#CecilTheLion – Es reicht mir jetzt schon!

Ein Löwe ist ein Löwe ist ein Löwe, auch #CecilTheLion – nicht wenig, aber auch nicht mehr!

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Kennen Sie Walter Palmer? Als Leser der Boulevardpresse vermutlich schon, auch wenn sie aufmerksam Google-News lesen, sind Sie an seinem Namen wahrscheinlich vorbei gekommen, wenn er sich Ihnen vermutlich auch nicht direkt eingeprägt hat. War das nicht der Chemielehrer, der in der Serie „Breaking Bad“ Crystal Meth kocht? Nein, der heißt White. War das nicht ein Sänger? Nein, der hieß Robert. Aber in die Klasse dieser Prominenz ist Walter Palmer in den letzten Stunden aufgestiegen – denn er ist eine Geißel der Menschheit, einer über den man Griechenlandkrise, Kriege und Terror und Flüchtlingsströme nach Europa fast vergessen kann. Denn Walter Palmer hat … einen Löwen getötet!

Nunja, nicht irgendeinen Löwen sondern Cecil! Kennen Sie auch nicht? Die BILD beschreibt ihn so: „Er war der berühmteste Löwe Afrikas, Liebling der Touristen und mit seiner schwarzen Mähne ein Aushängeschild aller Nationalparks in Simbabwe.“ Nun sind Löwen, wenn ich die Berichte richtig deute, nicht mehr direkt vom Aussterben bedroht, trotzdem aber in Reservaten geschützt. Sie haben auch etwas, wie soll ich sagen, Erhabenes, und ich kann selbst nicht umhin, mein Unverständnis darüber auszudrücken, solche Tiere aus „sportlichem Ehrgeiz“ zu töten, wie es Palmer getan hat. Ich  bin kein Gegner der Jagd, lasse mich gerne von der Notwendigkeit heimischer Jagden zur Wiederherstellung der vom Menschen sowieso gestörten Ordnung in den Wäldern und Parks überzeugen. Aber einen Löwen zu erschießen? Dafür gibt es eigentlich keinen Grund.

Damit könnte man das Thema ad acta legen … man könnte Herrn Palmer einfach für ein A…loch halten, rechtliche Schritte prüfen, falls er den Löwen illegal geschossen haben sollte, oder sich dafür einsetzen, diese Tiere in Zukunft besser zu schützen. Aber da haben wir die Rechnung ohne Twitter, Facebook, Boulevardmedien und der Möglichkeit von Shistorms gemacht, die sich unter dem Hashtag #CecilTheLion formieren und bei der sich zwischenzeitlich auch sogenannte Promis beteiligen. Da wird nämlich von der „Ermordung“ Cecils gesprochen, es gibt eine gegen Palmer gerichtete Facebookgruppe die zwischenzeitlich deutlich mehr als 16.000 Anhänger hat und die sich für einen Boykott gegen seine Praxis (Palmer ist Zahnartzt) einsetzen. Derartige Aktionen habe ich, wenn ich ehrlich bin, noch nie richtig verstanden: Wenn ich wüsste, dass mein Zahnarzt Löwen jagen würde, könnte ich mir vorstellen, mir bei adäquaten Alternativen einen anderen Arzt zu suchen. Aber weitere Patienten davon abzubringen versuchen, bei ihm in Behandlung zu gehen? Seine berufliche Existenz (gut, die scheint eine einigermaßen gesicherte zu sein, er selbst berichtet, für die Jagd umgerechnet 45.000 Euro gezahlt zu haben, offenbar kein armer Mann) zu gefährden, weil er – besonders schlau scheint er nicht zu sein – den bekanntesten Löwen Simbabwes erst aus seinem Reservat gelockt und ihn dann vermeintlich legal erlegt hat?

Damit ist der Gipfel der Naivität aber noch nicht erreicht: Nach Medienberichten unterzeichneten nach dem Tod des Löwen bereits 130.000 Menschen eine Petition, Genehmigungen zur Jagd auf vom Aussterben bedrohte Tiere zu stoppen. Adressat: Präsident Robert Mugabe, der Diktator Simbabwes, mit dem die meisten Politiker auf dieser Welt am liebsten nichts zu tun haben. Der gute Mann, der auch schon mal Siedlungen, in denen man bei Wahlen gegen ihn gestimmt hat, mit Planierraupen niederwalzen lässt, wird sicher sein Herz für Tiere entdecken. Vielleicht folgen viele der Petitionsunterzeichner aber auch nur dem Wunsch nach dem guten Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen.

Okay, es ist Sommerloch, außer Kriegen, Völkermorden, Wirtschaftskrisen, Millionen von Flüchtlingen weltweit passiert gerade nicht viel … aber dieses Gegreine um einen Löwen geht mir jetzt schon auf die Nerven! Nein, die Jagd auf Löwen ist nicht in Ordnung; man kann sie auch aus christlicher Absicht verurteilen, da solche Sportjagden das Gegenteil dessen bedeuten, was man unter dem „Untertan machen“ der Schöpfung verstehen kann. Walter Palmer ist – jedenfalls was das betrifft – offenbar kein netter Mensch. Und Cecil – ja, das war ein unter Interessierten offenbar „bekannter Löwe“. Aber wenn die Reaktion Palmers, er habe nicht gewusst, dass es sich um ein Nationalsymbol handle, pariert wird mit den Worten, auch andere Löwen sollten nicht gejagd werden, dann fällt den Wortführern offenbar selbst nicht auf, dass sie auf andere Jagden gar nicht aufmerksam wurden und werden, wenn es sich um einen „Feld-Wald-und-Wiesen-Löwen“ handelt. Das macht die Jagd Palmers nicht besser, sägt aber an der „moralischen Überlegenheit“ seiner Gegner.

Und ja, auch „Whataboutisms“ sind in dieser Hinsicht mal legitim: Gibt es sonst, neben den bereits benannten Themen, nichts, worüber sich aufzuregen lohnte? Hunderttausend Abtreibungen in Deutschland pro Jahr (so die offizielle Zahl), Tötung unschuldiger ungeborener Kinder auf die im Mutterleib mit Spritzen, Zangen und Medikamenten Jagd gemacht wird? Eine Gesellschaft die über das eine Krokodilstränen vergießt, das andere aber achselzuckend und mit dem Verweis auf das „Selbstbestimmungsrecht“ der Frau zur Kenntnis nimmt, hat eine viel deutlichere Störung als ein Mann, der meint, es sei eine sportliche Großtat, einen Löwen aus sicherer Entfernung mit Pfeil, Bogen und Gewehr zu erlegen!

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Winfried Schley

"Trage die Kröte mit heiliger Andacht über die Straße, aber den Balg in deinem Bauch murks gefälligst ab", ist heute in Deutschland ein gängiges Verhaltensmuster, das unhinterfragt bis in die Politik hinein gepflegt wird. Im Internet ist es jetzt gerade halt mal gerade ein Maskottchen namens Löwe Cecil. Das wird sich schnell legen.

Gravatar: H.Roth

Ich mag Tiere. Aber Tierschützer sind mir schon lange suspekt, besonders die in Europa. Den meisten von ihnen ist ein normales Verständnis von Tieren völlig abhanden gekommen.
So wie sie bei diesem Löwen von "Mord" sprechen, bezeichneten sie das Vorgehen gegen mehr als 10.000 streunende, höchst aggressive Hunde im Stadtgebiet von Bukarst als "Genozid".

Gravatar: Jochen Reimar

Richtig erkannt - hier wird ohne Rücksicht auf Verluste eine Jagd auf einen Menschen gemacht. Klar hatte der zuvor bei seiner Jagd auch wenig Mitleid - aber ein Mensch ist ein Mensch, und ein Tier ist ein Tier.
Und ja, hier kann man mal wieder seine fünf Minuten Haß am Tag so richtig ausleben - was einem ja sonst aufgrund der vielfältigen und bunten Toleranzgebote nicht gestattet ist.
Und wenn Cecil abgehakt ist, geht's auf zur nächsten Hetze - habt Ihr das Hallali denn noch nicht gehört?

Gravatar: Deti

Am Tag als Cecil starb verhungerten 8000 Menschen. Das regte keinen auf, weil es jeden Tag geschieht.

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