Der Wert der Verschwendung

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Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist kein Mensch, in dessen Anblick sich der Betrachter mit Wohlgefallen vertieft, sondern eher ein RTL2-Gesicht, wie gemacht als Katholiken-Karikatur bzw. zum schleunigen Wegzappen. Dafür kann er nichts oder wenig. Seine angeblich kolossale Verschwendung von Geldern, die zumindest die nichtkatholische Öffentlichkeit kaum etwas angehen, weil es Kirchengelder sind, bewegt sich im Vergleich zum Milliardengrab Berliner Flughafen – welches wiederum alle Welt (minus ca. die Hälfte der Berliner) bekümmern müsste, weil es sich um allgemeine Steuerverschwendung handelt – doch eher im Bereich homöopathischer Dosierungen, ohne dass deutsche Medien auf den Berliner Hauptverantwortlichen, den Herrn Partybürgermeister Wowereit, eine auch nur im Ansatz vergleichbare Hatz inszeniert hätten wie auf den bizarren Limburger Kirchenmann. Im Gegenteil, die Geldverbrennung zu Schönefeld ist witzig, eine Art Folklore. Was einzig und allein damit zusammenhängt, dass der eine, kleine Verschwender Katholik ist und zölibatär lebt, also irgendwie ein Perverser, während der andere als SPD-Mitglied und überdies wegweisender Das-ist-auch-gut-so ein ganz anderes Quantum an Nachsicht und generell für sein Dasein Applaus verdient. Ob Tebartz-van Elst tatsächlich etwas „Wertiges“, wie es neudummdeutsch heißt und von ihm selber nachgeschwätzt wurde, hat errichten lassen, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber immerhin steht zu Limburg überhaupt etwas neu und nach Plan Gebautes, das heißt, das Geld ist weder in irgendwelche Gaunertaschen geflossen, noch hat es sich in Nichts aufgelöst.

Der Fall zeigt nicht nur, welch gemütvolle Mit-zweierlei-Maß-Messerei unter hiesigen Medienschaffenden offenbar schon vorbewusst waltet, sondern wirft außerdem ein erhellendes Lichtlein auf diese Gesellschaft insofern, als deren im weitesten Sinne Repräsentationsarchitektur – weil angeblich per se und a priori Geldverschwendung und als solche von der demokratischen Öffentlichkeit stets schon im Planungsstadium zu kujonieren – von einer erschütternden Piefigkeit, Mickrigkeit und Billigkeit ist. Es soll ja möglichst nichts Repräsentatives mehr gebaut werden, sondern lieber Begegnungsstätten, Sozialbauten, Gesamtschulen, Windräder, Mediamärkte oder Wohlfühl-Knäste mit Schwimmbädern, und letztlich ist es immer noch besser, Steuereinnahmen zu vernichten, als sie in die Errichtung sozial ungerechter Architektur zu stecken. Hat die Bundesrepublik Deutschland in ihrer 64jährigen Geschichte ein einziges Bauwerk errichtet, zu dessen Bestaunung und Bewunderung, jedenfalls wohlgefälliger Betrachtung Touristen in diesem Land vorstellig werden? (Ich meine im nichttechnischen Sinne – die Atomkraftwerke waren ja offenbar bewundernswert.) Nein, die Touristen kommen wegen der Schlösser des ach so verrückten Ludwig II., wegen der gotischen Kathedralen und Barockkirchen, wegen Wartburg, Goethehaus und königlicher Gemäldegalerien, wegen rekonstruierter historischer Innenstadtreste und fürstlicher Lustschlösser. Speziell an den bayerischen Märchenkönig musste ich im Zusammenhang mit dem Limburger Exoten zuweilen denken, denn man stelle sich den Aufschrei vor, den nur die bescheidenste seiner architektonischen Spinnereien heute auslösen würde! Aber ohne diese realisierten Phantasien (und des Kronprinzen Oktoberfest) befände sich Bayern weder in seiner kommoden wirtschaftlichen Lage, noch hätte es sich jemals derart nachhaltig ins globale Bewusstsein geprägt. Man kann verallgemeinern, dass nahezu – nein, dass ausnahmslos alle wert-, pracht- und wundervolle Architektur auf diesem Planeten aus Verschwendung entstanden ist, meistens aus Steuerverschwendung, und dass selten bis nie Sozialdemokraten oder gar Grüne, so versiert sie in puncto Steuerverschwendung auch sein mögen, daran beteiligt waren, denn sogar wenn Sozialdemokraten oder Grüne Konzerthallen bauen lassen, verzichten sie auf menschenverachtende Freitreppen und faschistoid prunkene Portale und lassen die irgendwie diskriminierende Zentralachse wenigstens auf der Damen- bzw. Unisex-Toilette enden.

Um nach diesen Abschweifungen auf Tebartz-van Elst zurückzukommen: Das einzige, was ihn jetzt noch retten und am Ende gar salvieren könnte, wäre ein Coming out samt Anklage seines Vereins wegen Diskriminierung und der Beteuerung, er habe lediglich seinen unterdrückten Trieb ins Architektonische kanalisieren, sublimieren, ja emanzipieren wollen bzw. müssen. Dürfen? Nein, müssen.

Beitrag erschien zuerst auf: michael-klonovsky.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Klaus Wohlfahrt

Tja, wer Stiftungsgeld, das für die Armen gesammelt wurde, für Bauwerke ausgibt, der muss sich dann wohl doch eines Tages verantworten.
P.S. Nun, hätte er wenigstens etwas gebaut, dass sich touristisch (Neuschwanstein) vermarkten ließe - aber welcher Japaner will sich denn den Kasten in Limburg allen Ernstes anschauen?

Gravatar: Michael Bendel

Wie wunderbar ist dieser Text. Es ist wirklich kein Klischee vergessen worden in dem sich mehr oder weniger große Pharisäer-Gruppen finden. Volle Breitseite gegen die unbarmherzige Spießergesellschaft.

Danke Michael Klonovsky

Gravatar: Roman Bodurka

Der Bischöfliche Stuhl kann über eigene Vermögenswerte verfügen und diese verwalten. Auch der Limburger Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst ist darüber nicht rechenschaftspflichtig.

Bundesdeutsche Medien, egal ob Print, Hörfunk oder Fernsehen, haben im Augenblick Scheins nur eine einzige Figur, die sie jagen, ja regelrecht hetzen, vielleicht sogar zu Tode hetzen wollen, den Limburger Bischof Dr. Tebartz-van Elst. Ob 31 Millionen Euro oder mehr scheinen der Streitapfel zu sein, die in Limburg der Um- und Neubau der Bischöflichen Residenz nach ursprünglich einmal angenommenen (nur) 5 Millionen Euro nun kosten sollte. Des weiteren soll der Bischof sich den Luxus geleistet haben, nach Indien eine Flugreise in der ersten Klasse absolviert zu haben.

Was sind eigentlich 31 Millionen Plus X im Vergleich zu Milliarden an Steuergeldern die der Berliner Flughafen oder das Stuttgarter Bahnhofsprojekt "S 21" verursachen?

Hier sollen nun mal einige wenige aber wohl äußert wichtige Fakten veröffentlicht werden, die zur Versachlichung beitragen können, denn in der Diskussion ist nicht ganz unwichtig zu wissen, welche Funktionen und Befugnisse ein Bischof und welche Rechtsstellung der Bischöfliche Stuhl besitzt.

Auf der Internetseite “katholisch.de” findet sich der folgende Eintrag: “Bischof, griech. epískopos = “Aufseher”; in der kath. Kirche Vorsteher einer Ortskirche, auch Bistum oder Diözese genannt. Durch die Bischofsweihe steht er unmittelbar in der Nachfolge der Apostel (Apostolische Sukzession) und besitzt die oberste Weihe-, Verwaltungs- und Gerichtsgewalt in seinem Bistum. Deshalb wird der Bischof auch als “Oberhirte”, der oberste Hirte seines Bistums, bezeichnet.”

Des weiteren heißt es unter “Bischöflicher Stuhl:
1. Das Amt des Bischofs mit seiner Verwaltung (Kurie);
2. Der Bischof als Rechtssubjekt. Nimmt z. B. der Papst das Rücktrittsgesuch eines Bischofs an, ist die Diözese also ohne “regierenden Bischof, so ist der Bischöfliche Stuhl unbesetzt oder vakant. Zugleich ist der Bischöfliche Stuhl auch Rechtssubjekt, Vermögensträger und eine eigene Körperschaft des öffentlichen Rechts. So kann der Bischöfliche Stuhl über eigene Vermögenswerte verfügen und diese verwalten. Der Bischof ist darüber nicht rechenschaftspflichtig.”

In diesem Lichte nun muß das Tun und Lassen des Limburger Bischof Dr. Tebartz-van Elst betrachtet werden und ausdrücklich wohl nicht nach den Maßstäben des Neides und Gier.

Was unterscheidet den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit in seiner Funktion als Amtsträger?

Ganz einfach, daß er Rechenschaftspflichtig ist aber nach kurzer Abstinenz wieder auf den "heiligen Parteienstuhl" der Mißwirtschaften gehievt wurde.

http://grundrechteforum.de/227646
http://grundrechteforum.de/227659

Gravatar: Jaques LeMouche

Sie bestätigen indirekt die Aussage des Autors. Denn nur die wenigsten Touristen, ob in- oder ausländisch, haben ein Interesse an den von Ihnen aufgezählten Sozialistischen Machwerken. Adenauers Aussage zum Kanzlerbungalow tritt es auf den Punkt: ""Ich weiß nicht, welcher Architekt den Bungalow gebaut hat, aber der verdient zehn Jahre." Ich bin mir sicher, die vom Autor aufgezählten Bauten werden auch dann noch Magnete sein, wenn es die von Ihnen aufgezählten Bauten nicht mehr gibt.

Gravatar: Klaus Wohlfahrt

Das finde ich bedauerlich, dass Sie u.a. Hans Scharoun, Mies van der Rohe, Walter Gropius, Sep Ruf, Egon Eiermann, Günter Behnisch, Werner Ruhnau, Albert Speer junior, Sir Norman Foster, David Chipperfield, um wirklich nur einige wenige große Architekten zu nennen, die Großartiges in der Bundesrepublik geschaffen haben, nicht kennen und Ihnen damit offenbar auch nicht die Neue Nationalgalerie, der Kanzlerbungalow, das Münchener Olympiastadion, das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, das gläserne Emil Schumacher Museum in Hagen, die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die Berliner Philharmonie und die Staatsbibliothek, das Wissenschaftsmuseum in Wolfsburg und und und bekannt sind. Unter anderem übrigens auch erbaut unter der Ägide sozialdemokratischer Oberbürgermeister - man glaube es kaum. Wenn Sie weitergehende Literatur benötigen, nenne ich Ihnen gern einige Titel und die passende ISBN.

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