Bundestagswahl: Und jetzt?

Einen Wahltipp habe ich vor der Wahl nicht gegeben, aber wer es wissen will, dem kann ich gerne bestätigen: meine Wahl ist auf die Siegpartei der gestrigen Bundestagswahlen gefallen.

Veröffentlicht:
von

Warum ein Christ eine Partei wählt, die sich doch zum „C“ in ihrem Namen so wenig bekennen mag? Weil sie von den etablierten (!) Parteien noch immer diejenige ist, in der man christliche Menschen- und Weltbilder in der Politik überhaupt vorfindet, während konservativ-katholische Positionen in diesem Land nicht parlamentsfähig sind. Solche Positionen müssen schon von der CDU wieder neu als Wert aufgefunden werden, eine PBC wird auf absehbare Zeit eine entsprechende Positionierung nicht erlangen.

Und warum wählt ein Libertärer nicht die Partei der Vernunft? Weil diese Partei in einer – wie ich finde gesunden – Findungsphase ist. Mag sie ruhig noch ein bisschen dauern, und wenn sie einen Weg einschlägt, den auch ein Katholik mitgehen kann, wäre ich gerne dabei. Nicht auszuschließen, dass ich bei der Europawahl mein Kreuz bei denen mache, bei den vergangenen Bundestagswahlen war die Gefahr größer, damit den „linken Block“ zu stärken, der – das sollte man bei allem Jubel unter Konservativen nicht vergessen – die Mehrheit im Bundestag errungen hat!

Von der FDP möchte ich an dieser Stelle eher schweigen, ich habe es in anderen Beiträgen deutlich gemacht: während eine pdv noch nach ihrem Wertefundament sucht, hat es die FDP in den vielen Jahren ihrer Regierungsbeteiligung einfach aufgegeben, und eignet sich heute weder als industrielle Klientelpartei und noch viel weniger als eine Partei des Schutzes der individuellen Freiheit vor dem Zugriff des Staates – beides hat sich, man kann das bei der Positionierung der FDP in der Frage des Betreuungsgelds besichtigen, ohnehin als wenig kompatibel erwiesen. Und auch die AfD, wenngleich ich ihren Erfolg anerkenne, ist nicht die Partei, von der man Liberalismus erwarten kann – im Kern ist sie auch, wie viele der Kleinparteien, noch auf der Suche nach einem Profil. Vielleicht werden sie noch mal wählbar, im Moment kauft man was gesellschaftpolitische Fragen angeht die Katze im Sack. Gut, dass sie noch nicht in den Bundestag eingezogen sind, gut aber auch, dass sie stark genug geworden sind, dass es sie jetzt nicht direkt wieder zerbröselt, sondern sie an ihrem Programm und Profil arbeiten können.

Wem aber der Linkstrend in der CDU im Grunde nicht gefällt und so die CDU gewählt hat, in der Hoffnung, die Partei möge sich bei entsprechender Stärke besinnen, den müssen – wie mir – heute Morgen zwei Themen beschäftigen.

Eines liegt im Scheitern der FDP und dem Wegfall des „natürlichen Koalitionspartners“ begründet: da die CDU nun eine Koalition mit einer der drei linken Parteien (von denen eine komplett, die andere ziemlich weit außerhalb des Realistischen liegt) benötigt, wird sie in den kommenden vier Jahren aus Rücksicht auf diesen Partner eigene Positionen aufgeben müssen. Eine Koalition funktioniert nicht ohne Kompromisse, und so war ich durchaus erfreut, als sich gestern Abend ganz kurz abzeichnete, die CDU könne eine absolute Mehrheit gewinnen. In dem Fall hätte eine Merkel-CDU nachweisen können, wofür sie wirklich steht, ohne in Fragen beispielsweise der Familienpolitik auf einen Partner zugehen zu müssen. Vorbei der Traum – und um es an einem Beispiel festzumachen: das Betreuungsgeld, auch in großen Teilen der CDU nicht eben beliebt, ist für Familien, die ihre Kinder in den ersten drei Jahren gerne zu Hause erziehen wollen, derzeit noch unsicherer als es bei einer Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition gewesen wäre.

Damit sind wir auch beim zweiten Thema: Focus-Online kommentiert heute Morgen treffend über den Wahlsieg der CDU: „Das wird in der CDU all diejenigen verstummen lassen, die Merkels Kurs in der Vergangenheit kritisierten. Es ist offensichtlich, dass die Wähler den Modernisierungskurs in der Familienpolitik, die Kehrtwende in Sachen Atom, die Abschaffung der Wehrpflicht und auch die Europapolitik schätzen – und auch die unprätentiöse Art, mit der Merkel ihr Amt ausfüllt.“ Ich gehöre zu den Kritikern des CDU-Linkstrends, kann mich leidenschaftlich über deren Bemühen, die „modernen urbanen Milieus“ für sich zu gewinnen, aufregen, aber wenn eine Partei trotz immenser Stimmenabgabe an den Newcomer, die AfD, in solcher Weise zugewinnt, dann muss sie, in den Augen der Wähler, was richtig machen. Es ist nicht die Zeit für „Wählerbashing“, wie wir es in den vergangenen Stunden vor allem in den öffentlich-rechtlichen Medien erleben dürfen, die gar nicht verstehen können, wie dieses Wahlvolk (von dessen Beiträgen sie leben), sich ihrer unverhohlenen Bevorzugung linker Position entziehen konnten (Herzlich Willkommen in der Demokratie – warum soll die immer nur für die Konservativen zu schlechten Ergebnissen führen?!). Als Konservativer muss man aber wohl zur Kenntnis nehmen, dass der Modernisierungskurs der CDU von weiten Teilen der Wähler goutiert wird. Für einen Stopp des Linkstrends wird eine Partei, die derartig erfolgreich nur denkbar knapp an einer parlamentarischen Mehrheit vorbeigeschrammt ist und nun andererseits einen linken Koalitionspartner sucht, gar keinen Anlass sehen.

Wer eine konservative CDU mit einer klaren christlichen Grundorientierung will, die gleichzeitig auch noch den Einfluss des Staates gegenüber dem Bürger zurück fährt, zu einer vernünftigen Wirtschafts- und Geldpolitik zurückfindet und diese Positionen in ihrer Regierungsarbeit notfalls auch gegen einen Koalitionspartner durchsetzt – für den stehen seit gestern die Zeichen durch die Fast-absolute-Mehrheit der CDU und den ersatzlosen Rauswurf der FDP auf Krise. Für solche Positionen, wie ich sie auch vertrete, müssen erst mal wieder Mehrheiten geschaffen werden, im Moment sind sie offenbar nicht vorhanden. Missionierung tut Not, und nicht nur in Fragen des Glaubens!

Beitrag erschien zuerst auf: papsttreuuer.blog.de 

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Michael W. Nickel

Was wollen Sie mit ihrem Artikel/Kommentar sagen?

Ich glaube nicht, dass der Stimmenzuwachs der Union eine Bestätigung des Merkel'schen Linkstrend ist. Die Stimmenzuwächse beruhen ja vor allem auf die Abgaben anderer Parteien, die FDP voran und auf vormalige Nichtwähler.

Bei den kritischen, bürgerlich-konservativen Mitgliedern gab es vielfach eine Stimmung einer "letzten Chance" oder sie haben gleich die selbsternannte Alternative gewählt.

Schlussendlich bleibt nur ein Fazit: Die Schwächung des bürgerlichen Lagers mit einer nicht mehrheitsbewehrten Union und zwei liberalen Parteien, die sich gegenseitig die Stimmen genommen haben und so draußen blieben, brachte uns eine Rot-Rot-Grüne Mehrheit. Dafür darf und muss man Bundeskanzler Merkel - aber auch genauso den Spaltern von der AfD danken. Schließlich haben sie einer ganzen Wählergruppe fast erfolgreich vorgegaukelt, sie wären konservativ.

Gravatar: Karin Weber

Ich glaube nicht, dass das Wahlergebnis der überragende Erfolg ist, als der er uns verkauft wird. Dazu mal ein ganz einfaches Rechenmodell:

- 73% Wahlbeteiligung
- davon 41% Stimmenanteil für die CDU

100-(73*0,41)=70% der Wahlberechtigten, die NICHT die CDU gewählt haben.

Wenn mehr als 2/3 der Wahlberechtigten NICHT für diese Politik sind, dann ist diese Regierung Merkel für jeden normalen Menschen eigentlich abgewählt. Unverständlicherweise passiert hier aber genau das Gegenteil: Die können weiterwurschteln!

Wer in diesem Land von Leistungsträger zum Leistungsempfänger wird, der hat nichts zu verlieren und dem kann die Entwicklung krachend am Hinterteil vorbeigehen. Mit Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind wir in der DDR auf die Welt gekommen und wir werden in solchen Verhältnissen auch wieder diese Welt verlassen.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang