Die Emotionalisierung des Wahlkampfs

Die postmoderne Ablehnung von Vernunft führt zur Zerstörung der Demokratie

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Gleich mehrere Kommentatoren machen darauf aufmerksam, dass die postmoderne Abkehr von Logik, Argumentation und Überprüfung, kurz: die Ablehnung von Vernunft, zur Emotionalisierung des gesellschaftlichen und politischen Geschehens führt.

Der Philosoph und Publizist Jürgen Fritz betont in dem Artikel „Der neue Linke wird zum Totalitaristen“, dass mit der Verabsolutierung des Gefühls die Ablehnung von Wahrheit und Objektivität einhergeht. Zur Wahrheitsfeststellung gehört die empirische Überprüfung von Aussagen oder Vorstellungen; es wird überprüft, ob eine Aussage/Vorstellung mit der Realität übereinstimmt. Orientiert man sich an Gefühlen, so wird auf diese Überprüfung verzichtet. „Postmodern Geprägte“, wie Jürgen Fritz sie nennt, können mit Begriffen „Wahrheit“ oder „Objektivität“ nichts anfangen.

„Entscheidend wird jetzt, ob sich eine Vorstellung über die Wirklichkeit angenehm anfühlt. Das Angenehme löst die Wahrheit und das ethisch fundierte objektiv Gute als regulative Idee ab.“

Jürgen Fritz gibt dafür das folgende Beispiel:

„Stellen Sie sich nun einen Richter vor, der sich nicht mehr bemüht herauszufinden, was wirklich geschehen ist, der keine Wahrheitsorientierung hat. Der stattdessen versucht, in der Gerichtsverhandlung einen Narrativ zu erzeugen, welcher sich ausschließlich an den Gefühlen der Prozessbeteiligten orientiert. Dieser Richter wird dann dem am meisten entgegenkommen, der seine Gefühle am lautesten und energischsten vorträgt, selbst wenn dieser der Täter, selbst wenn dieser ein Verbrecher ist.“

Die Gefühlsorientierung spiegelt sich auch in der politischen Auseinandersetzung wider: Es wird nicht mehr auf Argumente und die Überprüfung von Argumenten anhand von Tatsachen geachtet, vielmehr sollen Gefühle erzeugt und mit ihrer Hilfe der politische Gegner diffamiert werden. Dies geschieht vermehrt in Zeiten des Wahlkampfs.

Auch der Politikwissenschaftler Michael Klein beklagt in dem Artikel „Partei der Ewiggestrigen: SPD ganz unten – ärmlich und erbärmlich“ die Abkehr von der Vernunft und die damit zusammenhängende Emotionalisierung des politischen Geschehens (ohne allerdings ausdrücklich auf die Postmoderne als den Grund des Übels einzugehen). Er spricht vom „affektiven Wahlkampf“, der derzeit – vor allem seitens der SPD - geführt wird:

„Affektiver Wahlkampf, der auf der Annahme besteht, man könne Wähler, die sich mit dem Gedanken tragen, AfD zu wählen, affektiv abschrecken, müsse ihnen keine Argumente liefern. Es reiche, die AfD als Schande oder nicht wählbar, als Nazis darzustellen.“

Und er schlussfolgert:

„Wähler über Emotionen zu fangen, nicht über Argumente, die deren Verstand ansprechen, ist ein Akt der Verzweiflung.

Und er wird nach hinten losgehen. Denn diejenigen, die ihre Wahlentscheidung auf Basis von rationaler Erwägung treffen, reagieren auf Argumente, nicht auf Emotionen. (…) Rationale Wähler werden durch den Stil des SPD-Wahlkampfs abgestoßen.“

Ich selbst habe in einigen Artikeln auf den Zusammenhang von postmoderner Ablehnung von Vernunft und Gefühlsorientierung als Grundlage von Politik  - und zwar von gegenwärtiger Geschlechterpolitik – analysiert. Ich zeige, dass Gefühle wie Schuld („Geschlecht und Schuld“), Neid („Geschlecht und Neid“) und Hass („Weiblicher Narzissmus, Männerhass und Frauenpolitik“) dieser Politik zugrunde liegen. 

Und schließlich der Informatiker und Blogger Hadmut Danisch. Er behandelt in dem Artikel "Das elementare Problem des akademischen Gesichts- und Existenzverlustes" den verheerenden Einfluss des postmodernen Ungeistes auf die Wissenschaft. Die von der Postmoderne durchgeführte Destruktion von Logik, rationaler Argumentation, Methode und Überprüfung widerspricht völlig dem Sinn der Wissenschaft, denn in der Wissenschaft geht es gerade um die oben genannten Verfahren. Sie machen die Wissenschaft aus. 

Die Postmoderne ist für Danisch "bedeutungsloses Gerede, das nie bewiesen wird". 

"Wissenschaftler machen Fehler. Stellt sich etwas als Fehler heraus, dann machen sie halt was anderes. Wissenschaftler sind aufgrund ihrer Kenntnis wissenschaftlichen Arbeitens im Grunde genommen ziemlich flexibel und ungebunden, sie können sich im Rahmen ihrer Sachkunde und wissenschaftlichen Ausrichtung weit bewegen, und es stellt auch keine wesentliche Hürde dar, sich in die Methodik benachbarter Fächer einzuarbeiten, um noch weiter zu gehen.

Postmodernisten aber können gar nichts.

Wenn man denen sagt, sie sollten mit dem postmodernen Blödsinn aufhören, haben sie nicht mal mehr etwas, womit sie noch vortäuschen könnten, etwas zu tun. Wissenschaftlich arbeiten können die nicht."

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Dr. Alexander Ulfig

@Wener
Nein, die philosophische Postmoderne ist nicht holistisch, also ganzheitlich ausgerichtet. Im Gegenteil, sie spricht sich aus für Dezentrierung, Fragmentarisierung, Kontextualisierung und Individualisierung.

Gravatar: Adorján Kovács

„Aufklärungsgläubigen”, die rationalen Gründen noch zugänglich sind, empfehle ich folgenden Artikel zur Lektüre: „Die Aufklärung existiert nicht” von Daniel von Wachter, Jahrbuch des Denkens 1, Bautz, 2017.

Gravatar: Wener N.

@ Dr. Alexander Ulfig. Zitat: .."Die postmoderne Ablehnung von Vernunft führt zur Emotionalisierung des gesellschaftlichen und politischen Geschehens"..

Mit der einäugigen Sicht der Postmoderne liegen Sie falsch, ebenso wie die zitierten Autoren Jürgen Fritz und Hadmut Danisch. Besonders ulkig gibt sich die „Vernunft“ von Fritz: Die `Aufklärung` sei „gescheitert“ (sic), man müsse sie durch eine forcierte `Aufklärung` wieder beleben. (Dass diese eine Basis der `Moderne` ist, muss man wohl nicht erklären). Die Postmoderne setzt bekanntlich auf „Holismus“ und lehnt deshalb weder Ratio noch Emotio ab. Allerdings will sie den einseitigen modernistischen Rationalismus durch die von ihm eliminierten Emotionen und femininen Aspekte ergänzen, um der ganzen Psyche des Menschen wieder gerecht zu werden.

Enzyklopädien geben richtige Definitionen, hier nur ein Beispiel: ..“Die `Postmoderne` ist als Gegenbewegung zu der zunehmend als steril und totalitär empfundenen Moderne anzusehen. Die Postmoderne, eine geistig-kulturelle Bewegung, deren Anfänge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegen“.. Künstler & Kunstlexikon: www.hatjecantz.de/postmoderne.

Gravatar: tumb stone

@Franz Hoste
Es läßt sich kaum noch leugnen, daß die grundlegenden resp. existentiellen Probleme unserer Zeit (Zerstörung der Nation, der Familien, des Rechtsstaates bis hin zum Wirtschaftsstandort mit seiner bisherigen Leistungs- und Wissenschaftsgesellschaft durch offene Abkehr von Rationalität und Ersatz durch Emotionalität), mit deren Folgen sich u.a. diese Webseite hauptsächlich beschäftigt, mit dem Begriff Frau in Verbindung gebracht werden können: die Weltfrauenkonferenz Peking, die uns den Gender-Schwachsinn bescherte, über Frau Merkel, v.d.Leyen, Schwesig.. etc. bis hin zur Frau Familien-Richterin, die nur allzu gern den Rache-Gefühlen der verletzten Frau Recht gibt und kaltschnäuzig ein weiteres Kind zur Scheidungs-Waise macht..
Ja: es gibt natürlich Ausnahmen - gerade auf dieser Seite gibt es die zur Zeit größten Hoffnungsträgerinnen - und diese müssen ihre gleichen Chancen erhalten, aber man muß wohl kaum über eine pauschale Quote diskutieren, um uns noch mehr Merkels etc. in verantwortlichen Positionen zu bescheren - wir müssen erst mal die eine (und ihr Häkelkränzchen) überstehen..
Und die Politik muß eben keineswegs "weiblicher" werden. (dazu passend auch der Artikel "Frauen wählen anders")
Es gibt nun mal spezifisch männliche und spezifisch weibliche Herangehens- und Verhaltens- auch (genetisch hormonell bedingte) Denkweisen, die begründen, daß man z.B. nicht unbedingt eine akute Gefährdungslage durch eine Frau regeln lassen sollte..
(auch wenn uns Hollywood hier inzwischen für blöd verkaufen will..)

Sie haben vielleicht die verlinkten Artikel doch nicht intensiv genug gelesen..
„Eine Gruppe von Männern übernimmt aufgrund von Schuldgefühlen vorbehaltlos die feministische Weltsicht. Es handelt sich um die profeministischen Männer. Sie akzeptieren nicht nur die den Männern gemachten Schuldvorwürfe, sondern alle, auch die sinnlosesten feministischen Forderungen. Sie glauben, durch ihr Verhalten von weiteren Schuldvorwürfen verschont zu bleiben und letztlich von der Schuld der Männer freigesprochen zu werden. Sie hoffen, nicht zu den Tätern, sondern zu den „Guten“ gezählt zu werden. Nicht zuletzt glauben sie daran, durch ihr profeministisches Verhalten von Frauen besser akzeptiert zu werden.
Profeministische Männer greifen mit besonderer Vehemenz Feminismus-Kritiker an. Sie werfen ihnen Frauenfeindlichkeit, Befolgen von traditionellen Rollenbildern und Streben nach Macht vor.. die Anderen sind die Schuldigen, wir nicht.“
Ein wichtiger Aspekt blieb hier leider auch unerwähnt: das (auch genetisch bedingte, von Feministinnen - ebenso wie der Beschützerinstinkt - kalt ausgenutzte) typisch männliche Konkurrenzverhalten im Paarungswettbewerb: Da wird eben gerade von denen mit bescheidenerer Ausgangslage gerne jedes Mittel aufgegriffen, um die Konkurrenz schlecht aussehen zu lassen..

Gravatar: Dr. Alexander Ulfig

@Franz Horste
Offensichtlich haben Sie meine Artikel gar nicht gelesen, denn in keinem der Artikel kommt "Frauenhass" zum Ausdruck.

Gravatar: Franz Horste

Mein Lieber Herr Ulfig! Nachdem ich Ihre Artikel auf Ihrem Blog gelesen habe, beschleicht mich das Gefühl, dass Sie Ihre Hassgefühle Frauen gegenüber versuchen in Philosophie zu kleiden und andere Frauenhasser darin einbinden wollen! Der Geschlechterkrieg sollte längst abgeschlossen sein. Außerdem haben Sie vergessen, dass in Europa Männer, Frauen Jahrhunderte lang unterdrückt haben. Da mussten die Frauen sich zur Wehr setzen. Nun durch die muslimische Frauenfeindlichkeit, die zu uns vorgedrungen ist, scheint mir unter diesem Einfluß ein wahrer Hass auf Frauen zurück zu kehren. Den Gefallen sollte wir den Muselmännern nicht tun. Denn der Islam ist nicht nur frauen- sondern auch allgemein menschenverachtend. Da würden wir den Falschen die Hand reichen.
http://wort-woche.blogspot.de/2017/09/muslimischer-vergewaltiger-und-morder.html

Gravatar: Hand Meier

Danke Herr Beyer, für die links.

Mir wird immer bewusster, wie wenig zivilisierte Entwicklung stattfindet, wenn die Vernunft nicht steuert, sondern eine Ideologie, den Verstand zu behindern und zu vernichten versucht.

Ein System, in dem die Klugheit keine Freiheit hat, wird zum „Hirn-Zucht-Haus“ von Idioten, auch wenn es sich als „Nanny-Heim“ tarnt.

Das haben alle Diktatoren vorgeführt, das streben alle Absolutisten an, die stets den freien Wettbewerb des Denkens verhindern wollen.

Die geistige Unterlegenheit ist das Schlüssel-Erlebnis, was die ideologisch zusammen-geschweißte Minder-Begabung ausmacht, und die Destruktivität das Erkennungsmerkmal, von Leuten die nicht fähig sind konstruktiv und positiv zu handeln.
Der Ruf nach „sozialer Gerechtigkeit“ ist der verzweifelte Schrei, zu wissen man hatte bei der Vergabe von Verstand den „schwarzen Peter“ gezogen, bzw. bekam die „rote Karte“ und diese Leute sitzen zu 80% in unseren Medien, oder „theoretischen“ Berufen.

Gravatar: MIchael Klein

Lieber Alexander,
mit Recht könnte man mich einen Politikwissenschaftler, einen Philosophen, einen Ökonom, Statistiker oder einen Logiker nennen. Das alles habe ich studiert, und das übe ich aus. Ich lasse mir auch den Bildungsforscher gefallen, schließlich forsche ich zur Bildung.

Aber Erziehungswissenschaftler - welch' Graus ... :))
Beste Grüße,
Michael Klein

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

… „Und er schlussfolgert:
„Wähler über Emotionen zu fangen, nicht über Argumente, die deren Verstand ansprechen, ist ein Akt der Verzweiflung.“ …

Weil etwa auch dem Erziehungswissenschaftler Michael Klein längst klar wurde:

… „Das Elend der neuen Linken, die mit Merkel und ihrem Gefolge auch in die CDU nicht nur Eingang gefunden haben, sondern dort längst auch dominieren – viel mehr aber noch in der SPD, bei den Grünen und ganz stark in der Linkspartei (SED) -, nimmt seinen Ausgangspunkt in der Verabsolutierung der Gleichheit und des Gefühls, indem sie dieses über alles andere stellen“ …??? http://www.theeuropean.de/juergen-fritz/12718-das-elend-der-neuen-linken

Auch weil unsere Abgeordneten nicht nur das TTIP betreffend zwar Diäten auf dem Konto - aber keinen Arsch in der Hose - haben? http://tv-orange.de/2016/04/ttip-und-unsere-abgeordneten-diaeten-auf-dem-konto-keinen-arsch-in-der-hose/

Wollte die Christin Merkel den Dalei Lama anno 2013 etwa so gerne in Deutschland treffen, um von ihm zu hören:

„ETHIK IST WICHTIGER ALS RELIGION!“??? http://tv-orange.de/2016/04/der-appell-des-dalai-lama-fuer-eine-saekulare-ethik-und-frieden/

Nach Beantwortung der von mir gestellten Fragen, empfehle ich ´jedem` den Genuss des folgenden Video: https://www.youtube.com/watch?v=ByzwOBeKD-c

Gravatar: Hand Meier

Lieber Herr Dr. Ulfig, ich sehe die Sache, die Sie umtreibt, so.

Es gibt die reine Rationalität, die Vor-Urteils-lose kognitive Intelligenz,
als ein kluges, analytisches Format, was nicht so Vielen sympathisch ist, denn nach www.iq-tabelle.de sind die Fakten, unabhängig ob man dieser Wertung, bzw. Klassifizierung zustimmt, eine Realität der individuellen Intelligenz-Verteilung.

Was steht der nüchternen Rationalität eines analytischen Verstandes denn nun außer den Linken und Grünen entgegen?
Wer hat denn allergrößte Aggressionen und wütende Emotionen gegen die nüchterne analytische Verfasstheit?
Es können definitiv nur Personen sein, denen keine kognitive Intelligenz zueigen ist.
Damit ist das Qualitätskriterium gefunden, mit dem man Kluge von Dummen unterscheiden kann.
Bay the way, in der AfD, ist das kognitive Intelligenz-Problem überhaupt nicht vorhanden.

Gravatar: tumb stone

Tja sagten nicht diverse SPD-"Größen" die Politik müsse weiblicher werden..
wir werden nicht umhin kommen (falls uns noch ein Neustart vergönnt sein sollte), der/den Ursachen der Misere auf den Grund zu gehen.. eine davon heißt mit Sicherheit "Feminismus"
sehr interessante Links übrigens - fast schon essentiell

Gravatar: sadhu

In Zeiten von Fake-News, sind Emotionen eine echte Hilfe.
Gerade in dem jetzigen Wahlkampf, dürften Argumente schwer einzuordnen sein.
Ich für meinen Teil wähle schon fast zu 100% aus dem Bauch heraus. Und auch dort bleibt für mich nur die AFD übrig. Das Verhalten der sog. etablierten Parteien ist an Widerwärtigkeit kaum zu überbieten. Das so wahrzunehmen erleichtert die Entscheidung ungemein.

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