Boykott-Bankrott

Eine neue Stufe des Angriffs auf die Freiheit bewirkt erste Erfolge des Widerstands.

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Nachdem für Andersdenkende inzwischen Berufsverbote, Internetzensur und körperliche Attacken durch die Fußtruppen des neuen Milieus an der Tagesordnung und gesellschaftlich weitgehend legitimiert sind, war die Zeit reif für den nächsten Schritt der totalitären Umgestaltung unserer Gesellschaft. Nicht mehr nur direkt über Propaganda, Ausgrenzung und Kriminalisierung soll die Opposition mundtot gemacht werden, sondern nun auch auf der Ebene, auf der das System die größten Erfahrungen hat: mittels Marktwirtschaft oder eben dem, was davon global übriggeblieben ist.

Während es kurz vor Weihnachten den berüchtigten Boykottaufruf eines Werbemanagers gegen alternative Internetportale gab, richtet sich auch die jüngste öffentliche Denunziation seitens eines SPD-Politikers keineswegs nur gegen den betroffenen AfD-Sympathisanten. Doch die dunkelsten Stunden sind oft auch die Geburtsstunde eines neuen Lichts, und erstmals seit vielen Jahren der demokratischen Verrohung und des Aufkommens der dunklen Seite der Macht konnten wir sehen: Die Republik schlägt zurück.

Doch der Reihe nach. Der ehemalige Pirat und heutige SPD-Politiker Christopher Lauer war via Twitter von einem Sparkassen-Mitarbeiter - in der Tat  dummerweise auf einem offiziellen Formular des Instituts - scharf, aber ohne Beleidigungen kritisiert worden. Das hätte zu einem konstruktiven persönlichen Streit führen können, doch Lauer machte die Sache zu Jahresanfang lieber öffentlich und damit zu einem kollektiven Phänomen. Damit nicht genug, richtete er sich danach auch an den obersten Arbeitgeber des Mannes - was dem Mann den Job kosten dürfte. Das war natürlich gemein, aber Gemeinheit ist eine bekannte Tugend für das neue Milieu, wenn sie sich gegen jene richtet, die nicht funktionieren, wie sie sollen.

Hinter solchem Verhalten steckt natürlich auch immer wieder der Versuch einer individuellen Profilierung. Lauer, der 2012 zum Troll des Jahres gewählte Abbrecher seines Physikstudiums, hatte bisher noch die größte Aufmerksamkeit gefunden, als er für die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus sitzend beim Axel-Springer-Konzern „Leiter Strategische Innovation“ wurde. Ein Widerspruch? Interessenkollision? Wählerverrat? Ach was. Nebenbei gefragt, wie blöd müssen die bei Springer eigentlich sein, den Bock zum Gärtner zu machen? Auf seiner eigenen Internetseite hat der selbsterklärte Netzpolitiker jenseits dieses Aufregers seinen letzten Beitrag zum Thema Netzpolitik im April 2013 veröffentlicht. Lauer geht es nicht.

Mehr populistische Popularität auf dem Kerbholz hat da schon Julia Schramm, ebenfalls ein Ex-Pirat, die in verantwortlicher Position in der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) für das Bundesjustizministerium das Internet nach verwerflichem, weil „hasserfülltem“, also politisch ungewolltem Gedankengut durchforstet. Immerhin hatte sie mit „Bomber Harris - do it again“, also dem Aufruf, zehntausende Menschen per Bombenabwurf zu töten, wenn es denn nur Deutsche seien, zumindest in ihrer Szene Beifall gefunden. Dennoch fehlt auch ihr die rechte linke Medienpräsenz, denn das System lässt sie lieber im Stillen ihr (Zensur-)Werk verrichten, als ihren tagtäglichen Hass zu kommunizieren. Soweit sind wir dann eben doch noch nicht, solche Pöbeleien, die ein Rechtsstaat verfolgen würde, als demokratische Qualität zu verkaufen. Wenigstens hier soll aber dem Mangel an Information mit einem „Best of Schramm“ abgeholfen werden:

„Lasst es krachen, lasst es knallen, Deutschland in den Rücken fallen. 

Henkel ist ein Fascho.

Grottenschlechter Artikel von Spiegel Online. Wichser.

Deutschland ist eine Idee, Deutschland darf getötet werden.

Stalingrad war wunderbar, Naziopa blieb gleich da. 

Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer frei.

Bomber Harris, Flächenbrand – Deutschland wieder Ackerland.“ 

Und ihr Lieblingswort in öffentlichen Tweets lautet schlicht „Arschloch“.

Bei Twitter präsentierte sich die 31-Jährige vor einem Bild einer Hundertschaft vermummter Antifa-Terroristen mit dem Banner: „Heute sind wir Kanzleramt, morgen brennt das ganze Land.“ Und kommentierte: „Ich sag mal: Genau mein Humor.“ Früher sägte man an dem Ast, auf dem man sitzt, im neuen Deutschland verbrennt man ihn gleich mit (und sei es bloß vorgeblich, um bei eigener Klientel Pluspunkte zu sammeln). Der Höhepunkt Schrammschen Schaffens ist aber ein kürzlich ins Netz gestelltes Video, in dem die erklärte Feministin im naiven Girlie-Stil plaudernd durch die deutsche Landschaft läuft und zu ihrem Bomber-Harris-Zitat Stellung nimmt (ohne dieses zu wiederholen): „Da mögen viele drüber gelacht haben, und ich habe auch selber drüber gelacht.“

Das ist natürlich zum Weinen, aber man beachte den Nachsatz, dass es „den Gag nicht wert war“ angesichts der vielen Anfeindungen, die das arme Opfer dafür erdulden musste. Anscheinend gibt es also Widerstand, und anscheinend hat es dieser Widerstand geschafft, sie wenn schon nicht zum Nachdenken zu bringen so doch in ihrem hasserfüllten Tun einzuschüchtern. Womit wir schon mit dem Stichwort „Konsequenzen“ direkt bei Gerald Hensel sind, einem Frontkämpfer des neuen Milieus, der den Mainstream mit Boykottaufrufen gegen missliebige Internetportale links überholen wollte und dadurch seinen gutdotierten Job bei der bis dahin renommierten Werbeagentur Scholz & Friends verlor.

Sozusagen auf dem Briefpapier seines Arbeitgebers und unter Nutzung dessen Adressenverteilers und der im Job generierten Kontakte hatte Hensel unter dem Motto „Kein Geld für rechts“ Unternehmen angeschrieben, die auf regierungskritischen Portalen Werbung geschaltet hatten, und sie aufgefordert, davon Abstand zu nehmen. „Liebe Kollegen aus Media, Werbung und von Markenartiklern: Ein einfacher Weg, nicht unpolitisch zu sein, geht so: Lasst uns gemeinsam die Finanzierung von rechtsextremen Websites und Meinungsportalen wie Breitbart und vielen anderen stoppen.“ Dabei war er durchaus erfolgreich, und brachte beispielsweise die Achse des Guten in existenzielle Bedrohung, die gegenwärtig mit einer Patenkampagne abgewendet werden soll. Hensel hatte bei seiner Aktion gründlich, wie das Kreativgewerbe nun einmal ist, eine Liste aller ihm missliebigen Alternativmedien beigelegt, dabei allerdings allen Portalen von konservativ bis liberal gleichermaßen das Etikett „rechtsextrem“ übergeholfen. Seine Liste hat im übrigen eine auffallende Ähnlichkeiten mit der Blacklist der AAS, bei der wie oben berichtet auch Julia Schramm ihr Unwesen treibt und die wie durch ein Wunder vor kurzen aus dem Netz verschwand.

All die Vorgänge werden demnächst vielleicht noch in einem kleinen Erklärstück auf diesem Blog nachgereicht inklusive der henselschen Stalinismussymbolik, seiner Selbstgerechtigkeit, seiner Aggressivität, seiner politischen Naivität und vor allem seinem schwerbehinderten Verständnis von Demokratie, was natürlich einer Diskriminierung von Schwerbehinderten gleichkommt. Man hätte dazu gerne eigene Studien auf seiner Homepage getrieben, doch ist auch die nur noch, wenn überhaupt, für Besitzer eines Passwortes erreichbar.

Heute soll vorerst nur interessieren, dass wir von Hensel durchaus lernen können: „Es gilt darum, an vielen kleinen Punkten digital übergriffiger und deutlich unsympathischer im Umgang mit den Leuten zu werden, die uns ihre Zukunft aufdrücken wollen .“ In der Tat, während dem Mainstream keine Lüge zu dreist und keine Methode zu dreckig ist, verharrt der demokratische Widerstand in einer Kaninchenstellung. Die Opferrolle zu überwinden bedeutet keinesfalls, auf die schmutzigen Methoden des politischen Gegners zurückzugreifen, doch ohne ein offensives Konzept dürfte die Niederlage unabwendbar sein.

Womit wir wieder bei Herrn Hensel wären:  „Die liberale Mitte muss die Samthandschuhe ausziehen.“ Recht hat er, auch wenn er dabei paradoxerweise für sich selbst und seinesgleichen reklamiert, diese liberale Mitte darzustellen. Nicht folgen dürfen ihm die wirklich Libertären allerdings, wenn er vom Mainstream und von seinen Werbekunden fordert, „Populismus zu lernen“. Allen Ernstes nennt er dies dann „guten Populismus“, und automatisch fragt man sich, wann die Forderung nach einem neuen guten Führer aufkommt, der die Gesellschaft von all diesen bösen Rechten zu säubern vermag.

Hensel denkt zwar nicht viel blöder, als der Rest des Mainstreams, aber er hat den Fehler gemacht, seine Beschränktheit ohne eine entsprechende Machtposition öffentlich zu machen. Er ist nicht Mitglied der Bundesregierung oder sonstwie Teil des politischen Komplexes, er ist nicht Teil der etablierten Medien, sondern ist oder vielmehr war Teil der Wirtschaft, und die operiert eben (noch) nicht völlig losgelöst von den Bedingungen der Wirklichkeit - sie trachtet danach, Geld zu verdienen.

Die Konsequenzen musste Hensel hinnehmen, als nicht nur die Hauptgeschädigten Achse des Guten und Tichys-Einblick ihre Entrüstung artikulierten, sondern als sich auch die bisher tatenlos im Internet schwätzende Opposition aufraffte, Widerstand zu üben. Die Werbeauftritte von Scholz & Friends und deren Homepage wurden auf ausgesprochen kreative und zahlreiche Art mit dem Unmut konfrontiert, was Wirkung zeigte: „Wir sammelten innerhalb weniger Tage über 2000 negative Bewertungen auf Facebook. Unsere Kunden erhielten massenhafte Mails mit Boykottdrohungen in Bezug auf ihre Produkte sowie der Aufforderung, das Vertragsverhältnis mit Scholz & Friends zu kündigen.“ So sprach S&F-Geschäftsführer Stefan Wegner zerknirscht, und obwohl das Unternehmen zuerst unverbrüchlichen Rückhalt für Hensel versprochen hatte, saß der Mann wenige Tage später auf der Straße.

Und dessen Pleite ist kein Einzelfall. In Amerika beantwortete das Netz den Boykott des unabhängigen Nachrichtenmediums Breitbart-News durch Kellogg’s (Cornflakes) mit einem Gegenboykott und einer Online-Petition, der sich in kürzester Zeit Zehntausende anschlossen. In Deutschland musste die nach dem armen Amadeu Antonio benannte (Brand-)Stiftung ihre Denunziationsseite vom Netz nehmen, und „Bomber Harris“-Schramm zeigte sich wie beschrieben vom Gegendruck öffentlich beeindruckt. Beispiele, die Schule machen könnten. Beispiele, die den bisher scheinbar selbstverständlichen Mechanismus von Unterdrucksetzung und Ehrabschneidung in Deutschland brechen könnten.

Wir wissen nicht, ob Hensel nicht schon bald als Medienbeauftragter einer großen Partei oder eines Ministeriums wiedergeboren wird, doch zumindest kann uns diese mehr als klammheimliche Freude seines gegenwärtigen Scheiterns nicht mehr genommen werden. Die Freude paart sich mit der Erkenntnis, dass friedlicher demokratischer Widerstand durchaus von Erfolg gekrönt sein kann. Ziviler Widerstand, der sich endlich auch im Internet, also über Dresdner Stadtgrenzen hinaus, formiert. Der Sieg über die henselschen Machenschaften ist ein schmerzhafter, denn das Geld der Werbebranche wird der Gegenöffentlichkeit fehlen, dies wiederum wird sie kluge Autoren kosten oder im schlimmsten Falle manche Portale ganz zum Aufgeben zwingen. Dagegen steht die Erkenntnis des Widerstands, nicht chancenlos zu sein, und die Erkenntnis der Hetzer, dass ihr von Karrieredenken und Profilierungsneurose geprägtes Tun ein Schuss sein kann, der das eigene Knie trifft.

Mehr von Konrad Kustos gibt es hier: https://chaosmitsystem.blogspot.de/

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: karlheinz gampe

Boykottiert einfach Daimler, Kellog`s, Scholz & Friends usw.

Es sollte eine Liste von derartigen Unternehmen geben.

Gravatar: Frank Endres

Ich möchte eine persönliche Konsequenz ergänzen. Nach dem Auftritt von Dieter Zetsche bei den Grünen kommt mir kein Produkt aus diesem Konzern mehr ins Haus (gebraucht nicht, und neu schon 2x nicht), und deutsche Printmedien lese ich als Achse-Pate und Tichy-Unterstützer ganz sicher nicht mehr. Oh weh, jetzt habe ich bestimmt bald die "Wahrheitspolizei" vor der Tür und kriege Ärger.......

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