Damit wieder weiße Tauben fliegen

Im Hinblick auf möglicherweise anstehende „Waffengänge“ in Syrien hatte ich bereits vor ein paar Tagen etwas dazu geschrieben, wie die Kirche den Krieg bzw. den gerechten Eintritt in einen Krieg beschreibt.

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Kurz gesagt kann ein Krieg gerecht sein, wenn er in Notwehr erfolgt, alle anderen Mittel ausgeschöpft sind und die Würde der Gegner und das Völkerrecht geachtet werden. (siehe hier: Wenn die Falken fliegen). Mir war in den Zusammenhang wichtig, den betreffenden christlichen Soldaten eine Art Gewissenshilfe zu verschaffen – was nicht bedeutet, dass damit auch das Gewissen der Staatenlenker entlastet wäre! Die Entscheidung, ob alle anderen Mittel ausgeschöpft sind, die kann man nicht den einzelnen eingesetzten Soldaten überlassen, diese müssen sich auf ihre Entscheidungsträger verlassen dürfen.

In diese Frage hat sich am vergangenen Sonntag Papst Franziskus eingeschaltet, der seine Predigt zum Angelus zu einem fast als dramatisch zu bezeichnendenFriedensappell benutzte. Auch er bezieht sich dabei auf das Gewissen der verantwortlichen Personen, wenn er sagt:

Mit all meiner Kraft rufe ich die Konfliktparteien auf, der Stimme des eigenen Gewissens zu folgen, sich nicht in egoistische Interessen zu verschließen, sondern den Anderen als Bruder zu betrachten und mit Mut und Entschiedenheit den Weg der Kontakte und der Verhandlungen zu beschreiten, um die blinde Konfrontation zu überwinden. Ebenso nachdrücklich rufe ich auch die Internationale Gemeinschaft auf, jede Anstrengung zu unternehmen, um ohne weiteren Aufschub eindeutige Initiativen für den Frieden in jenem Land voranzubringen; Initiativen, die sich auf den Dialog und die Verhandlung zum Wohl der gesamten syrischen Bevölkerung stützen.

Deutlich wird die Einschätzung des Papstes: auch nach dem menschenverachtenden Einsatz von Giftgas (von wem immer genutzt), kann die Politik nicht alternativlos auf einen Krieg zusteuern. Sind alle anderen Mittel ausgeschöpft? Oder geht es bei einem Angriff von außen auf Syrien doch nur um geopolitische Interessen, vielleicht auch um die Befriedigung von Rachegelüsten auf beiden Seiten der Kriegsparteien?

In den Blick genommen werden sollte, statt der Frage „Krieg oder nicht?“, die Frage, wie den jetzt bereits Betroffenen geholfen werden kann:

Keine Anstrengung werde unterlassen, um humanitäre Hilfe für die Opfer dieses furchtbaren Konfliktes zu gewährleisten, besonders für die Evakuierten im Land und die Flüchtlinge in den Nachbarstaaten. Es werde sichergestellt, dass die Helfer, die sich um die Linderung der Leiden der Bevölkerung bemühen, die nötige Unterstützung leisten können.

Die hervorstechendste Frage scheint, glaubt man den Medien, zur Zeit zu sein, wie man den syrischen Machthaber entmachtet, wie man einen Waffengang gegen ihn erfolgreich gestaltet. Die wahren Opfer des bisherigen Bürgerkrieges – die nicht regierungs- oder revolutionszugehörig sind – geraten so schnell aus dem Blick. Forderungen nach einem schnellen, räumlich und militärisch aber begrenzten Einsatz machen das deutlich: man verfolgt ein politisches Ziel und will – verständlicherweise – die Verluste auf eigener Seite so gering wie möglich halten. Dass das aber zu einem dauerhaften Frieden in Syrien führt, darf getrost bezweifelt werden.

Wie aber das machen, wie können wir selbst eintreten für den Frieden in Syrien ohne blauäugig einfach weitere Opfer in Kauf zu nehmen? Gerade die deutsche Geschichte lehrt, dass es einen Zeitpunkt zum Eingreifen gibt, geben muss, jenseits dessen die Opfer eines Zögerns unnötig hoch werden. Bis zu diesem Punkt darf aber nichts unversucht bleiben, den Frieden zu bewahren, der wie der Papst sagt „ein Gut der ganzen Menschheit“ unabhängig von Konfession und Glauben ist. Dem Papst bleiben in diesem Konflikt naturgemäß nur Worte und Appelle, wenn er ausruft:

Nochmals rufe ich mit lauter Stimme: Es ist nicht die Kultur der Auseinandersetzung, nicht die Kultur des Konfliktes, die das Zusammenleben in den Völkern und unter den Völkern aufbaut, sondern diese: die Kultur der Begegnung, die Kultur des Dialogs: Das ist der einzige Weg zum Frieden.

Der Schrei nach Frieden erhebe sich laut, auf dass er die Herzen aller erreiche; auf dass alle die Waffen niederlegen und sich leiten lassen von der Sehnsucht nach Frieden.

Nur Worte, die wir nutzen können? Nicht ganz: gerade gläubige Menschen wissen um ein machtvolles Instrument, dass den Teufel – und der ist der eigentliche Nutznießer des Krieges – in die Schranken weist. Für den nicht glaubenden Menschen mag es naiv erscheinen, aber wie der Dichter Reinhold Schneider sagt: „Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwer ob unseren Häuptern aufzuhalten“. Und so wird der Appell des Papstes auch zu einem Aufruf zum Handeln, natürlich nicht in einer weltlichen sondern in einer spirituellen Weise:

Deshalb, liebe Brüder und Schwestern, habe ich beschlossen, für die gesamte Kirche am kommenden 7. September, Vigil des Festes der Geburt Marias, der Königin des Friedens, einen Tag des Fastens und Betens für den Frieden in Syrien, im Nahen Osten und in der ganzen Welt anzusetzen. Ich lade ebenso die Brüder und Schwestern aller christlicher Konfessionen, die Mitglieder der anderen Religionen und die Menschen guten Willens dazu ein, sich dieser Initiative in einer Weise, die ihnen geeignet erscheint, anzuschließen.

Am 7. September werden wir uns hier auf dem Petersplatz von 19.00 Uhr bis 24.00 Uhr im Gebet und im Geist der Buße versammeln, um von Gott diese große Gabe für die geliebte syrische Nation und für alle Situationen von Konflikten und Gewalt in der Welt zu erbitten. Die Menschheit hat es nötig, Gesten des Friedens zu sehen und Worte der Hoffnung und des Friedens zu hören! Ich rufe alle Teilkirchen auf, dass sie nicht nur diesen Tag des Fastens begehen, sondern auch eine liturgische Feier in dieser Intention organisieren.

Diesem Aufruf möchte ich mich ebenfalls anschließen: jeder kann im Rahmen seiner Möglichkeiten in dieser Form etwas für den Frieden tun. Manche haben die Möglichkeit der direkten politischen Einflussnahme, natürlich kann man Appelle auch schriftlich an verantwortliche Politiker wenden, aber die größte Macht, die gläubigen Menschen zur Verfügung steht, ist die des Gebetes. Das wiederum ist keine besondere Eigenart von Katholiken, nicht mal nur von Christen; alle Weltreligionen kennen diese Möglichkeit, sich an Gott zu wenden mit unseren Sorgen und Nöten, den kleinen wie den großen. Es wäre wunderbar, wenn möglichst viele Menschen dem Aufruf des Papstes folgen und den kommenden Samstag „in ihnen geeignet erscheinender Weise“ zu einem Tag des Friedens und des Gebets machen. Wie ein Signal an die Welt wirkt es da, wenn der syrische Großmufti Ahmad Badreddin Hassou am vom Papst angekündigten abendlichen Gebet auf dem Petersplatz teilnehmen will und bekundet, die syrischen Muslime sähen Papst Franziskus als einen „wirklichen geistlichen Führer, der ohne politische, individuelle oder gemeinschaftliche Interessen für das Wohl des syrischen Volkes spricht“ (Quelle: Radio Vatikan).

In der Diktion des Krieges müsste man sagen, wir haben die Aufgabe aus allen „Gebetsrohren zu schießen“ um den wahren Feinden Gottes und der Menschheit unseren Standpunkt klar zu machen. Und gemeinsam mit dem Papst können wir uns – das allerdings ist recht spezifisch katholisch – an die Gottesmutter Maria wenden und sie um ihre Unterstützung bitten:

Bitten wir Maria, uns zu helfen, der Gewaltanwendung, dem Konflikt und dem Krieg mit der Kraft des Dialogs, der Versöhnung und der Liebe zu begegnen. Sie ist unsere Mutter. Sie möge uns helfen, den Frieden zu finden. Wir alle sind ihre Kinder. Hilf uns Maria, auch diesen schwierigen Moment zu überwinden und uns dafür einzusetzen, jeden Tag und in jeder Umgebung eine authentische Kultur der Begegnung und des Friedens aufzubauen.

Maria, Königin des Friedens, bitte für uns!

Stalin wird mit der rhethorischen Frage zitiert „Wie viele Divisionen hat der Papst?“ und der Kolumnist der katholischen Zeitung "Die Tagespost" antwortet ihm heute in seinerKolumne passend: „Keine. Aber was ist, wenn die ganze Kirche fastet und betet? Stärker könnte das Signal nicht sein, das Papst Franziskus jetzt gesetzt hat. Daran kommen die Mächtigen der Welt nicht vorbei."

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuer.blog.de

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