Böhmermann und die Saporoger Kosaken

Ob Böhmermanns Gedichtchen gegen Erdogan Kunst oder eher eine Beleidigung von Kurt Tucholsky ist, wenn man es als Satire durchgehen lässt, will ich an dieser Stelle nicht erörtern.

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Statt dessen möchte ich auf ein großes historisches Vorbild hinweisen, das die Blaupause für Böhmermanns Suade abgegeben haben könnte.

Zur Zeit des Osmanischen-Russischen Krieges lebten am Unterlauf des Dnepr die Saporoger Kosaken, nach Ilja Repin ein  Teufelsvolk! Niemand auf der ganzen Welt hat so tief die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gefühlt.“ Deshalb widmete der große russische Maler zehn Jahre seines Lebens, um das Gemälde „Die Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief“zu malen , das heute in der Tretjakowgalerie zu sehen ist. Jedes Schulkind der DDR , also auch Kanzlerin Merkel, kennt das Bild, denn es war im Lesebuch abgebildet und wurde als Lehrbeispiel behandelt, wie man sich gegenüber Tyrannen verhalten sollte.

Das ist der Text des Briefes, der Repin inspiriert hat und der Zar Alexander III nicht abgehalten hat, das Gemälde für 35000 Rubel zu erwerben:

„Du türkischer Teufel, Bruder und Genosse des verfluchten Teufels und des leibhaftigen Luzifers Sekretär! Was für ein Ritter bist du zum Teufel, wenn du nicht mal mit deinem nackten Arsch einen Igel töten kannst? Was der Teufel scheißt, frisst dein Heer. Du wirst keine Christensöhne unter dir haben. Dein Heer fürchten wir nicht, werden zu Wasser und zu Lande uns mit dir schlagen, gef… sei deine Mutter!

Du Küchenjunge von Babylon, Radmacher von Mazedonien, Ziegenhirt von Alexandria, Bierbrauer von Jerusalem, Sauhalter des großen und kleinen Ägypten, Schwein von Armenien, tatarischer Geißbock, Verbrecher von Podolien, Henker von Kamenez und Narr der ganzen Welt und Unterwelt, dazu unseres Gottes Dummkopf, Enkel des leibhaftigen Satans und der Haken unseres Schwanzes. Schweinefresse, Stutenarsch, Metzgerhund, ungetaufte Stirn, gef… sei deine Mutter!

So haben dir die Saporoger geantwortet, Glatzkopf. Du bist nicht einmal geeignet, christliche Schweine zu hüten. Nun müssen wir Schluss machen. Das Datum kennen wir nicht, denn wir haben keinen Kalender. Der Mond ist im Himmel, das Jahr steht im Buch und wir haben den gleichen Tag wie ihr. Deshalb küss unseren Hintern!

Der Lager-Ataman Iwan Sirko mitsamt dem ganzen Lager der Saporoger Kosaken.“

Hier geht es zum Bild. Steht im Mittelgrund links nicht Böhmermann mit blauem Mantel?

Dank an Doderich von Schwarzen für den Hinweis

Beitrag zuerst erschienen auf vera-lengsfeld.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Thomas Rießler

Dieser Blog ist wohltuend undeutsch. Normalerweise entdecken die Landsleute nämlich, wenn es um die Auseinandersetzung mit Autokraten und Diktatoren geht, die Menschenrechte und den Rechtsstaat zum Schutz der Tyrannen und nicht etwa der Freiheitskämpfer.

Gravatar: egon samu

Mit diesem Bezug auf die Kosaken, die den Sultan verhöhnten und auch stark genug waren sich gegen die mohammedanischen Armeen zu verteidigen ist Frau Lengsfeld, die ich mit viel Respekt verehre ein viel zu ehrenhafter Vergleich für den unbedeutenden ZDF-Clown Böhmermann ausgerutscht.
Kann ja mal passieren...

Gravatar: RisingEuropeAgain

Vielen Dank, Frau Lengsfeld!
Mir (der ich im Westen aufgewachsen bin) war weder das o.g. Gemälde noch der (sehr amüsante & krasse) o.g. Brief bekannt;... eine echte Wissenslücke, die nun gefüllt wurde! ;) - An ihre Kritiker (u.a. hier in den Kommentarspalten) gerichtet möchte ich hervorheben, dass sie mit dem verwendeten Konjunktiv ("abgegeben haben könnte") eigentlich ausreichend deutlich gemacht haben, dass sie hier keinen "linearen Zusammenhang" zwischen Böhmermann-Gedicht und Kosaken-Brief hergestellt wissen wollen... Somit laufen alle diesbezüglichen Kritiken m.E. ins Leere. Weiterhin frohes Schaffen!

Gravatar: AMAN  ANTON

@ Vera Lengsfeld:

Ihr Bericht in Ehren, aber Böhmermann´s Gewdichtchen
hier im Zusammenhang mit der Kunst des russischen Realismus und dessen hervorragendem Vertreter,
Ilja Jefimowitsch Rein zu bringen, ist weder angebracht,
noch diskutierfähig, trotzdem habe ich mich gefreut,
weil ich selbst einige Bilder von Repin, allerdings "nur"
in Briefmarken-Originalen der "POSTA CCCP" von
1969 besitze:

1.) Die Saporoger Kosaken 1880-1891
Russisches Museum

2.) Die Volgatreidler 1870-1873
Russisches Museum

3.) Unerwartete Heimkehr 1884-1888
Tretjakow-Galerie

4.) Mussorgsky 1881
Tretjakow-Galerie

So kommt zumindest die beeindruckende russische
Kunst zum Vorschein!

Mit freundlichen Grüßen, Anton Aman

Gravatar: Diederich Heßling

Wollen Sie einen Böhmermann mit den großartigen Taten der Kosaken vergleichen...???
Ich bitte Sie, sehr geehrte Frau Lengsfeld.

Gravatar: Gernot Radtke

Nein, Frau Lengsfeld! So bitte nicht! Sie verteidigen einen unterirdischen Text mit einem noch grottenböseren und stilisieren das auch noch zur Freiheitsbekundung des Kosaken in uns hoch. Dann doch lieber Beethovens Neunte mit Schillers Worten vom Menschenbruder. Hätte Repin auch nur eine Sequenz des Kosaken-Textes an den Sultan in sein Bild gemalt, hätte er sein grandioses Gemälde vernichtet. Er war so klug, dies nicht zu tun. Was beweist der Kosaken-Schmäh? Daß sich dessen Verfasser in ihren barbarischen Manieren offenbar gar nicht so sehr von den inkriminierten Türken unterscheiden. Darauf läßt sich schwerlich ein freiheitliches ‚Wir sind das Volk‘ gründen. - Ihr Hinweis ist zwar philologisch und historisch interessant, grätscht sich aber diesmal in die von Ihnen sonst so gescheit und tapfer vertretenen Ansichten zum aufrechten Gang des Menschen, die ich mit größter Sympathie auch für Sie persönlich teile. Ihr Bild hängt diesmal schief.

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