Der Papst, Afrika und Kondome: Immer die gleichen Themen

Wenn der Papst nach Afrika fährt, dann interessieren sich Journalisten nur für eins: Kondome. Das eigentliche Dilemma ist aber die Frage, wie man mit Menschen umgehen kann, die eigentlich gerne Kinder zeugen würden, aber mit Aids infiziert sind.

Veröffentlicht:
von

Die katholische Kirche wächst auf dem afrikanischen Kontinent. Immerhin wächst sie so, dass manche, angeblich katholische Webseiten von ihren Kommentatoren mutmaßen lassen, das müsse etwas mit geringerer Bildung und höherer Armut zu tun haben. Nun ist nicht zu bestreiten, dass es in Afrika Probleme gibt, die einen womöglich ein bisschen mehr die eigene Fehlbarkeit und das eigene Unvermögen vor Augen führen, sich selbst zu erlösen. Von seiner Rückreise aus Afrika wird dazu der Papst wie folgt zitiert:

Als eigentliche Probleme in Afrika bezeichnete er Unterernährung, Sklavenarbeit, Mangel an Trinkwasser, soziale Ungerechtigkeit und Kriege.

Für weltliche, selbst aber auch für katholische Medien wie das Kölner domradio, stellt das aber offenbar keinen Grund dar, trotzdem ein Problem zu thematisieren, das vor allem in Europa virulent zu sein scheint. Wenn also der Papst zu seiner Afrikareise auf Kriege, Waffenhandel, Ungerechtigkeiten im Handel etc. hinweist – alles in der Tat drastische Themen, auch wenn ich seine Folgerungen nicht immer nachvollziehen kann – dann macht die deutsche Einheitsredaktion von kirchlichen bis weltlichen Medien daraus folgenden Eingangstext:

Für Papst Franziskus steht ein Überdenken des kirchlichen Kondomverbots angesichts der Immunschwächekrankheit Aids derzeit nicht auf der Tagesordnung. Zugleich deutete er auf dem Rückflug von seiner Afrika-Reise vor Journalisten einen gewissen Ermessensspielraum in der Frage an. Die kirchliche Moral stehe hier vor einem Dilemma, so der Papst. Sie müsse zwischen dem Schutz des Lebens und der Offenheit von Sexualität für die Zeugung von Kindern abwägen – „entweder das fünfte oder das sechste Gebot“.

Nun gut, die Rückreise des Papstes fällt zusammen mit diversen Beiträgen zum Weltaidstag, da kann man schon mal ein Auge zudrücken. Dennoch scheint selbst in katholischen Redaktionen nicht angekommen zu sein, dass es der katholische Glaube ist, die Nachfolge Christi inklusive der Einhaltung der Zehn Gebote, die den besten Schutz vor Aids darstellen.

Das domradio weist dabei sogar zu Recht darauf hin, dass ein Nachdenken über das Kondomverbot nicht bei Papst Franziskus begonnen hat, sondern dass selbst Papst Benedikt XVI., der angebliche Hardliner, hier schon Erhellendes gesagt hat. Allerdings ging es bei Papst Benedikt in der Tat darum, ob es nicht ein Zeichen erkannter notwendiger Moralität sei, wenn beispielsweise ein männlicher Aids-infizierter Prostituierter zum Schutz der Freier Kondome nutzt. Das ist erstens ein recht drastisches Beispiel und macht gleichzeitig deutlich, dass eine solche „Einschränkung des Kondomverbots“ mitnichten eine Freigabe darstellt. Was Papst Benedikt gesagt hat, und wie man auch Papst Franziskus verstehen kann, lässt sich kurz so in Kurzform fassen: Wenn ich aus welchen Gründen auch immer nicht in der Lage bin, auf Sex zu verzichten, und bevor ich dabei das Leben eines anderen gefährde, ist es womöglich besser, ein Kondom zu benutzen.

Auf so was stürzt sich natürlich die versammelte Medienwelt und sieht endlich den Zeitpunkt gekommen, den Nachweis zu führen, dass der Papst eigentlich doch gar nicht sooo strengkatholisch ist. Dabei ist er es doch und hält der Welt auch gleich den Spiegel vor. Wieder domradio:

Ihm gefalle es nicht, sich mit „derart kasuistischen“ Fragen und Überlegungen zu beschäftigen, sagte Franziskus weiter. Das erinnere ihn an die Frage, ob es erlaubt sei, am Sabbat zu heilen, wie es die Pharisäer einst Jesus gefragt hätten. Es sei Pflicht zu heilen, betonte der Papst. Doch erst wenn alle von den „Krankheiten, die der Mensch macht“, geheilt seien und „es keine Ungerechtigkeit mehr in dieser Welt gibt, können wir über den Sabbat reden“.

Kasuistik, und dort auch noch die zusammenhanglose Betrachtung von Einzelfällen, ist genau das Problem, wenn polemisch über Aids diskutiert wird: Will denn die katholische Kirche tatsächlich für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich sein? Will sie Millionen von Menschen den Sex verbieten?

Nein, der Papst verbietet keinen Sex, unser Glaube sieht die Sexualität – ja, sie darf und soll auch Spaß machen, so ist sie angelegt – im Zusammenhang mit der Zeugung und im Rahmen einer Ehe. Sexualität ohne Zeugungsabsicht und außerhalb der Ehe widerspricht in der Tat dem sechsten Gebot: Du sollst nicht ehebrechen, oder weiter gefasst: Du sollst nicht Unkeuschheit treiben. Von einem Verbot ist das weit entfernt, es setzt allerdings Rahmenbedingungen, die der Schöpfung des Menschen und dem Sinn der Sexualität entsprechen.

Wenn nun der Papst auf das fünfte Gebot hinweist – Du sollst nicht töten – dann macht das den eigentlichen Spagat deutlich, den man möglicherweise lösen muss. Das Dilemma der Kirche liegt nicht in der Frage, „Kondome ja oder nein?“ sondern in der Frage, wie man mit Menschen umgehen kann, die eigentlich gerne Kinder zeugen würden, aber mit Aids infiziert sind, die ihre Sexualität gerne schöpfungsgemäß in der Ehe leben wollen, aber aus welchen Gründen auch immer den Partner und ein potenzielles Kind damit gefährden würden. Es wäre sonst, dem Begriff nach, gar kein Dilemma, aus dem es keine Lösung gibt.

Was allerdings in den meisten Medien gewollt ist, ist eine „Lösung“ für die Situation, dass Sexualität in den Rahmen der Ehe gehört und der Zeugung neuen Lebens dienen sollte: Das schließt Sexualität vor der Ehe aus, schließt homosexuelle Sexualität aus, schließt auch künstliche Verhütung innerhalb einer Ehe grundsätzlich aus. All das meinen aber weder Papst Benedikt noch Papst Franziskus, wenn von einem Ermessensspielraum gesprochen wird. Wer heute etwas anderes postuliert, der weiß vermutlich, dass er damit in die Irre führt und – wenn er kirchenintern agiert – damit der Kirche mehr schadet als nutzt, indem er sie unter einen äußeren Druck setzt.

Und umgekehrt, bevor wieder einige Konservative hyperventilieren: Der Papst ist immer noch katholisch, er hat nicht mal angedeutet, das „Dilemma“ durch Änderungen der kirchlichen Lehre und Sexualmoral lösen zu wollen. Das Dilemma existiert, und genau hier, in solchen Situationen, ist in erster Linie nicht eine Anpassung der Lehre sondern eine intensive Pastoral gefragt. Heilung, wie im genannten Gleichnis beschrieben, ist dann nicht die Freigabe von Kondomen, sondern die Erlösung aus der Sünde, die Jesus allein spendet02. Und da sind dann wieder nicht nur Papst, Priester und Bischöfe im Spiel, sondern vor allem auch Laien, die Zeugnis geben von der Schönheit der Kirche, von der Schönheit der Nachfolge Christi, auch wenn die von außen betrachtet auch mal mit Einschränkungen verbunden ist.

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: aLuckyGuy

Ich glaube, Sie machen es sich etwas zu einfach. So weit ich weiß hat Paulus eindeutig gesagt, dass jeder Mann gut daran tut, jegliche sexuelle Betätigung ganz sein zu lassen. Von Freude am Sex steht ganz sicher in der gesamten Bibel kein einziges Wort. Wenn man es denn gar nicht ohne gehen würde, so meinte Paulus weiter, sollte man den Sex ausschließlich mit der eigenen Ehefrau praktizieren. Ferner hat Paulus auch gesagt, dass kein Ehepartner das Recht habe sich zu verweigern. Allein diese Aussage ist in Bezug zu den heutigen Menschenrechten völlig indiskutabel. Merkwürdigerweise werden andere Aspekte der Bibel wie bspw. Sklavenhaltung nicht mehr wörtlich genommen. Und obwohl es strengstens verboten ist die Bibel eigenmächtig zu ändern, hat Martin Luther dennoch mal eben alle Stellen mit "Sklaven" in "Knechte" geändert. Die Bibel ist in Bezug auf Sexualität ein höchst untaugliches Regelwerk.

Und Kinder mögen die Zukunft sein, aber eben nicht alle und ganz gewiss nicht in einen Aussmaß das die Ressourcen an Nahrungsmitteln und Bodenschätzen um ein Vielfaches übersteigt. Bei inzwischen mehr als 7 Milliarden Menschen auf der Erde werden die damit verbundenen existentiellen Probleme doch immer deutlicher. Ein "wir machen gerne Kinder ohne das es uns interessiert was später mal aus ihnen wird", kann ganz sicher nicht die Lösung sein.
Meines Erachtens ist das größte Problem Afrikas ganz einfach Bildung. Christoph Schlingensief wußte das ganz genau, weshalb er auch sein Projekt Operndorf in Leben gerufen hatte.
Niemand sollte das Recht haben, sich in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen einzumischen. Niemand, auch keine Religion, hat das Recht, zu bestimmen, wann, wer, wie, wo zu lieben hat oder nicht.

Gravatar: freerob

Alles gut ! Aber noch ein kleiner Hinweis zur Empfängnisverhütung von protestantischer Seite.
Einer der wenigen Gründe, warum der evangelische Glaube so attraktiv ist.
Wir verstoßen nicht gegen das sechste Gebot, wenn wir Sex haben, ohne die Absicht ein Kind zu zeugen.
Wie auch? Die Schrift lässt hier viel Spielraum.
Und wir tun das entweder auf natürliche Weise oder mit irgendwelchen Hilfsmitteln.
Halleluja !

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang