Bin ich nun linksextrem oder rechtsextrem, oder wie?

Als ich gegen Stuttgart 21 demonstrierte, weil mir die Kosten für den geringen, oder besser gesagt, den fehlenden Nutzen für dieses Projekt abenteuerlich und zukunftsvergessen erschienen, da kam ich in den Ruch, unverbesserlich grün oder ziemlich links zu sein.

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Jetzt, wo ich gegen die Missachtung des Elternrechts durch eine sexualisierte Reform des baden-württembergischen Bildungsplans demonstriere, werde ich durch die Medien in die konservativ-christlich-fundamentalistische, oder gar in die rechtsextreme Ecke gesteckt.

Ja was denn nun?  Bin ich nun linksextrem oder rechtsextrem oder wie?

Die Motivation für mein demokratisches Engagement gibt mir weder eine grüne, noch eine fundamentalistische, noch eine nationalistische Haltung, sondern ganz allein und ausschließlich mein eigener Verstand, meine Vernunft, und vor allem meine Lebenserfahrung. Geboren in ein nationalsozialistisches Deutschland, aufgewachsen in einer jungen Demokratie, ein Leben lang gedient unter bundespolitischen Flaggen aller Couleur sehe ich mich heute an den Pranger gestellt, wenn ich  mich unideologisch für oder gegen  die Parteien, aber entsprechend meines mir selbst erworbenen Wertmaßstabs  engagiere.

Aber, so lerne ich, so was geht gar nicht!  Denn entweder ist man für grün oder gegen grün, für rot oder gegen rot, für schwarz oder gegen schwarz. Basta!  Entweder man       ist   g e g e n Stuttgart 21, dann muss man auch  f ü r  den neuen Bildungsplan sein, so hirnrissig dieser auch sein mag. Oder man ist  f ü r  ein Milliardengrab Stuttgart 21, dann muss man auch  g e g e n  den neuen Bildungsplan sein. Hauptsache, man passt in eine simple Schablone: entweder links oder rechts, schwarz oder weiß, gut oder böse. Zum Beispiel ist für einige Medien, also etwa für den SWR, die Welt erst dann in Ordnung, wenn es klare Lagerzuweisungen gibt, hier die guten Grünen und dort die bösen Konservativen. Dann erübrigt es sich auch, die Bevölkerung sachlich zu informieren. Dann braucht man sich die gegnerischen Argumente gar nicht erst anzuhören, geschweige sie zu bedenken. Dann geht es plakativ nur noch um Sieger und Verlierer.

Wenn wir damit aufhörten, Menschen in farbige Schubladen zu stecken, und damit begännen,  verschiedene Meinungen zu Sachfragen zu respektieren, dann käme es endlich zu Auseinandersetzungen anhand von Sachargumenten. Dann wäre auch kein Platz für Vorurteile, Verleumdungen, Unterstellungen.

Ist es nicht an der Zeit, sich Gedanken zu machen über den Zustand unserer Demokratie? Ist es nicht an der Zeit, sich vom Lagerdenken zu verabschieden und dem Bürger, seiner Lebenserfahrung und seinem Urteilsvermögen zu trauen?

Beitrag erschien auch auf: familiengerechtigkeit-rv.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Beate W.

Da kann ich nur uneingeschränkt zustimmen.

Gravatar: Karin Weber

Es geht nicht um „Links“ oder „Rechts“, „Oben“ oder „Unten“, sondern es geht darum, mit dieser jeweiligen „Keule“ den Widerstand anderer Bürger niederzuschlagen. In der Natur sind das blutige Rangkämpfe, hier mitnichten nicht weniger, denn man(n) geht im Kampf gegen Andersdenkende auch über Leichen.

Es gibt in allen Parteiprogrammen etwas, was ich persönlich richtig finde. Eine Partei, in der all diese richtigen Dinge aus meiner Sicht vereint sind, die gibt es nicht. Das hat seinen Grund: In dem man Lager schafft und polarisiert, zerteilt man die Masse und macht sie regierbar, beherrschbar, ausbeut- und manipulierbar. Dieses „Teile & Herrsche“-Prinzip wird in der BRD stärker denn je gefahren. Das dieses Land mal den Spruch einer „sozialen Marktwirtschaft“ im Gesetz verankert hatte, wer denkt heute noch daran? Viele Dinge sind in den Vordergrund getreten und haben dieses Ansinnen unserer Vorfahren verdrängt.

Aus meiner Sicht gibt es nicht „Links“ oder „Rechts“, sondern nur „Oben“ und „Unten“. Mit „Oben/Unten“ meine ich den sozialen/finanziellen Status. Die sich perspektivisch in Deutschland vollziehende Entwicklung ist bereits integraler Bestandteil des amerikanischen Alltags. Hier wird auch eine breite Masse mit niedrigem Bildungsniveau und abschottbaren Lohnforderungen geschaffen, während wiederum wenige bald ihr Vermögen ins Nicht-Fassbare steigern werden. Damit dieser Vorgang sich schleichend vollziehen kann, werden Probleme geschaffen, um die Bürger davon abzulenken.

Um dem letztlich zu begegnen, sehe ich als einzige Möglichkeit, sich von jedweder Polarisierung, Fächereinordnung, Parteien-/Gruppenbildung und Ideologien zu distanzieren und sich wieder auf menschliche Werte zu fokussieren. Diese und auch christliche Grundwerte sollten Leitlinie für das Handeln der Menschen werden. Damit wird ihnen Halt und Orientierung gegeben in einer Zeit, in der der Staat versucht, den Menschen genau dies zu nehmen .. ums sie so zur willenlosen, formbaren und ausbeutbaren Masse zu gestalten.

Gravatar: Florian Hohenwarter

Aber wenn diese Schubladen doch so praktisch sind. Man braucht doch nur einer Personengruppe einen bestimmten Stempel aufdrücken und schon wendet sich die restliche Gesellschaft teils angewidert, teils verängstigt von deren Anliegen und Argumenten ab. Und schon hat man wieder ein Problem "gelöst".

Gravatar: gerd brosowski

Sehr geehrte Helena,

das "Lagerdenken" kommt unserem Hang zur Bequemlichkeit entgegen, und deshalb ist es ein alter Wegbegleiter der Menschheit. Darf ich Ihnen dazu eine Stelle aus "Menschliches Allzumenschliches" von Friedrich Nietzsche zitieren, geschrieben vor rund 140 Jahren?

"Weil Zeit zum Denken und Ruhe im Denken fehlt, so erwägt man abweichende Ansichten nicht mehr: man begnügt sich sie zu hassen. Bei der ungeheuren Beschleunigung des Lebens wird Geist und Auge an ein halbes oder falsches Sehen und Urteilen gewöhnt, und jedermann gleicht den Reisenden, welche Land und Volk von der Eisenbahn aus kennenlernen. Selbständige und vorsichtige Haltung der Erkenntnis schätzt man beinahe als eine Art Verrücktheit ab".

Gravatar: Andreas Schneider

Eben dieses Phänomen, Frau Fischer, hat mich bereits vor vielen Jahren bewogen, dem Ansinnen der damals 3 Parteien zum Eintritt eine Absage zu erteilen, die in mir (jede für sich, selbstverständlich) aufgrund meiner Wortmeldung bei einer Bürgerversammlung als "genau den Richtigen für uns!" zu sehen glaubten. Dabei ging es mir nur um ein ins Auge springendes Missverständnis zwischen den referierenden Verwaltungsbeamten und der anwesenden Bürgerschaft.

Ist es tatsächlich so, dass man sein Verantwortungsbewusstsein, ja besser noch sein gesamtes Denkvermögen an der Tür einer Partei (welcher auch immer) abgeben muss, um dort in eine Position zu gelangen, an der man wenigstens ein klein wenig verändern kann?

Gravatar: Helena

Frau Bärbel Fischer, sie gehören zur Generation meiner Eltern.
Meine Familie sieht das Problem genauso wie sie es hier beschreiben.
"Ist es nicht an der Zeit, sich Gedanken zu machen über den Zustand unserer Demokratie?
st es nicht an der Zeit, sich vom Lagerdenken zu verabschieden und dem Bürger, seiner Lebenserfahrung und seinem Urteilsvermögen zu trauen?"
Genau das. Wir schütteln über mehrere Generationen verteilt auch nur noch den Kopf,
sind alle irritiert über dieses inszenierte Lager-und Schubladendenken, das einem aufoktroyiert werden soll. Mit Demokratie hat das wirklich nichts mehr zu tun.

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