosswesiren, Räuberbaronen und Brigantenführern“ schon immer angewandt worden.

Eine zweifelhafte Definition von Glück

Dazu kommt das Argument der Vorhersehbarkeit: „Die Gesundheit oder Krankheit eines Schwindsüchtigen mag eine klare und kalkulierbare Sache sein. Das Glück oder Unglück eines Schwindsüchtigen ist eine ganz andere Sache und überhaupt nicht kalkulierbar.“ Wer bestimmt, was gutes Leben ist? Wer definiert, worin Glück besteht? So meint Chesterton, dass er keine Familie kenne, die durch einen „Schwachsinnigen“ in grosses Elend geführt worden sei, aber gleich mehrere, die durch den Jähzorn und die Trunksucht des Mannes in Elend gesunken sei. Es wäre aber keinem eingefallen, den betreffenden Mann vorsorglich einzusperren. Emotionale Tyrannei über wenige Familien sei immer noch besser, „als wenn medizinische Tyrannei den ganzen Staat in ein Irrenhaus verwandelt.“ Überhaupt habe die Definition von Glück eine sehr pragmatistische Klangfarbe angenommen. Das rühre vom materialistischen Weltbild her, die den Menschen mit unbelebten Dingen auf eine Stufe stellt. „Als ob ein Mann und eine Frau Gebilde aus Holz wären, die in einer bestimmten Position und in einem bestimmten Winkel zueinander stehen wie ein Tisch und ein Stuhl.“

Der Vorwand der Wissenschaftlichkeit

Immer wieder wird in ethischen Diskussionen versucht, auf ein Neutrum von „Wissenschaftlichkeit“ zu verweisen. Aber: „Es ist sinnlos, mit exakten Zahlen zu hantieren, wenn sich die exakten Zahlen auf einen vagen Begriff beziehen.“ Auf was beziehen sich Zahlen, Statistiken? Was wird beobachtet? Was geschieht mit abweichenden Ergebnissen? „Sie haben alles erforscht bis auf die Frage, was sie da eigentlich erforschen.“ Das materialistische Denken von der Sache auf den dahinter liegenden Zweck zu übertragen, birgt gefährliche Konsequenzen. Im Falle der Eugenik kann kein Mensch aufgrund der ungeheuren Komplexität der Genetik zuverlässige Vorhersagen tätigen. Doch stattdessen argumentiere man: Knapp daneben ist auch im Ziel. Wer ehrlich sei, müsse die Vorläufigkeit der Ergebnisse eingestehen. „Aufgrund des beschriebenen Kenntnisstands werden wir aufgefordert, die universelle Moral der Menschheit abzuschaffen.“ Auf dieselbe Weise lässt sich über das potenzielle Leben eines ungeborenen Menschen oder eines verzweifelten Kranken argumentieren!

Die Tyrannei der Wissenschaft

Nicht die Kirche sei zu fürchten, sondern die Wissenschaft. Sie versuche permanent den Staat zu instrumentalisieren. „Die Institution, die tatsächlich versucht, andere mit Hilfe des Staates zu tyrannisieren, ist die Wissenschaft. Die Institution, die den säkularen Arm tatsächlich bemüht, ist die Wissenschaft. Und das Bekenntnis, das tatsächlich Abgaben einfordert und in die Schulen vordringt, das Bekenntnis, das tatsächlich mit Zwangsgeldern und Gefängnis durchgesetzt wird, das nicht per Predigt, sondern per Vorschrift verkündet und nicht von Pilgern, sondern von Polizisten verbreitet wird – dieses Bekenntnis ist das große, aber umstrittene Denksystem, an dessen Anfang die Evolution und an dessen Ende die Eugenik steht. Tatsächlich ist der Materialismus unsere Staatsreligion; denn dessen Häretiker werden tatsächlich von Staats wegen verfolgt. … Wenn der Begriff der Durchsetzung einer weithin umstrittenen, einem endgültigen Beweis nicht zugänglichen Theorie mit Hilfe der Staatsgewalt bezeichnet – dann sind heute nicht unsere Priester, sondern unsere Ärzte Inquisitoren. Dass sie Dogmen solcher Art durchzusetzen vermag, macht eine Staatskirche aus – in einem älteren und umfassenderen Sinn, als man ihn heute irgendeiner religiösen Glaubensgemeinschaft anheften könnte.“ Hinter vielen Postulaten, die im Gewand der „letzten Forschung“ daherkommen, stecken deshalb handfeste Interessen. Chesterton: „Es steckt keine Vernunft in der Eugenik, aber es stecken handfeste Interessen dahinter.“

Die Über-Macht der Spezialisten

Letztlich verleiht man einigen wenigen Menschen die Macht, einen „konsistenten visionären Plan zur Errichtung einer gesunden Nation“ zu entwickeln. Wer aber sind diese Spezialisten? „Wie das Wissen eines Anwalts in bezug auf Spazierwege Grenzen hat, hat auch das Wissen eines Arztes Grenzen.“ „Gesundheit ist schlicht Natur, und kein Naturwissenschaftler sollte so verwegen sein, sich darauf zu verstehen zu wollen.“ Was ist denn der Boden der gesamten Debatte? Hier kommen wir zur kritischen Quintessenz: „Im Hinblick auf die fundamentalen Menschenrechte kann nichts über dem Menschen stehen, abgesehen von Gott.“ Und was dieser Schöpfer gebietet, hat er allen Menschen eingepflanzt. Er kann sein Empfinden zwar betäuben, Gottes Gesetz jedoch letztlich nie ausweichen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Friedrich

@Candide:

Warum sollte es auf Monokulturen hinauslaufen? Durch Enhancement könnte die Vielfalt sogar zunehmen, da wir langfristig die Möglichkeit haben werden, neue Varianten hervorzubringen.

Und haben Sie wirklich den Eindruck, dass gesunde, intelligente, schöne Menschen sich dermaßen ähneln, dass wir Krankheit, Dummheit und Hässlichkeit brauchen, damit es nicht langweilig wird? Können sich nicht auch wohlgeratene Menschen auf unzählige Weisen unterscheiden?

"Seltene und tragische Krankheiten sind schlimme Einzelschicksale, eben am Rand des Spektrums des "Normalen". "

Wer davon betroffen ist, hat nichts davon, dass er eine Ausnahme ist. Wobei erbliche Defekte gar nicht mal selten sind. Jedes 20. Kind kommt mit einem genetischen Defekt zur Welt.

Die Frage ist: Warum sollen wir Krankheiten in Kauf nehmen, deren Weitergabe sich mühelos vermeiden lässt? Warum sollte für Erbkrankheiten etwas anderes gelten als für Infektionskrankheiten wie HIV?

"Wollen Sie im Ernst daran gehen, den flachen Teil der Gauss'schen Verteilungskurve einfach abzuschneiden?"

Ich sehe jedenfalls kein Argument für einen genetischen Fatalismus. Wenn die Gene einen so großen Einfluss auf das Wohlergehen haben, warum sollten wir sie dem blinden Zufall überlassen, obwohl wir wissen, wie viele Menschen dadurch zu einem tristen oder qualvollen Leben verurteilt werden?

Gravatar: Freigeist

Die Gen-Techniker kennen doch die Funktionsweise der Evolution und können dies berücksichtigen. Gen-Technik ist nicht ein Glaubens-System wie das in Rom, an dem man trotz Irrtum eisern festhalten muss, sonst scheitert man. Gaube wir scheitern, Evolution nicht.

Gravatar: Freigeist

@Ron Ceval
Sagen Sie doch mal ihrem liebenden und gütigen Gott, er soll die dunklen Täler abschaffen.

Gravatar: Candide

@Thomas Friedrich: Informieren Sie sich über die Problematik von Monokulturen. Wenn Sie Erbgut optimieren und dann perfekte Klone herstellen kann es vorkommen, daß aufgrund irgendwelcher äußerer Ereignisse, unerwartet und unkalkulierbar, Ihr ganzer Bestand gleichzeitig umkippt. Weg und finito.
Dafür entwickeln sich dann die "fehlerhaften", "sup-optimalen" ecc. Exemplare welche, oh Wunder, genau das Gen bewahrt haben, welches dieser Gefährdung trotzt. Die Menschheit braucht einen möglichst vielfältigen Mix von Genen, damit es unter extremen Bedingungen immer eine Gruppe gibt, die überlebt.
Seltene und tragische Krankheiten sind schlimme Einzelschicksale, eben am Rand des Spektrums des "Normalen". Wollen Sie im Ernst daran gehen, den flachen Teil der Gauss'schen Verteilungskurve einfach abzuschneiden?

Gravatar: Freigeist

@Hans-Peter-Klein
Man muss auch in Bezug auf Fortschritt nicht gläubig sein.
Sehen Sie sich um, wie sich so vieles verändert. Potentaten fallen ohne Religion, sie fallen aufgrund ihrer Fehler, die unausweichlich sind, aufgrund des Systems, heißt Totalitarismus.

Gravatar: Thomas Friedrich

@Cordula Mohr:

"Der Schöpfergott macht keine Fehler! "

Als was würden Sie eine Krankheit wie Chorea Huntington bezeichnen? Wenn es kein Fehler ist, dann ist es, nach dem Spruch "it's not a bug, it's a feature" ein von Gott bewusst erschaffenes Merkmal. Aber zu welchem Zweck? Warum sollte ein gütiger Schöpfer wollen, dass Menschen in jungen Jahren dement werden und qualvoll sterben?

Und müsste Ihre Denkweise nicht dazu führen, die ganze Medizin als gottlos zu verwerfen?

@Ron Ceval:

"@Thomas Friedrich: was Sie da schreiben ist die brav aufgenommene Indoktrination durch eine Erziehung, welche die Kirchen als Autorität ablösen und verunglimpfen wollte. "

Das Thema, über das ich geschrieben habe, ist in meiner Erziehung überhaupt nicht vorgekommen. Außerdem ist der Zeitgeist eher gegen Eugenik eingestellt.

@H.Roth:

"Was einen Menschen wertvoll für die Gesellschaft macht, ist nicht seine Intelligenz, oder seine Leistungsfähigkeit "

Es geht nicht um den Wert eines Menschen für die Gesellschaft, sondern um den Wert eines Lebens für den Menschen, der es führen muss. Und man kann doch nicht bestreiten, dass ein gesunder, intelligenter, schöner Mensch besser dran ist als ein kranker, dummer, hässlicher Mensch.

Also nicht um die Gesellschaft zu optimieren, sondern damit möglichst viele zukünftige Menschen ein glückliches Leben führen können, sollten wir die Gene unserer Kinder nicht mehr dem Zufall überlassen.

Gravatar: H.Roth

Was einen Menschen wertvoll für die Gesellschaft macht, ist nicht seine Intelligenz, oder seine Leistungsfähigkeit - egal auf welchem Gebiet - sondern eine für die Gesellschaft förderliche, moralische Haltung. Moral ist kein Erbgut, kein Gen, sondern es wird durch Erziehung und Vorbild vermittelt. Und hier hat sich insbesondere die Vermittlung von christlichen Werten bewährt.

Unser Umgang mit Behinderten und Schwachen ist ein direkter Spiegel unserer Mitmenschlichkeit.

Gravatar: Ron Ceval

@Thomas Friedrich: was Sie da schreiben ist die brav aufgenommene Indoktrination durch eine Erziehung, welche die Kirchen als Autorität ablösen und verunglimpfen wollte.
Das Einzige, was uns in der Not bleibt, ist unser Glaube und wem dieser fehlt, der ist wirklich arm dran.
(...und ob ich auch wandere durch finsteres Tal, fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir, ..)

Gravatar: Duffy

Es geht hier wohl weniger um Design-Babies und Optimierung der Erbanlagen (ein Schuß, der nach hinten losgehen wird), sondern um das Entrechten, Entmündigen, Enteignen und Entsorgen einer Altersgruppe, die noch an einen christlichen Gott, an zwei natürliche Geschlechter und an freiheitliche Selbstverantwortung der Bürger glaubt. Diese alten Trottel sind selbstverständlich dement und müssen aus dem Verkehr gezogen werden.
Aber immer, wenn die eine Gruppe ausgegrenzt und vernichtet wird, werden schon bald neue Kriterien geschaffen, um "unwertes Leben" zu definieren. Terror fängt klein an und wird bald unentrinnbar, wartet's nur ab.

Gravatar: Cordula Mohr

Der Schöpfergott macht keine Fehler!

Gravatar: RaSchu

Den erfundenen Gott gibt es natürlich nicht ... außer Sie meinen Ihren Frei(en)geist. Aber es gibt den wahren Gott, den Schöpfer und Richter des Himmels und der Erde. Und wenn es keine göttliche/religiöse Legitimation für Gesetz gibt, gibt es gar keine.

Das ist Ihre Traumversion der Geschichte. Abgesehen davon, dass die gläubigen Christen in der bisherigen Geschichte nicht selten die Köpfe, Vordenker und Vorläufer waren, ist es gerade so, dass das Christentum im 21. Jahrhundert in zunehmend Staaten außerhalb von Europa Eingang findet.

Dann wohlauf! Träumen Sie weiter!

Gravatar: Thomas Friedrich

Die Zwangseugenik war ein Verbrechen, weil sie auf Zwang beruhte, nicht weil sie Eugenik war. Aus der Verwerflichkeit der Zwangseugenik folgt kein Argument gegen eine liberale Eugenik, bei der sich Eltern freiwillig für Methoden wie die Präimplantationsdiagnostik entscheiden, um ihrem Kind ein Leben ohne furchtbare Krankheiten zu ermöglichen.

Das leuchtet sofort ein, wenn man Eugenik in Gedanken durch AIDS-Prävention ersetzt: Ein Staat, der AIDS-Kranke kastriert oder umbringt, würde ein Verbrechen begehen. Aber niemand würde daraus ableiten, dass jede Form der AIDS-Prävention verwerflich sei, auch der freiwillige Gebrauch von Kondomen. Niemand würde sagen: Weil es eine verwerfliche Form der AIDS-Prävention gegeben hat, ist das Thema AIDS-Prävention moralisch diskreditiert und deshalb müssen wir AIDS in Zukunft als eine Bereicherung der menschlichen Vielfalt begrüßen. - Genau das ist aber die Denkweise von PID-Gegnern.

"Wer bestimmt, was gutes Leben ist? Wer definiert, worin Glück besteht?"

Praktisch alle Menschen sind lieber gesund als krank oder behindert. Deshalb lassen wir unsere Kinder impfen und deshalb verzichten die meisten Frauen in der Schwangerschaft auf Alkohol.

Die Vermeidung von Erbkrankheiten beruht auf der gleichen Logik: Man kann sicher sein, im Interesse des zukünftigen Kindes zu handeln, wenn man es vor alptraumhaften Krankheiten wie Chorea Huntington bewahrt. Weil niemand Lust hat, in jungen Jahren dement zu werden und qualvoll zu krepieren.

"Im Falle der Eugenik kann kein Mensch aufgrund der ungeheuren Komplexität der Genetik zuverlässige Vorhersagen tätigen. "

Das ist natürlich Unsinn. Die Genetik von Erbkrankheiten ist heute schon gut erforscht. Wenn man die Weitergabe der verantwortlichen Gene vermeidet, dann vermeidet man auch die Krankheit.

Die Genetik von anderen Eigenschaften wie Intelligenz ist komplexer, aber auch hier wird man die Zusammenhänge in den nächsten Jahrzehnten verstehen. Und irgendwann wird es normal sein, dass jedes Kind mit den genetischen Voraussetzungen einer guten Intelligenz ausgestattet wird.

"Gesundheit ist schlicht Natur, und kein Naturwissenschaftler sollte so verwegen sein, sich darauf zu verstehen zu wollen."

Auch das ist Unsinn. Dass wir heute so lange gesund bleiben, liegt ja gerade daran, dass wir mit Hilfe der Wissenschaft in den natürlichen Lauf des Lebens eingreifen. Mein Vater wäre ohne künstliches, durch gentechnisch veränderte Bakterien erzeugtes Insulin vermutlich nicht mehr am Leben.

"Im Hinblick auf die fundamentalen Menschenrechte kann nichts über dem Menschen stehen, abgesehen von Gott."

Über diesen Naturrechtspathos kann ich nur lachen. Unter Christen galten jahrhundertelang Dinge als normal und richtig, die wir heute für abscheulich halten. Zum Beispiel die Verfolgung Andersgläubiger, das zu Tode Foltern von Kriminellen, die Haltung von Sklaven und Leibeigenen, die Unterdrückung der Frau usw. Der Begriff der Menschenrechte wurde noch im 19. Jahrhundert von der katholischen Kirche bekämpft.

So etwas wie ewige christliche Werte, die man dem angeblichen Relativismus der Gegenwart gegenüberstellen könnte, gibt es überhaupt nicht. Lektüretipp: "Die Legende von der christlichen Moral" von Andreas Edmüller.

Gravatar: Justus Skrab

Chesterton ist wahrhaftig lesenswert. Die Klarheit der Sprache, die Klarheit der Argumente bietet reichlich Chancen bei sich selbst Indoktrinationen zu erkennen und in Bahnen gelenkte Denkmuster zu durchbrechen.

Gravatar: Hans-Peter Klein

@Freigeist

Ihre Freigeistigkeit hat einen merkwürdig trockenen, fotrtschrittsgläubigen Beigeschmack, wonach ihre zukünftigen Intelligenz-Bestien sich das Glück auf Erden herbei konstruieren werden.
Auch ein Glaube der ganz besonderen Art.

Was ist nur, wenn jene, postulierte Gläubige Dienerschaft sich nicht einschüchtern lässt, kraft Ihres Glaubens. Jüngstes Beispiel:
Deutsche Wiedervereinigung, Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums, ohne Christen gar nicht denkbar.

Wohlan!

MfG, HPK

Gravatar: Freigeist

Ihr Gottes-Gesetz gibt es nicht, da es den erfundenen Gott nicht gibt. Das Designer-Baby wird kommen, dazu braucht es nur Forschung und das Geld der Eltern. Zudem gibt es noch Staaten, in denen die Menschen auf ihren Gott pfeiffen. Dort wird dann die Forschung stattfinden, wenn Forschung in Europa behindert werden wird. Das Designer-Baby wird kommen, die Kinder werden intelligent sein und die nicht so klugen, stammend aus Gläubigen-Familien, werden ihre Dienerschaft sein. Diese Gläubige Dienerschaft kann man gut ruhig und duldend halten, indem man sie mit Gottes-Strafen einschüchtert. Wohlauf!

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