Der Gipfel und die wirkliche Welt

Der EU-Gipfel endete wie viele davor: Alle Teilnehmer tun so, als sei klar und eindeutig, was sie nach hektischen Stunden und Tagen, zahllosen Einzel- und Gruppengesprächen, Nachtsitzungen, Verlängerungen und Krisenmeldungen dann letztlich beschlossen haben.

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Und sie bejubeln das. Allein: Einige Wochen oder Monate später wird sich zeigen, dass die Realität nicht viel mit dem jetzt atemlos aus Brüssel Berichteten zu tun hat.

Man nehme nur den Seitenhieb auf Österreich, dem, ohne dass es genannt wird, die im Alleingang eingeführte Obergrenze für „Flüchtlinge“ vorgeworfen wird. Das Groteske an dem Vorwurf ist, dass er nicht nur die Limitierung der täglichen Flüchtlingsaufnahme durch Österreich selbst kritisiert (in Wahrheit eine klare Notwehrmaßnahme), sondern noch deutlicher auch den – zahlenmäßig viel größeren – zweiten Teil der österreichischen Maßnahmen: also, dass Österreich ab jetzt die Zahl jener Menschen mit 3200 pro Tag limitiert, die ohne gültige Papiere einfach durchreisen und in einem anderen Land Asyl beantragen wollen. Jetzt teilt die EU erstaunlicherweise mit, das sei rechtswidrig.

Ja eh, das verstößt in der Tat gegen das EU-Recht (Schengen + Dublin). Aber die einzig denkbare logische Konsequenz wäre: Österreich lässt keinen einzigen Menschen mehr nach Deutschland durchreisen. Nur: Natürlich gilt diese wiederentdeckte Rechtsregel genauso auch für Griechenland, Italien und alle Balkanländer, die aber alle – mit Ausnahme Ungarns – „Flüchtlinge“ einfach durchschleusen. Das hat gerade dieses Tagebuch auch von Anfang an kritisiert. Aber das war der Mehrheit der EU-Staaten weitestgehend wurscht. Im Gegenteil: Man hat Italien – wo das Unheil begonnen hat – sogar intensiv beim Durchschleusen geholfen (Stichwort: Mare nostrum ff). Hätten jedoch Italien und Griechenland ihre Pflichten eingehalten, dann wäre Österreich nie auf die Idee gekommen, so etwas zu machen.

Warum bitte wird das jetzt ausgerechnet zu dem Zeitpunkt getadelt, da Österreich diese Durchschleusungen wenigstens mit 3200 pro Tag begrenzt? Das ist absurd.

Die Gipfelrüge für Österreich wird – hoffentlich – keine Änderung des Verhaltens des plötzlich mutig gewordenen Landes bewirken. Denn natürlich werden, von Griechenland angefangen, auch alle anderen weiterhin kräftigt durchschleusen. Zumindest solange nicht auch das Zielland Deutschland mit der offiziell von Angela Merkel verkündeten Selbstmordpolitik aufhört, allen Syrern oder Irakern Asyl zu gewähren.

Camerons brüchiger Erfolg

Ebenso doppelbödig ist die Einigung mit Großbritannien. Man jubelt jetzt einmal programmgemäß, um David Cameron die Chance zu geben, das britische Referendum zu gewinnen. Die Gipfelinszenierung war von Anfang an klar: Man ringt erbittert, und am Schluss gibt es eine (weitgehend schon vorher ausgehandelte) Einigung mit den Briten.

Vollständiger Beitrag erschienen auf andreas-unterberger.at

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