Burkaverbot und blutige Kindergesichter

Die Frage, ob ein Burkaverbot sinnvoll und rechtens wäre, ist vielschichtig … und im rechten Kontext betrachtet ziemlich irrelevant.

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Es geht wieder ein Bild um die Welt: Das eines Jungen aus Aleppo, der – im Gesicht verletzt – in seinem ganzen Leben nur Krieg, Zerstörung, Angst kennengelernt hat. Solche Bilder bergen immer die Gefahr, instrumentalisiert zu werden: Der an den Strand angespülte Junge in der Türkei hat im vergangenen Jahr die Tragödie der Flüchtlinge vor Augen geführt … und diente Befürwortern wie Kritikern der deutschen Flüchtlings- und Migrationspolitik als Projektionsfläche.

Gut oder Böse

Doch bei aller berechtigter Kritik: In jedem Krieg passiert genau das! Unschuldige kommen um und werden verletzt, vor allem Kinder haben keine Möglichkeit auszuweichen, egal ob ihre Eltern zu den „Guten“ oder zu den „Bösen“ gehören.

Und letzteres lässt sich sowieso kaum ausmachen: Der syrische Machthaber quält in seinen Folterkellern Oppositionelle, steht immer wieder im Verdacht, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen. Ein Einsatz gegen ihn kann also durchaus als humanitärer Akt gesehen werden. Gehen ihn zu kämpfen heißt aber auch, im Gefolge der Opposition auch den IS zu unterstützen. Über diese Terroristen muss man nicht mehr viel sagen … aber gegen sie in Syrien zu kämpfen stärkt Assad. Und im Kampf gegen beide kommen auch Unschuldige und Kinder zu Schaden. Was also tun?

Dilemmata

Ähnliche Kriegsschauplätze, bei denen Schuld auf beiden Seiten der Front liegt, gibt es überall auf der Welt, und man ist geneigt, darüber zu verzweifeln. Ein Mindestfazit sollte aber sein, dass eine einseitige Unterstützung einer Partei in den allermeisten Fällen nicht für Gerechtigkeit geschweige denn Frieden sorgt. Oder glaubt ernsthaft jemand, dass mit einem Abtritt Assads in Syrien dort eine „arabischer Frühling“ ausbrechen würde, der auch in anderen Ländern der Region bereits in einen kalten Herbst des Islamismus übergegangen ist? Oder glaubt ernsthaft jemand, dass mit einer Niederschlagung des IS in Syrien eine Zeit des Friedens unter Assad ausbrechen könnte? Beide Optionen sind sowieso nicht sonderlich realistisch, aber beide sind nicht mal erstrebenswert.

Da kann man schnell auf den Gedanken kommen, sich für den einzusetzen, dessen Sieg einem am meisten nutzen könnte: Eine reine Vertretung nationaler Interessen jenseits von Ethik und Moral. Wenn schon nicht mal ein geringeres Übel auszumachen ist, dann kann doch eine zementierte Ungerechtigkeit zumindest mir bzw. uns helfen? Was würde beispielsweise dazu führen, dass weniger Menschen aus Syrien fliehen? Aber wieder landen wir in der Sackgasse: Menschen fliehen vor Assad und vor den Islamisten. „Gewinnt“ der IS, haben wir ein Land des Terrors und der Unterdrückung, gewinnt Assad haben wir einen skrupellosen Diktator (und Muslime, die vor ihm fliehen und sich in dem Zuge womöglich weiter radikalisieren).

Christliches Abendland?

Was bleibt, jedenfalls dann, wenn man das Wort vom „christlichen Abendland“ ernstnimmt, ist reine humanitäre Hilfe, ohne Ansehen der Person. Ein verletztes Kind eines IS-Terroristen hat genau so ein Anrecht auf Hilfe wie das Kind eines Assad-Anhängers; ganz sicher hat es das Kind einer Familie, die einfach so zwischen die Fronten geraten ist. Eine solche Hilfe setzt sich über das normale Freund-Feind-Schema hinweg, wird immer dem Verdacht ausgesetzt sein, die Falschen zu unterstützen, ist aber letztlich die einzige Möglichkeit, wenigstens den Opfern zu helfen, wenn schon nicht den Tätern in den Arm zu fallen.

Ich bin überzeugt: In dieser Hinsicht kann man immer mehr tun als der Status Quo es hergibt. Helfen kann man immer mehr und immer besser. Und so lange Bilder wie das des Jungen aus Aleppo auftauchen, ist klar, dass noch lange nicht genug getan ist.

Aber ist es damit genug? Nur scheinbar zynisch könnte man auch fragen, ob man denn aber umgekehrt mit einer solchen Hilfe den Krieg nicht noch weiter befeuert: Verletzte wieder „kampffähig“ macht, Kinder, wenn man sie hat retten können, wieder in die Obhut derjenigen entlässt, die den Hass weiter schüren?

Keine Lösung

Um mal zum Punkt zu kommen: Ich habe keine Lösung! Die militärischen Einsätze kranken immer daran, dass sie sich auf die Seite einer der Kriegsparteien schlagen. Gegen den Einsatz gegen Assads Truppen gibt es genau so Argumente wie gegen den Einsatz gegen Rebellen, vor allem, wenn man Islamisten unter ihnen vermuten muss. Darum misstraue ich an dieser wie an vielen anderen Stellen einer Politik, die versucht, ein klares Feindbild zu suggerieren, aber nicht in der Lage ist, die Widersprüche aufzulösen.

Mir scheint aber vor allem, dass die hier in Deutschland anlandenden Themen im Vergleich eher klein sind. Natürlich gibt es ein Terror- und auch ein Kulturproblem. Mir geht es nicht darum, eine verfehlte Flüchtlings- und Integrationspolitik kleinzureden. Aber die Frage, ob muslimische Frauen bei uns eine Burka tragen dürfen oder nicht, ist – abgesehen von den verfassungsrechtlichen Bedenken – tatsächlich ein Nebenproblem. Die Antwort auf die Frage, ob Moscheen gebaut werden können und welche Höhe Minarette haben dürfen, hilft in den tatsächlichen Problemen nicht weiter.

Unsere Probleme

Natürlich, hinter beiden exemplarischen Themen steht eine Symbolik, die leicht unterbewertet werden kann. Nur scheinen sie im Moment eher überbewertet zu sein, angesichts der Probleme, die in den kommenden Jahren auf uns warten, wenn die wirklichen Krisen nicht eingedämmt werden. Gehören solche Fragen deswegen nicht beantwortet? Doch, gehören sie, aber der Aufruhr, den sie in der Politik und in den sozialen Medien verursachen, erscheint mir nicht gerechtfertigt.

Oder, um es noch mal symbolisch zu beschreiben: Der kleine Junge mit dem blutigen Gesicht in Aleppo würde, wüsste er von diesen Diskussionen bei uns, vermutlich sagen: Eure Probleme möchte ich haben!

Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de/2016/08/19/burkaverbot-und-blutige-kindergesichter/

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Na iss denn dass...
Burka hin und Burka her..wir haben nicht das ganze Jahr Fasching oder Karneval.
Man sollte mal darüber nachdenken das die nichts darunter anhaben um bei 30-35 Grad sich nicht zu tode schwitzen müssen.In ihren Ländern haben sie nur löcher im Boden als WC .Kann also alles im stehen erledigt werden.Sie wollen sich damit auch nur vor den Blicken der eigenen Landsleute
schützen die ja schon bei Ziegen und Esel Geschlechtsteilen auf verbotene Gedanken kommen und bei ihnen auf den Viehmärkten zugeklebt werden.Ein Mensch aus dem 20. Jahrhundert interessiert sich nicht für fremde Frauen außer sie sind sich beide zugetan.Wegschauen kann man nichts und wir grapschen und fummeln auch nicht an fremden Frauen herum,Das sind klein bestückte Ziegenhirten Manieren.

Gravatar: FDominicus

"Die Burka finde ich nun keinesfalls nebensächlich. Sie ist eine antizivilisatorische Vermummung, die eine ganz massive Beleidigung des potentiellen Gegenübers ist, genauso wie es Nacktheit auf der Straße wäre oder vor einem Fremden auszuspucken."

Spucken ist ein tätlicher Angriff, durch eine Burka werden Sie nicht angegriffen. Und ich fühlte mich auch durch Nackte nicht beleidigt. Ich würde einen Bogen um diese herum machen. Können Sie gerne auch um Bukaträgerinnen herum genauso handhaben.

Gravatar: Helene

Die Burka finde ich nun keinesfalls nebensächlich. Sie ist eine antizivilisatorische Vermummung, die eine ganz massive Beleidigung des potentiellen Gegenübers ist, genauso wie es Nacktheit auf der Straße wäre oder vor einem Fremden auszuspucken.
Das hat auch nichts mit Religionsfreiheit zu tun, wenn man religiöse Bräuche aus dem tiefsten Mittelalter toleriert. Das Christentum ist immerhin in der Neuzeit angekommen, oder gibt es heute noch Ablaßhandel, Scheiterhaufen oder Geißelungen?
Darüber hinaus gehört die Burka zur Salamitaktik, mit der Schritt für Schritt die "Landnahme" vorangetrieben wird.

Gravatar: Thomas Rießler

Bei Ihnen habe ich nicht den Eindruck, dass Sie kontrollierte Opposition betreiben, sondern dass Sie ganz einfach intellektuell nicht dazu fähig sind, die Dinge zu erfassen.

Gravatar: Hans-Peter Klein

@ Ron Ceval

"Wer die Energieversorgung kontrolliert, kontrolliert auch alles andere."

Wie wahr, und was folgt nun daraus?

Was spricht dagegen, unsere gesamte Energieversorgung um zu strukturieren in der Reihenfolge: Vermeiden, Sparen, Erneuerbare Energien, konventionelle Energien?

MfG, HPK

Gravatar: Ron Ceval

In einem haben Sie recht: es gibt keine Lösung. Genauso wahr ist, daß die Opfer instrumentalisiert werden. Ich habe keinen Fernseher, weil ich mich der visuellen Manipulation entziehen will. Trotzdem, im Radio kommt dann,bei jeder Meldung über einen gewaltsamen Anschlag, im Nachsatz das Gesülze wieviele Frauen und Kinder betroffen wurden, letztere möglichst mit Altersangabe.
Wissen Sie was? Inzwischen ist es mir egal. Die offensichtliche Absicht, mir eine Meinung vorzuschreiben, macht mich wütend. Kein Mensch will das Abschlachten von Menschen, egal welchen Geschlechts und welchen Alters.
Syrien unter Assad war eines letzten Länder mit Religionsfreiheit, bis es als Durchgangsstrecke für Gaspipelines interessant wurde und die üblichen Brandstifter es aus vorgeschobenen Gründen destabilisierten. Leute, es geht immer um Macht und Geld. Wer die Energieversorgung kontrolliert, kontrolliert auch alles andere.
Was das mit Burka und Minaretten zu tun hat?
Der Islam ist ein Programm zur Entmündigung des Einzelnen, mit ein paar Privilegien für den männlichen Teil der Gesellschaft. Genau der Individualismus, der zur Gründung von Demokratien geführt hat, wird damit eliminiert. Die Welt soll nicht verbessert, sondern bevölkert werden und schon entbrennt der Kampf um die Ressourcen. Wir im Westen sollten uns hüten, dieses Spiel mitzuspielen. Der Islam ist nichts weiter als eine archaische Form von -ismus, unter denen wir im vergangenen Jahrhundert schon genug gelitten haben. Statt von der "Partei" werden wir vom Wort des "Propheten" regiert, welches strenger ist als die Mao-Bibel. Es ist wie bei einer Schwangerschaft: es gibt nicht "ein bißchen schwanger", es gibt den Koran, nichts außerhalb. Und technisch gesehen gehören wir und unser noch funktionierende System zu den "Ressourcen", die der Islam sich aneignen will.

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