Bayerns Stärke im Bund

Landtagswahlen haben in der Regel ein gewisses Lot an Lokalkolorit. Das gilt in verstärktem Maß für Bayern.

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Der Flächen-und Freistaat weist nicht nur eigene Folklore, Brauchtum und sprachliche Ausprägungen – manche würden sagen eigene Sprache – auf, zu seinen Traditionen gehört auch eine strukturelle Eigenheit in der Politik. Die stärkste politische Kraft des Landes, die CSU, ist bayerisches Urgewächs. Sie hat das Land nach dem Krieg geprägt wie keine andere Partei. Sie regiert es seit über sechzig Jahren und wird es auch die nächsten vier Jahre tun. Das Ergebnis kann sich im Vergleich zu den anderen Bundesländern durchaus sehen lassen, wobei der Vergleich hinkt: Das Modell Bayern ist eben wegen der Eigenheiten nicht nachahmbar.

Der bayerische Ministerpräsident hat auf der Abschlusskundgebung der CSU genau auf diesen strukturellen Unterschied hingewiesen, als er sagte, Bayern und CSU seien eine Symbiose eingegangen wie nirgendwo sonst. Es gibt in der Tat diese tiefe systemische Verwurzelung, sie hat auch manchen Filz, wie man ihn in Wurzelwerken gelegentlich findet, treiben lassen. Da könnte der CSU etwas mehr Gartenarbeit gut tun und Seehofer bemüht sich auch darum, wie sein Management der Amigo-Affäre zeigt. Sie spielte im Wahlkampf kaum noch eine Rolle und hat der Partei auch nicht geschadet. SPD-Hauptmatador Ude, dessen Partei auch ohne Verwurzelung in den Affärenfilz verstrickt ist, kam zuletzt doch recht kleinlich und spiessig daher mit seiner Kritik an der PKW-Maut. Ude hatte Mühe ein geeignetes Wort zu finden, er hielt sich, selbst auf den Wahlplakaten, mit Worthülsen auf.

Aber gerade die Eigenheit der bayerischen Wahl macht, so paradox das auf den ersten Blick scheinen mag, die Bedeutung für den Bund aus. SPD, FDP und in geringerem Maß auch die Freien Wähler sind Filialen bundesweiter Parteien und als solche auch einem bundesweiten Programm unterworfen. Es ist, als ob immer jemand von außen kontrollierend in die Stube der bayerischen Ableger hineinschaut. Da ist nichts mit „Mir san mir“. Es heißt bestenfalls „Mir san wir“, immer lugt da jemand über die Schulter, zeigt ein Programm hoch, das überwiegend nicht aus bayerischen Köpfen kommt. Das Beispiel der Maut-Debatte ist da beredt, ganz gleich, was aus dem Projekt wird. Ein anderes Beispiel ist das Betreuungsgeld. Die CSU hat es durchgesetzt gegen heftigen Widerstand aus dem Bund und im Bund. Es wäre nicht möglich gewesen, wäre die CSU in Bayern nicht so stark. Und es macht einen Teil des Erfolgs aus.

Die absolute Mehrheit im Landtag macht auch den Einfluss Bayerns im Bund aus. Bezeichnenderweise stützten sich die beiden CSU-Kanzlerkandidaten der Union, Strauß und Stoiber, auf Mehrheiten in Bayern um die sechzig Prozent. Nur eine in Bayern starke CSU kann auch im Bund stark auftreten und programmatisch wirken. Die kleine Schwester ist kein Zwilling und kein Ableger. Sie hat einen eigenen Charakter, mit dem sie deutlicher als die große Schwester die ursprünglich gemeinsamen Ziele verfolgt. Je stärker sie zuhause ist, umso selbstbewusster tritt sie im Bund auf. Das werden nach den Bundestagswahlen alle spüren, auch die CDU.

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